Anita Borer (SVP) und Andri Silberschmidt (JFZH) präsentieren die Initiative, Bild: Mirjam Fuchs
Streit um Lehrplan 21 erreicht Zürich, Tages Anzeiger, 28.5. von Mirjam Fuchs
Die Kritik am Lehrplan 21 wächst. Nun erreicht der Streit
Zürich. Die am Donnerstag lancierte kantonale Volksinitiative «Lehrplan vors
Volk» fordert mehr Mitspracherechte bei der Umsetzung des umstrittenen
Lehrplans. Der Zürcher Kantonsrat und das Stimmvolk sollen mitentscheiden
können, wie Schulkinder zukünftig unterrichtet werden.
Bislang sorgt in Zürich der
Bildungsrat für die Umsetzung des Lehrplans 21 im Kanton. Vorgelegt wird ihm
das 470-seitige Werk von der Deutschschweizer Konferenz der kantonalen
Erziehungsdirektoren (D-EDK) mit Sitz in Bern. Der Inhalt des Lehrplans 21 soll
in Zürich so weit wie möglich übernommen werden, geplant ist eine gestaffelte
Einführung ab Schuljahr 2017/18.
Auch Jungfreisinnige kritisieren
Lehrplan 21
Dagegen wendet sich Anita Borer. Die
SVP-Kantonsrätin ist Vertreterin des Initiativkomitees «Lehrplan vors Volk».
Der Kantonsrat hat einen Vorstoss von Borer und EVP- und EDU-Kantonsräten mit
denselben Forderungen Ende September klar abgelehnt. Danach hätten sich viele
Lehrpersonen, Eltern, Kinderärzte und Unternehmer bei ihr gemeldet und sich
kritisch gegenüber dem neuen Lehrplan geäussert, erklärte Borer vor den Medien.
«Sie bemängelten insbesondere, dass die Neuerungen, die der Lehrplan 21 mit
sich bringt, im stillen Kämmerlein beschlossen wurden.»
Eher unerwartet findet sich im Kreis
der Lehrplangegner Andri Silberschmidt, Präsident der Jungfreisinnigen Zürich
(JFZH). Er will mit der Initiative die «kantonale Bildungshoheit» schützen und
kritisiert die «Übereifrigkeit» der EDK. Weder der Bildungsartikel noch das
Schulharmonisierungskonkordat Harmos schrieben denselben Lehrplan für alle
Kantone vor, so Silberschmidt. «Wir stimmen heute über Klassengrössen und
Mundart ab. Wieso sollen sich Kantonsrat und Bevölkerung nicht zum Lehrplan
äussern dürfen?», fragt Silberschmidt rhetorisch. Die Jungfreisinnigen stellen
sich hinter die Initiative. Nun verspricht er sich auch von der Mutterpartei
Unterstützung.
Keine Unterstützung durch
Lehrerverbände
Im
Initiativkomitee engagieren sich neben Politikern aus SVP,EDU
und EVP auch der Kinderarzt Hannes Geiges und Lehrpersonen wie Maja Bäni,
Sekundarlehrerin und Mutter. Sie kritisiert, dass der Lehrplan 21 auf
selbstorganisiertes Lernen ausgerichtet sei. So würden die Beziehung zwischen
Lehrer und Schüler geschwächt und der Lernerfolg gefährdet, meint Bäni.
Bei den Lehrerverbänden findet die
Initiative jedoch keine Unterstützung. Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher
Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, sagt: «Ich bedauere, dass die
Grundsatzdiskussion nicht viel früher stattgefunden hat.»
Die Idee der Initiative, das fast
500-seitige Werk im Kantonsrat zu diskutieren, hält sie nicht für zielführend.
«Der Bildungsrat ist dafür das geeignete Fachgremium», sagt Lätzsch. Auch
Kaspar Vogel, Präsident der Zürcher Sekundarlehrkräfte, stellt sich hinter den
Lehrplan 21. «Wir werden die Initiative nicht unterstützen.»
Schweizweite Kritik
Mit ihrer Kritik am Lehrplan 21 sind
die Initianten nicht allein. In der Hälfte aller Deutschschweizer Kantone
wollen Gegner die Einführung verhindern. Mitte Mai lancierte im Kanton Thurgau
ein überparteiliches Komitee die Initiative «Ja zu einer guten Thurgauer
Volksschule – ohne Lehrplan 21».
In Aargau und Schwyz sind ebenfalls
entsprechende Volksinitiativen zustande gekommen, in Solothurn werden
Unterschriften gesammelt. In Schaffhausen und Luzern versuchen Kantonsparlamentarier
mit Vorstössen zu erreichen, dass die Kantonsparlamente über die Einführung
entscheiden können.
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