Zurzeit werden die
Fremdsprachenlehrpersonen, die künftig Englisch und Französisch unterrichten,
zu einer fragwürdigen Weiterbildung verpflichtet. Während 24 Halbtagen sollen
sie in das Konzept der beiden neuen Lehrmittel "Mille feuilles" und
"New World" eingeführt werden. Im August und September starten
diverse Weiterbildungskurse. Die Kritik der Lehrpersonen sind teilweise heftig,
wie das folgende exemplarische Schreiben einer Sekundarlehrerin zeigt, die seit
Jahren erfolgreich und gemäss Aussagen von Schüler/-innen, Eltern und
Schulleitungsmitgliedern äusserst kompetent und erfolgreich Französisch
unterrichtet: "'Didaktik der Mehrsprachigkeit'; damit ist die hochgelobte
Bildungsharmonisierung in Baselland um eine Farce reicher geworden.
Fremdsprachenlehrpersonen auf der Sekundarstufe I mit Universitätsabschluss
werden im Giesskannenprinzip in eine knapp 100-stündige Weiterbildung gezwungen,
obwohl sie seit Jahren erfolgreich hochqualitative Arbeit im Schulzimmer oder
als Praxislehrpersonen für Studierende leisten. Warum? Weil neue ideologisch
geprägte Lehrmittel anstehen? Sie wären problemlos imstande, sich im
Selbststudium in die vom Bildungsrat neu als allein selig machenden Lehrmittel "Mille
feuilles" ("Clin d'oeil") und "New World"
einzuarbeiten. Wozu also 24 Halbtage Weiterbildung? Diese neuen behördlich
infiltrierten Lehrmittel folgen komplett der "Kompetenz-Ideologie":
Wörter lernen, Grammatik, Systematik und Struktur werden plötzlich verteufelt,
zwangloses Lernen im "Sprachbad" soll die Devise sein. Und das mit 3
x 45 Minuten pro Woche. Vielmehr geht es darum, flächendeckend dafür zu sorgen,
dass sich fundierte Fremdsprachenlehrpersonen der von oben verordneten neuen
Unterrichts-Ideologie zu beugen haben. (...) Und so werden trotz Finanzkrise
Millionen für ein unausweichliches Bildungsfiasko verlocht, indem den
Lehrpersonen (...) Bildungsfantasien eingeimpft werden sollen. Anstatt dass man
die Lehrpersonen ihre Arbeit machen lässt, droht aber all denen, die dieses
ideologische Umerziehungsprogramm ablehnen, ein Entzug ihrer
Fremdsprachenklassen."
Unter den Fachexperten ist die Kritik besonders
heftig: Von den methodisch gefärbten Lehrmitteln "Mille feuilles" und
"New World", welche den Gedanken von Harmos überstrapazieren,
versprechen sich die Verfechter der "Mehrsprachigkeitsdidaktik" den
Schlüssel zu einer vermeintlich neuen und erfolgsgarantierten Lehr- und
Lernmethode, basierend auf folgenden Eckwerten: Keine Berücksichtigung der
Rechtschreibung, kein systematischer Aufbau eines gebräuchlichen und
altersgerechten Wortschatzes, kein Erlernen der Grammatik als Basisstruktur der
Sprache. Immer mehr Eltern und Fremdsprachenlehrpersonen beginnen sich
dahingehend öffentlich zu äussern, dass viele Primarschüler/-innen ohne
zeitintensive Unterstützung der Eltern in diesem kompetenzorientierten System
überfordert und frustriert sind. Auf der Strecke bleibt auch die
Chancengleichheit. Kürzlich teilte eine Primarlehrerin ihren Schützlingen kurz
und bündig mit: "Das "Mille feuilles" finde ich auch nicht
gut", sie verwende es aber, weil sie müsse. AVS und Bildungsdirektion
blenden diese Kritik offensichtlich aus. Munter sollen weiterhin alle
Fremdsprachenlehrpersonen didaktisch umgepolt werden: Die nächsten - notabene
Ressourcen intensiven und teuren - "Weiterbildungskurse" stehen nach
den Sommerferien an. 1 lvb inform 2014/15-02, S. 26-33:
http://www.lvb.ch/docs/magazin/2014_2015/02-Dezember/26_New_World_ist_kein_Ei_des_Kolumbus_LVB_1415-02.pdf
Dabei gäbe es alternativ zahlreiche exzellente Lehrmittel aus dem
englischsprachigen Raum, die unter Fremdsprachen-Lehrpersonen wegen ihrer
klaren Strukturen sehr geschätzt werden. Die Lehrmittelkommission foutierte
sich um Lehrmittel, die in den skandinavischen Ländern Usus sind, da sie eben
nicht dogmatisch durchgeformt und blindlings einer Kompetenzorientierung
folgen. Fachexperte Philipp Loretz, der an der Chichester School of English das
Cambridge Certificate of Proficiency erlangte und wie wohl kein anderer die
Fremdsprachenlehrmittel für das Fach Englisch beurteilen kann, bringt es auf
den Punkt: "Einschlägige Lehrmittel aus dem Hause Oxford und Cambridge,
welche sich seit Jahrzehnten auf dem internationalen Markt hervorragend
behaupten, wurden gar nicht erst in Betracht gezogen - dies mit der lapidaren
Begründung, dass sich diese Bücher an keinem Lehrplan, sondern an Zertifikaten
orientierten und somit für unseren Kanton nicht in Frage kämen."
Wir bitten den Regierungsrat, die Stornierung der oben
erwähnten aufwändigen und teuren Weiterbildungskurse im Zusammenhang mit den in
breiten Fachkreisen kritisierten Fremdsprachenlehrmitteln "Mille
feuilles" und "New Word" zu prüfen.
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