Erziehungswissenschafter Peter Rieker von der Universität Zürich, Bild: 20 Minuten
Geschlecht der Lehrer ist für Buben irrelevant, 20 Minuten, 18.12. von Santina Russo
In der
Schule haben Mädchen die Nase vorn: Sie bekommen bessere Noten als Jungen und
schaffen es häufiger in eine höhere Stufe wie Sekundarschule oder Gymnasium.
Das belegen verschiedene Studien – in der Schweiz, aber auch in vielen anderen
Ländern. Dafür verantwortlich gemacht wird häufig der Mangel an männlichen
Lehrpersonen: Ein weibliches Umfeld benachteilige die Buben, so die Vermutung.
Falsch,
sagt Bildungsforscher Marcel Helbig von der
Universität Erfurt. Er hat über 40 Studien zum Thema analysiert,
darunter auch zwei mit Schweizer Schulkindern.
Das
Ergebnis: Für die Leistung der Buben spielt das Geschlecht der Lehrperson
überhaupt keine Rolle. Und dies unabhängig vom Schulfach oder vom Alter der
Kinder. «Buben sind tendenziell weniger motiviert, sich in der Schule
anzustrengen», sagt Bildungsforscher Helbig. Das habe vor allem mit dem
sozialen Status unter den Schulkameraden zu tun: «Fleissige Jungs sind uncool,
fleissige Mädchen nicht.»
Wo die
Stärken von Buben liegen und warum es dennoch männliche Lehrkräfte braucht,
sagt der Erziehungswissenschaftler Peter Rieker im Interview.
Herr
Rieker, sind männliche Lehrpersonen wichtig?
Ja, denn sie sorgen für mehr Vielfalt. Und ein grösseres Spektrum verschiedener Vorbilder und Ansprechpersonen ist für Kinder und Jugendliche immer bereichernd. Davon profitieren alle Kinder, nicht nur die Buben.
Ja, denn sie sorgen für mehr Vielfalt. Und ein grösseres Spektrum verschiedener Vorbilder und Ansprechpersonen ist für Kinder und Jugendliche immer bereichernd. Davon profitieren alle Kinder, nicht nur die Buben.
Dennoch
schneiden Buben schlechter ab. Wie kann man ihnen zu besseren Noten verhelfen?
Die Noten sind gar nicht das Problem. Es stimmt, Mädchen zeigen
tendenziell bessere Leistungen. Doch die schulischen Leistungen
allein sind für die gesamte Entwicklung von Kindern und Jugendlichen nur begrenzt aussagekräftig.
Die Noten sind gar nicht das Problem. Es stimmt, Mädchen zeigen
tendenziell bessere Leistungen. Doch die schulischen Leistungen
allein sind für die gesamte Entwicklung von Kindern und Jugendlichen nur begrenzt aussagekräftig.
Wie
meinen Sie das?
Beurteilt man nur die schulische Leistung, ergibt das ein einseitiges Bild. Ein Beispiel: Mädchen lesen in der Freizeit häufiger als Jungs. Damit erwerben sie sprachliche Fähigkeiten, die in den Noten von vielen Schulfächern sichtbar werden. Buben haben andere Stärken, sie lernen vieles über gemeinsame Aktivitäten ausserhalb der Schule und ihr Beziehungsnetz. Zum Beispiel, wenn sie in der Gruppe eigene Kurzfilme drehen. So erwerben sie Kompetenzen, die sich nicht in Noten messen lassen – ihnen aber im späteren Berufsleben nützen.
Beurteilt man nur die schulische Leistung, ergibt das ein einseitiges Bild. Ein Beispiel: Mädchen lesen in der Freizeit häufiger als Jungs. Damit erwerben sie sprachliche Fähigkeiten, die in den Noten von vielen Schulfächern sichtbar werden. Buben haben andere Stärken, sie lernen vieles über gemeinsame Aktivitäten ausserhalb der Schule und ihr Beziehungsnetz. Zum Beispiel, wenn sie in der Gruppe eigene Kurzfilme drehen. So erwerben sie Kompetenzen, die sich nicht in Noten messen lassen – ihnen aber im späteren Berufsleben nützen.
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