19. Januar 2016

"Politische Diskussion schadet nicht"

Am 21. Januar beginnt im Kanton Bern die Unterschriftensammlung für die Initiative "Für demokratische Mitsprache - Lehrpläne vors Volk". 













Markus Dähler und Rahel Gafner vom Initiativkomitee, Bild: Adrian Moser
Last-Minute-Initiative gegen den Lehrplan 21, Bund, 19.1. von Adrian Moser

Besser spät als nie – so könnte das Motto des Komitees lauten, das am Montag vor die Medien getreten ist, um seine Initiative gegen den Lehrplan 21 zu lancieren. Längst ist die Weiterbildung für die Schulen im Gang, im Sommer 2018 soll der neue Lehrplan im Kanton Bern eingeführt werden.

Die IG Starke Volksschule Kanton Bern will das im letzten Moment verhindern. «Für demokratische Mitsprache – Lehrpläne vors Volk!», lautet der Titel ihrer Initiative, für die am 21. Januar die Unterschriftensammlung beginnt.

Für die eingeladenen Journalisten war im kleinen Sitzungszimmer im Berner Rathaus am Montag Mittag nur wenig Platz; nicht nur vier Mitglieder des Initiativkomitees waren bereits da, sondern auch vier SVP-Grossräte: Patrick Freudiger, Samuel Krähenbühl, Thomas Knutti und Sabina Geissbühler.

«Essen Sie einen Apfel», drängte Markus Dähler, Lehrer und Mitglied des Initiativkomitees, die Ankommenden. Er habe eine entsprechende Zusatzausbildung und wisse deshalb, dass Schüler in einer Mathematikprobe eine um 0,2 Punkte bessere Noten erzielten, wenn sie zuvor einen Apfel gegessen hätten.

Dann fragte er Rahel Gafner, Mutter und ebenfalls Mitglied des Initiativkomitees, ob sie eigentlich Duzis seien und ob er ihr «noch eine Auflockerung geben» könne.
«Es ist sehr befremdlich, dass der Lehrplan 21 von Anfang an unter Geheimhaltung ausgearbeitet wurde», sagte Gafner, die danach den offiziellen Teil eröffnete. Die Öffentlichkeit sei etwa nie darüber informiert worden, dass «zunehmend individualisierter und selbstgesteuerter Unterricht angestrebt» werde und dass die Lehrer zu «Lernbegleitern degradiert» werden sollten.

Die Initianten befürchten, dass «insbesondere die bildungsschwächeren Kinder» im Unterricht nach Lehrplan 21 überfordert sein werden. Sie sprechen von einem Projekt «ohne Konzept» und «ohne pädagogischen Mehrwert».

Das Volk soll entscheiden
Die Initiative richtet sich nicht direkt gegen den Lehrplan 21. Sie verlangt, dass neue Lehrpläne künftig dem Grossen Rat vorgelegt werden müssen und dass gegen dessen Entscheid das Referendum ergriffen werden kann. Das soll rückwirkend auch für den Lehrplan 21 gelten. Heute liegt die Kompetenz, einen neuen Lehrplan einzuführen, beim Regierungsrat. Die Initianten sehen darin einen Mangel an Demokratie.

«In einem direktdemokratischen Land ist es selbstverständlich, dass wir Bürgerinnen und Bürger in wichtigen Fragen zur Aufgabe der Volksschule mitreden», sagte Gafner. Dass die politische Diskussion über ein so detailtiefes Dokument wie den Lehrplan der Schule schaden könnte, glauben die Initianten nicht.

«Der Grosse Rat würde vor allem über die zusätzlichen Kosten diskutieren, die der Lehrplan 21 verursacht», prophezeite Markus Dähler. Er glaube nicht, dass das Parlament über Unterrichtsinhalte diskutieren würde.

«Wir sind ein Bürgerkomitee»
Das Initiativkomitee besteht mehrheitlich aus Eltern und ehemaligen Lehrern aus dem Berner Oberland. Nicht öffentlich engagieren wollen sich bekanntere Lehrplangegner aus dem Kanton Bern wie der Bieler Lehrer Alain Pichard und der emeritierte Pädagogikprofessor Walter Herzog – sie sitzen lediglich im Unterstützungskomitee.
Der Grund für die Zurückhaltung ist die Haltung der Initianten: Rahel Gafner und andere stammen aus einem christlich-konservativen Umfeld. Gafner sieht darin kein Problem. «Wichtig ist mir, dass wir kein politisches, sondern ein Bürgerkomitee sind», sagte sie. Tatsächlich sitzen im Initiativkomitee keine Politiker.

Im Unterstützungskomitee aber sind es einige: Die SVP ist darin mit Abstand am besten vertreten, gefolgt von der EDU.


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