2. Juni 2015

Ständerat für Sexualkunde

Der Ständerat will nicht, dass Sexualerziehung alleinige Sache der Eltern ist. Er lehnt die Volksinitiative gegen den Sexualkundeunterricht deutlich ab.
Aufklärung auch in der Schule, NZZ, 2.6. von Michael Schoenenberger


Die Volksinitiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» ist im Ständerat haushoch durchgefallen. Die kleine Kammer sprach sich am Montag mit 37 zu 1 Stimme bei 3 Enthaltungen gegen die Initiative aus. Die Initianten wollen, dass die Sexualerziehung alleinige Sache der Eltern ist. Unterricht zur Prävention von Kindsmissbrauch wäre zwar ab dem Kindergarten möglich, sexualkundliche Inhalte wären allerdings verboten. Auch wäre die Dispensation vom Sexualkundeunterricht, der frühestens ab dem neunten Altersjahr möglich sein soll, möglich. Erzwungen hatte die Debatte der Schwyzer Ständerat Peter Föhn (svp.), der dann schliesslich auch als Einziger der Initiative zugestimmt hat. Föhn erinnerte an das vom Bundesamt für Gesundheit finanzierte - und mittlerweile geschlossene - Luzerner Kompetenzzentrum Sexualpädagogik, dessen Grundlagenpapier damals (ebenso wie der berüchtigte Basler Sexkoffer) das Volksbegehren erst provoziert habe. Auf dem Buckel der kleinen Kinder sei viel Geschirr zerschlagen worden. «Aus Sicht der Eltern hat man die kleinen Kinder vergewaltigt», meine Föhn. Durch die erfolgreiche Lancierung der Initiative habe sich jedoch einiges bereits zum Besseren gewendet: Schulen und Behörden seien zurückhaltender geworden.
Föhn blieb mit seinen Argumenten allein auf weiter Flur. Es wurden verfassungsrechtliche wie fachliche Einwände gemacht. Werner Luginbühl (Bern, bdp.) erblickte in der Volksinitiative das absurdeste Beispiel einer Forderung für die Bundesverfassung. Der Bund habe für die Volksschule keine Regelungskompetenz. Luginbühl sprach von einer Verfassungsverletzung, sollte die Initiative angenommen werden.
Liliane Maury Pasquier (Genf, sp.) und Christine Egerszegi (Aargau, fdp.) verteidigten den Sexualkundeunterricht an Schulen. «Die Kinder müssen wissen, was Missbrauch ist», sagte die Aargauerin. Sie verwies auf die Gefahren des Internets und auf die komplett neuen Verhältnisse an Schulen, wo täglich pornografische Bilder zwischen Smartphones hin- und hergeschickt werden.

Für den Bundesrat sagte Johann Schneider-Ammann (fdp.), in Kindergarten und Unterstufe werde kein Sexualkundeunterricht im engeren Sinne angestrebt. Es sei wichtig, dass alle Kinder, nicht nur die wohlbehüteten, informiert seien. Eine Annahme der Initiative, sagte Schneider-Ammann, würde eine wirksame Prävention verhindern und die Chancengleichheit der Kinder zunichtemachen.

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