Jungen schneiden schlechter in der Schule ab
als Mädchen. Schuld daran ist aber nicht der hohe Anteil weiblicher Lehrkräfte,
wie oft vermutet wird. Bildungsforscher Marcel Helbig vom Wissenschaftszentrum
Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigt in einer Überblicksstudie, dass das
Geschlecht der Lehrkraft keinen nachweisbaren Einfluss auf den Bildungserfolg
von Schülern hat. Der WZB-Forscher wertete 42 Studien mit Daten zu 2,4
Millionen Schülerinnen und Schülern aus 41 Ländern aus.
Die Studien zeigen, dass Lehrkräfte des jeweils gleichen Geschlechts die
schulischen Leistungen von Jungen und Mädchen nicht verbessern. Mädchen
profitieren nicht von Lehrerinnen, Jungen nicht von Lehrern: Sie erwerben durch
sie weder höhere Kompetenzen, noch erhalten sie bessere Noten. Sie werden von
ihnen auch nicht öfter für eine höhere Schulform empfohlen. „Damit fehlt
die empirische Basis für politische Programme, die durch mehr männliche Lehrer
die Bildungskrise der Jungen lösen wollen“, sagt WZB-Bildungsforscher Helbig.
Er fand in der Forschungsliteratur auch keinen Beleg dafür, dass sich
die Schulleistungen der Jungen in den letzten Jahrzehnten verschlechtert
hätten. „Mädchen bekamen schon immer bessere Schulnoten als Jungen“, schreibt
Helbig, der in diesem Zusammenhang auf eine weitere Analyse von 369 Studien
verweist. Sie zeige, dass es zwischen 1914 und 2011 keine Veränderung der
Notenunterschiede zwischen Mädchen und Jungen gegeben hat. Dieser Befund stützt
die Annahme, dass sich Mädchen seit jeher besser in der Schule zurechtgefunden
haben.
Dass Jungen schlechter in der Schule abschneiden, führt der WZB-Forscher
auf Unterschiede in der Leistungsbereitschaft zurück. Mädchen seien oft
disziplinierter und fleißiger, was sich in besseren Noten niederschlage. Das
Problem: Fleißig zu sein, gilt unter Jungs als uncool. „Sich für gute
schulische Leistungen anzustrengen und sich selbst zu disziplinieren, passt
nicht in das geschlechtstypische Konzept von Männlichkeit“, erklärt Helbig. Ob
und wie Schule an diesem Rollenverhalten etwas ändern kann, ist für den
Forscher eine offene Frage.
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