Der stündige Bundeshausbesuch war
streng. Der Lehrer bittet jetzt die Schülerinnen und Schüler zu sich. Es muss
ein erfahrener Lehrer sein, auch wenn er noch ziemlich jung aussieht. Denn er
teilt die Schüler gleich selber in Vierergruppen ein, das Murren überhört er
ungerührt, Umteilungswünsche erst recht.
Beliebtes Ausflugsziel für Schulklassen: Bundeshaus in Bern, Bild: Peter Schneider
Bern erkunden, Aargauer Zeitung 12.12. von Jörg Meier
Dann verteilt er Stadtpläne und erklärt
ausführlich, was zu tun sei: Die Gruppen sollen die auf den Plänen
eingezeichneten Posten in beliebiger Reihenfolge anlaufen und dem Lehrer
jeweils von jedem gefundenen Posten aus ein Gruppen-Selfie schicken.
Öffentliche Verkehrsmittel sind erlaubt, verboten sind McDonald’s und Alkohol.
Geduldig zeigt der Lehrer den Halbwüchsigen, wie sie die Karte halten müssen,
wo ihr aktueller Standort ist, sagt, dass sie ihn anrufen dürfen, wenn sie
nicht mehr weiterwissen.
Eine Mädchengruppe drängt ungestüm auf
den Start. Der Lehrer erlaubt ihnen, sich aufzumachen. Sie rennen auf und davon
– ins nächste Restaurant aufs WC. In allen Richtungen machen sich alsbald auch
die anderen Gruppen auf, bedächtig die einen, etwas zügiger die anderen.
Nur eine Gruppe bleibt zurück.
Einer hält den Stadtplan ziemlich ratlos in Händen, will ihn weitergeben,
aber keiner will ihn haben. «Was müemer mache?», fragt das Mädchen mit den
grünen Streifen im Haar. Die andern zucken die Schultern. Einer macht
sicherheitshalber ein Selfie. Dann zücken sie die Notfallnummer und rufen den
Lehrer an.
Manchmal begreife ich, warum
Lehrpersonen zwölf Wochen unterrichtsfreie Zeit brauchen.
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