Die Präsidentin der Zürcher Kindergärtnerinnen, Brigitte Fleuti, sieht den Lohn als Hauptgrund für die fehlenden Kindergärtnerinnen, Bild: Valeriano Di Domenico
"Es kann doch nicht jede Kindergärtnerin sein", Blick, 20.9. von Roland Gamp
Basteln,
Singen und Spielen war gestern. «Der Kindergarten hat heute einen fixen
Lehrplan und soll die Buben und Mädchen professionell an die Schule
heranführen», sagt Brigitte Fleuti (52). Die Präsidentin vom Verband
Kindergarten Zürich arbeitet seit 30 Jahren im Beruf. «Noch nie waren die
Anforderungen so hoch. Ich bin Kindergartenlehrerin, Sozialarbeiterin,
Lerncoach und Familienberaterin in einem.»
Ein Job für gut
ausgebildete Fachkräfte also. Doch genau daran mangelt es. In immer mehr
Kantonen werden Kinder im Chindsgi von Studenten, Rentnern oder Ungelernten
betreut.
In Zürich stehen auf
Kindergartenstufe neu zehn Personen im Einsatz, die in einer Art Schnellbleiche
nur drei Tage geschult wurden. «Das ist sehr unglücklich für die Kinder», sagt
Brigitte Fleuti. «Sie dürften kaum richtig unterrichtet und gefördert werden.»
Auch seien die Lehrpersonen vermutlich überfordert. «Es kann doch nicht jede Kindergärtnerin
sein!»
Das Zürcher Volksschulamt
betont, dass diese Blitzlehrer nun laufend geschult werden. Dreitägige
Einführungskurse, vier Coachingtage und Begleitung am Ort reichten aus, um
einen soliden Kindergartenunterricht zu bieten, sagt Urs Meier (62),
stellvertretender Chef. Praktisch alle Personen hätten einen Bezug zur Arbeit
mit Kindern. Er betont allerdings: «Es ist eine Notmassnahme, die auf ein Jahr
befristet wurde.»
Noch weiter geht der
Aargau: Dort braucht seit 2008 keine Berufsausübungsbewilligung mehr, wer im
Chindsgi arbeiten will. «Die Schulpflege kann anstellen, wen sie will», sagt
Manfred Dubach (57), Geschäftsführer des kantonalen Lehrerverbands. «Etliche
Stellen sind mit Personen mit völlig ungenügender oder gar keiner pädagogischen
Ausbildung besetzt.»
Das Aargauer
Bildungsdepartement spricht von Ausnahmen. Bei einer Erhebung vor drei Jahren
hatten jedoch 8,4 Prozent der Lehrpersonen in Kindergärten kein stufengerechtes
Diplom.
Viele Kantone setzen auf
die Jugend, lassen angehende Lehrpersonen auf dieser Stufe schon während dem
Studium Praktika und Vikariate übernehmen. In Bern hingegen kommen Rentner zum
Einsatz. «Lehrpersonen des Kindergartens haben die Möglichkeit, nach dem 70.
Altersjahr weiterzuarbeiten», sagt Martin Werder (57), Kommunikationsleiter der
Erziehungsdirektion. «Die früher bestehende Altersgrenze wurde per 1. August
2014 gestrichen.»
Für Brigitte Fleuti vom
Zürcher Verband ist auch dies keine optimale Lösung, um Stellen zu besetzen.
«Die hohen Anforderungen auch mit 70 Jahren noch zu erfüllen, ist wohl nur in
Ausnahmefällen möglich.»
Statt Rentner oder
Unausgebildete einzustellen, müsse man das Problem an der Wurzel packen. Grund
für den Mangel sei die schlechte Bezahlung der Chindsgilehrer. «Vielerorts
verdienen sie nicht gleich viel wie Primarlehrer.» Und das, obwohl sie die
gleiche Ausbildung haben. «Deshalb ist die Stufe vom Lohn her nicht attraktiv.»
Der Kanton Bern hat
reagiert, auf dieses Jahr hin Kindergärtner auf die gleiche Lohnstufe gehoben
wie Primarlehrer. Auch im Aargau beschloss der Grosse Rat letzten Dienstag, die
Löhne anzugleichen. «In Zürich sind wir leider noch Lehrpersonen zweiter
Klasse», sagt Fleuti. «Wir haben eine Petition gestartet. Eine Lohnklage ist in
der Pipeline.»
Die Kindergärtnerinnen werden in den PHs gleich ausgebildet wie die Primarlehrerinnen. Damit wollte man die Grundstufe durch die Hintertüre einführen. Die Grundstufe wurde im Kanton Zürich vom Volk jedoch verworfen. Trotzdem fährt die PH mit der Grundstufen-Ausbildung weiter. Die Folgen: Wer diese Ausbildung absolviert hat, wird die besserbezahlte Stelle als Primarlehrer wählen. Deshalb jetzt der Kindergärtnerinnenmangel. Hat man die Ausbildung mit Matura usw. akademisch hochgeschraubt, um jetzt die Kindergärten mit nicht ausgebildeten Blitzlehrern zu besetzen zu können? Was ist mit dem Hochschulanspruch der PHs? PHs und Behörden haben ein UNGENÜGEND verdient. Bezahlen wird das Ganze einmal mehr der Steuerzahler.
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