Aufklärung auch in der Schule, NZZ, 2.6. von Michael Schoenenberger
Die Volksinitiative «Schutz vor Sexualisierung in
Kindergarten und Primarschule» ist im Ständerat haushoch durchgefallen. Die
kleine Kammer sprach sich am Montag mit 37 zu 1 Stimme bei 3 Enthaltungen gegen
die Initiative aus. Die Initianten wollen, dass die Sexualerziehung alleinige
Sache der Eltern ist. Unterricht zur Prävention von Kindsmissbrauch wäre zwar
ab dem Kindergarten möglich, sexualkundliche Inhalte wären allerdings verboten.
Auch wäre die Dispensation vom Sexualkundeunterricht, der frühestens ab dem
neunten Altersjahr möglich sein soll, möglich. Erzwungen hatte die Debatte der
Schwyzer Ständerat Peter Föhn (svp.), der dann schliesslich auch als Einziger
der Initiative zugestimmt hat. Föhn erinnerte an das vom Bundesamt für
Gesundheit finanzierte - und mittlerweile geschlossene - Luzerner
Kompetenzzentrum Sexualpädagogik, dessen Grundlagenpapier damals (ebenso wie
der berüchtigte Basler Sexkoffer) das Volksbegehren erst provoziert habe. Auf
dem Buckel der kleinen Kinder sei viel Geschirr zerschlagen worden. «Aus Sicht
der Eltern hat man die kleinen Kinder vergewaltigt», meine Föhn. Durch die
erfolgreiche Lancierung der Initiative habe sich jedoch einiges bereits zum
Besseren gewendet: Schulen und Behörden seien zurückhaltender geworden.
Föhn blieb mit seinen Argumenten allein auf weiter
Flur. Es wurden verfassungsrechtliche wie fachliche Einwände gemacht. Werner
Luginbühl (Bern, bdp.) erblickte in der Volksinitiative das absurdeste Beispiel
einer Forderung für die Bundesverfassung. Der Bund habe für die Volksschule
keine Regelungskompetenz. Luginbühl sprach von einer Verfassungsverletzung,
sollte die Initiative angenommen werden.
Liliane Maury Pasquier (Genf, sp.) und Christine
Egerszegi (Aargau, fdp.) verteidigten den Sexualkundeunterricht an Schulen.
«Die Kinder müssen wissen, was Missbrauch ist», sagte die Aargauerin. Sie
verwies auf die Gefahren des Internets und auf die komplett neuen Verhältnisse
an Schulen, wo täglich pornografische Bilder zwischen Smartphones hin- und
hergeschickt werden.
Für den Bundesrat sagte Johann Schneider-Ammann
(fdp.), in Kindergarten und Unterstufe werde kein Sexualkundeunterricht im
engeren Sinne angestrebt. Es sei wichtig, dass alle Kinder, nicht nur die
wohlbehüteten, informiert seien. Eine Annahme der Initiative, sagte
Schneider-Ammann, würde eine wirksame Prävention verhindern und die
Chancengleichheit der Kinder zunichtemachen.
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