Die gute Nachricht
zuerst: Nach den Sommerferien werden die allermeisten Schüler einen
Klassenlehrer haben. Der Verband der Schulleiter beruhigte jüngst mit den
Ergebnissen einer Umfrage. Es mangelt zwar in vielen Kantonen an Werk- und
Französischlehrern und an schulischen Heilpädagogen, aber Klassenlehrer konnten
für die allermeisten Schulen gefunden werden. Neue Zahlen des Bundes zeigen
aber, dass langfristig ein Lehrermangel droht.
Wegen Pensionierungswelle droht Lehrermangel, Schweiz am Sonntag, 5.7. von Pascal Ritter
In den nächsten 10 bis 15 Jahren
werden Zehntausende Lehrer pensioniert. Heute sind mehr als 30 000
Volksschullehrer über 50 Jahre alt. Viele von ihnen werden in den nächsten
Jahren in den Schulen fehlen. Denn längst nicht alle arbeiten bis 65. Im Kanton
Zürich gingen im letzten Jahr mehr als die Hälfte der pensionierten Lehrer
vorzeitig in den Ruhestand. «In den kommenden Jahren wird sich die Situation
verschärfen», sagt Schulleiterpräsident Bernard Gertsch. Die Lage sei zudem
dramatischer, als die Zahlen des BFS nahelegen. Denn: die Lehrpersonen, die in
den nächsten Jahren ersetzt werden müssen, sind Lehrer alter Schule:
überwiegend männlich und mit einem 100-Prozent-Pensum. Sie zu ersetzen ist
darum schwieriger, denn in den pädagogischen Hochschulen (PH) werden zurzeit
viele Frauen für den Lehrberuf ausgebildet. Sie entscheiden sich öfter für
Teilzeitstellen als ihre männlichen Kollegen. Auch unter den Männern findet ein
Kulturwandel statt: «Die Männer, welche sich nun für den Lehrberuf entscheiden,
ziehen ein 80-Prozent-Pensum einer Vollzeitstelle oftmals vor», sagt Gertsch. Dennoch
sind die Pensen der Männer tendenziell immer noch höher. DARUM HOFFT Gertsch
auch auf sie, um den Lehrermangel zu beheben. Schützenhilfe bekommt er etwa vom
Verein «Männer an die Primarschule», welcher Männer für den Unterricht mit den
Kleinsten begeistern will. Mehr noch als die bevorstehenden Pensionierungen
wird die steigende Zahl der Kindergärtler und Erstklässler den Schulen zu
schaffen machen. Dieser Meinung ist Martin Wendelspiess, Amtschef des
Volksschulamtes des Kantons Zürich, dem rund 16000 Lehrer angehö- ren. Weil
geburtenstarke Jahrgänge vor der Einschulung stehen, rechnet der Bund mit einer
Zunahme der Primarschüler um 11 Prozent bis ins Jahr 2023. Auch die
Masseneinwanderungsinitiative stellt die Schulen vor Probleme. «In den Grenzkantonen
machen die Lehrerinnen aus dem nahen Ausland einen erheblichen Teil der
Lehrkräfte aus», sagt Lehrerverbandspräsident Beat Zemp. «Um die nächsten
Pensionierten zu ersetzen, müssen wir inländische Arbeitskräfte darum mehr
fördern.» Eine Tendenz läuft dem drohenden Lehrermangel entgegen. Die
pädagogischen Hochschulen verzeichnen mehr Studierende. An der Zürcher PH stieg
die Zahl von 1240 angehenden Primarund Sekundarlehrern im Jahr 2010 auf knapp
2000 Studierende im letzten Jahr. Zudem gibt es immer mehr Quereinsteiger, also
Angehörige anderer Berufsgruppen, welche sich zum Lehrer umschulen lassen. Im
Jahr 2014 absolvierten über 650 Personen diesen Lehrgang. Mehr als abschwächen
werden sie den drohenden Lehrermangel aber nicht.
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