15. November 2015

EDK-Experten wollen neue Zeugnisse

Eine Expertengruppe der EDK präsentiert Ideen für neue Schulzeugnisse. Darin sollen die Noten neu definiert werden. Ziel ist eine Angleichung der Beurteilung in den Kantonen.













Zeugnisse sollen bereits im Kindergarten ausgestellt werden, Bild: Melanie Duchene
Zeugnis schon im Kindergarten, NZZaS, 15.11. von René Donzé


Mit Einführung des Lehrplans?21 müssen die meisten Kantone ihre Zeugnisse neu gestalten. Einige Fächer haben neue Bezeichnungen erhalten, andere wurden zusammengefasst. Doch obwohl mit dem Lehrplan die Schule weiter harmonisiert wird, hat die Konferenz der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren (D-EDK) den Kantonen bis jetzt keine Vorschläge zur Ausgestaltung der neuen Zeugnisse gemacht.

Nun aber liegt ein Papier vor, das eine Arbeitsgruppe aus Experten und Vertretern der Kantone im Auftrag der D-EDK erarbeitet hat. Die Vorschläge haben Brisanz. Unter anderem sollen bereits im Kindergarten Zeugnisse ausgestellt werden, in denen der Besuch des Unterrichts bestätigt wird. Eine Beurteilung der Leistungen der Kinder hingegen ist nicht vorgesehen. Der Schaffhauser Erziehungsdirektor und Präsident der D-EDK, Christian Amsler, unterstützt das. «Wenn jemand bereits im Kindergarten Leistungsdruck aufbauen will, dann halte ich klar dagegen», sagt er. Ergänzt werden können die Zeugnisse laut Amsler durch Beobachtungsbögen, auf denen die Fortschritte der Kinder festgehalten werden. Auch Jürg Brühlmann, Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle des Schweizer Lehrerverbandes (LCH), kann sich das vorstellen: «Nur wenn eine gute Möglichkeit gefunden wird, die Erfolge der Kompetenzerreichung altersgemäss wiederzugeben, ergibt ein Zeugnis im Kindergarten Sinn», sagt er.

Mit der Notengebung soll laut der Arbeitsgruppe erst in der zweiten oder dritten Primarschulklasse angefangen werden, wie dies heute schon in den meisten Kantonen der Fall ist. «Im Kindergarten haben Noten nichts zu suchen, und auch in den ersten Primarschuljahren bewähren sich Elterngespräche besser als Notenzeugnisse», sagt auch Christian Amsler. In den oberen Klassen seien sie aber sinnvoll.

Noten neu berechnen
Allerdings wird sich die Berechnung der Noten verändern: Sie sollen in der Vorstellung der Experten nicht mehr einfach aus einem Durchschnitt von Prüfungsnoten und allenfalls einer Mündlich-Note bestehen. Vielmehr setzen sie sich aus dem Lösen von Prüfungen, dem Erreichen von Lernzielen und dem Erreichen von Kompetenzstufen gemäss Lehrplan 21 zusammen. Den Noten sollen zudem Beurteilungsblätter zugrunde liegen, auf denen die Lehrer die Kompetenzen und Fortschritte der Schüler differenzierter festhalten können. Dadurch erhofft sich die Arbeitsgruppe «eine Angleichung unter den Kantonen», wie sie in ihrem Papier schreibt. Pädagoge Brühlmann findet das sinnvoll: «Es ist wichtig, dass eine Gesamtbetrachtung mit in die Noten einfliesst», sagt er. Allerdings bedeute das einen Zusatzaufwand, der unter heutigen Bedingungen kaum zu bewältigen sei.

Obwohl der Bericht im Auftrag der D-EDK entstand, wollen ihm die Erziehungsdirektoren keinen formellen Status geben. «Die Regelung von Zeugnissen und Notengebung bleibt auch in Zukunft Sache der Kantone», sagt Amsler. Allerdings sagt er auch: «Persönlich unterstütze ich das Anliegen, die Zeugnisse von ihrer Struktur her über die Kantonsgrenzen hinaus einander anzugleichen und so die Lesbarkeit zu verbessern.» Brühlmann vom LCH glaubt, dass der Bericht den Kantonen die Richtung vorgibt, in die sich die Zeugnisse entwickeln sollen. Auch von den kantonalen Volksschulämtern kommen Signale, dass der Bericht durchaus Grundlage für neue Zeugnisse sei.

Gewerbe ist enttäuscht
Dem Gewerbe indes gehen solche vagen Aussagen zu wenig weit. «Es ist frustrierend, dass sich die D-EDK nicht zu klaren Empfehlungen durchringen konnte», sagt Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes. Er spricht von einer «verpassten Chance», die Zeugnisfrage zu koordinieren.


Der Gewerbeverband fordert schon seit langem aussagekräftige und vergleichbare Zeugnisse, vor allem in der Sekundarschule. Dann könnten auch die Tests abgeschafft werden, welche heute in vielen Branchen für angehende Lehrlinge durchgeführt werden. Bigler sagt, er sei enttäuscht, dass sein Verband nicht in die Arbeitsgruppe der Erziehungsdirektoren einbezogen worden sei. «Wir hatten nicht einmal Kenntnis davon, dass es eine solche gibt.»

2 Kommentare:

  1. Mit LP21 keine vergleichbaren Noten mehr möglich !

    Die bisherige bewährte, effiziente Notengebung (Leistungsvergleiche) ist in dem konstruktivistischen System des Lehrplans 21 mit dem "selbstorganisierten" Lernen nicht mehr möglich, weil der Klassenunterricht abgeschafft würde. Die traditionelle, vergleichbare Notengebung basiert auf der Klassennorm, gleichem Lernstand und gemeinsamen Prüfungen im Klassenverband.

    Als Ersatz hat die D-EDK den Lernplan 21 nach dem Kompetenzsystem der Wirtschaftsorganisation OECD (Output/Profit-Orientierung) als Monster mit tausenden von Kompetenzstufen erstellen lassen, die sich nicht mehr vergleichen lassen. Die aussagekräftigen und vergleichbaren Zeugnisse, wie sie der Gewerbeverband schon seit langem fordert, wird es mit dem Lehrplan 21 nie geben.

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  2. Die NZZ berichtet heute folgendermassen:
    Ein Konzept der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren (D-EDK) regt verschiedene Änderungen bei den Schulzeugnissen an. Die nun absehbare langsame Angleichung bei den Leistungsbescheinigungen ist eines der Elemente des neuen Lehrplans 21. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, soll das Ausstellen von Zeugnissen bereits im Kindergarten beginnen. Allerdings soll es dabei erst um eine Bestätigung des Besuchs und nicht um eine Beurteilung der Kinder gehen. Denkbar wäre aber auch die frühe Aufzeichnung von Verhaltensweisen der Mädchen und Knaben. Die eigentliche Notengebung soll erst in der zweiten oder dritten Primarklasse beginnen – wie dies bereits in den meisten Kantonen der Fall ist. Die Experten sind sich einig, dass in den ersten Schuljahren die Stärken und Schwächen der Schüler in Elterngesprächen ohnehin besser erörtert werden können.

    Danach sollen die Schulnoten nicht mehr nur der Durchschnittswert der Prüfungsnoten eines Semesters sein. Neu sollen neben den Prüfungen auch das «Erreichen von Lernzielen» und «Kompetenzstufen» in die Notengebung einfliessen. Die Experten sind sich aber bewusst, dass derartige Beurteilungen in der Praxis sehr aufwendig sein dürften. Die Vorschläge haben denn auch offenbar keinen verbindlichen Status. Weiterhin soll die Gestaltung der Zeugnisse Sache der Kantone sein.

    Dieser Bildungsföderalismus stösst nicht überall auf Zustimmung. Der Schweizerische Gewerbeverband spricht bereits von einer verpassten Chance. Würden die Kantone gerade in der Sekundarschule endlich «aussagekräftige und vergleichbare» Zeugnisse ausstellen, könnten die Unternehmen auf die Durchführung jener Tests verzichten, mit denen heute Anwärter auf Lehrstellen ausgewählt werden.

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