30. Oktober 2015

Basel hofft auf mehr Berufslehren

«Zusammen mit Genf hat Basel-Stadt die tiefste Quote» bei der Berufsmaturität. Sie betrug 2014 nur 7,9 Prozent, während in der ganzen Schweiz 14,8 Prozent diesen Abschluss erreichten. Damit bestätigt der Regierungsrat in seinem Bericht die Angaben von SP-Grossrätin Danielle Kaufmann, die sich in einem politischen Anzug für eine «Steigerung der Quote bei der Berufsmaturität» einsetzt. Eine Berufslehre mit Berufsmaturität ermöglicht den Zugang zu den Fachhochschulen.
Weg zur Berufsmatur aufwerten, Basler Zeitung, 30.10. von Urs Rist


Zwar erreichten 2014 im Kanton Basel-Stadt 1870 Personen Abschlüsse der beruflichen Grundbildung, davon 1602 mit Fähigkeitszeugnis, aber nur 323 schlossen mit der Berufsmaturität ab. Im gleichen Jahr wurden 640 gymnasiale Maturitätszeugnisse abgegeben. Die gymnasiale Maturitätsquote lag in Basel-Stadt im vergangenen Jahr mit 30,5 Prozent bedeutend höher als in der ganzen Schweiz mit 20,2 Prozent. Diese Quote erreichten in Basel vor sechs Jahren erst 23 Prozent. Bei den gymnasialen Maturitäten sind die Frauen in der Mehrheit, bei den Berufsmaturitäten die Männer.
«In Basel ist der Trend zum Besuch von weiterführenden Schulen seit Generationen ungebrochen», schreibt der Regierungsrat. «Eine Änderung dieser Grundhaltung braucht Zeit und viele Teilschritte.» Vor einigen Jahren lancierten Basel-Stadt und Baselland eine Kampagne für die Förderung der Berufsmaturität. Der Informationsstand bei den Jugendlichen und deren Eltern sei dennoch «verhalten». Die Berufsmaturität sei eben ein «kompliziertes Produkt» und brauche deshalb eine verständliche Kommunikation. Die Homepage www.berufsmaturbb.ch soll jetzt Jugendliche und junge Erwachsene gezielter ansprechen.
Vor allem setzt der Regierungsrat auf die Schulreform: In diesem Jahr sind erstmals Schülerinnen und Schüler nach der verlängerten Primarschule in die dreijährige Sekundarschule übergetreten. Dort gehört die berufliche Orientierung in allen drei Leistungszügen zum Grundangebot. Dabei sollen die Schüler die Vielfalt der Berufe und deren Zukunftsperspektiven kennenlernen. Jede und jeder erhält einen Berufswahlpass, der eine Übersicht über den Berufswahlprozess gibt. Weiter zeigt ein Berufswahlfahrplan die zur Verfügung stehenden Angeboten. Im zweiten Jahr absolvieren die Schüler eine Berufserkundungswoche mit Betriebsbesichtigung und Kurzberatung.

Späterer Übertritt ins Gymnasium
Die Schulreform soll nach Ansicht der Regierung auch die Übertritte in die Berufsbildung und die Quote der Berufsmaturität steigern. Einen Beitrag dazu leiste der spätere Übertritt in die Gymnasien. Dieser erfolgt erst nach der Sekundarschule und damit gleichzeitig wie der frühestmögliche Eintritt in eine Berufslehre.
Kaufmann fragte auch nach Anreizen für Lehrbetriebe, den Besuch der Berufsmittelschule als Vorbereitung auf die Berufsmaturität zuzulassen. «Derzeit bieten insbesondere Grossbetriebe die Berufsmatur an, während kleine Betriebe häufig zurückhaltend sind», schreibt der Regierungsrat. Andere Betriebe könnten aber Lehrstellen mit Berufsmaturität mangels geeigneter Kandidaten nicht besetzen. Angestrebt würden Modelle mit möglichst kompakten Schulzeiten und -wegen, um die Absenzen im Betrieb gering zu halten. Die Berufsmittelschule kann auch nach Abschluss der Lehre absolviert werden.

Weil ab jetzt alle Jugendlichen über die Angebote der Berufsbildung informiert werden, beantragt der Regierungsrat den Anzug abzuschreiben. Nach der Berufsmaturität gibt es auch den Weg über eine Passerelle zur gymnasialen Matur. In einem BaZ-Artikel zu diesem Thema sagte ein 21-jähriger gelernter Informatiker, der diesen Weg erfolgreich absolviert hat, um an der Uni Wirtschaftsinformatik zu studieren: «Ich wollte nicht den gewöhnlichen Weg über ein Gymnasium einschlagen und habe mich deshalb für eine Berufslehre entschieden.»

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