29. Mai 2015

Kölliker verteidigt Lehrplan 21

Er habe selten ein Geschäft erlebt, bei welchem so viel Unsinn verbreitet worden sei. Dies sagt der St. Galler Regierungsrat Stefan Kölliker und fügt gleich an: Der Lehrplan 21 komme im Kanton St. Gallen nicht vors Parlament und nicht vors Volk.





Kölliker: Es sei eine riesige Aufgabe gewesen, sich auf die Inhalte des Lehrplans zu einigen.

Regierungsrat begegnet Kritik am Lehrplan 21, Zürcher Oberländer, 29.5. von Ueli Abt


Der Lehrplan 21 kommt im Kanton St. Gallen nicht vors Parlament und nicht vors Volk, stellte Bildungsdirektor Stefan Kölliker (SVP) an der Informationsveranstaltung vom Donnerstagabend klar. Vergangene Woche hat der Erziehungsrat den Lehrplan 21 erlassen. Die Regierung wird ihn laut Kölliker am 9. Juni genehmigen. Danach wird er schrittweise bis zum Schuljahr 2017/2018 eingeführt.
«Eigentlich müsste ich nicht durchs Land ziehen und informieren», sagte Kölliker zu Beginn seines Referats an der Hochschule für Technik in Rapperswil. Es sei ihm aber ein Bedürfnis, die Stimmung zu verbessern und die gezielt gestreute Falschinformation der Gegnerschaft zu korrigieren. «Ich habe selten ein Geschäft erlebt, bei welchem so viel Unsinn von verschiedensten Gruppierungen mit teils suspektem Hintergrund verbreitet worden ist», sagte Kölliker.
Lehrplan auf den Tisch gelegt
So handle es sich beim neuen Lehrplan nicht etwa um ein «Monstrum»: Um das zu belegen, legte Kölliker den Stapel Papier neben den derzeitigen – sogar noch etwas seitenreicheren – Lehrplan auf den Tisch. Das Werk sei auch nicht in einer Hauruck­übung entstanden, sondern in einem langen Prozess sorgfältig erarbeitet worden. Weiter sei die kantonale Hoheit trotz Harmonisierung gewährleistet. «Wenn es Dinge gibt, die uns nicht passen, können wir dies ändern», sagte Kölliker.
Noch nicht abschliessend geklärt sei im Erziehungsrat und im Austausch mit dem Schulgemeindeverband die Frage, wie Schulkinder künftig beurteilt werden sollen. Immerhin ist laut Kölliker schon jetzt klar: Die Lehrer werden dabei mehr Verantwortung erhalten. Die Notengebung werde allerdings nicht abgeschafft.
Thomas Rüegg, Schulpräsident von Rapperswil-Jona, doppelte aus seiner Warte nach. Der derzeitige Lehrplan 97 sei Mitte der 90er-Jahre geschaffen worden. Somit sei klar, dass es etwas Neues, Zeitgemässes brauche. Um den Sinn der Orientierung des Lehrplans auf Kompetenzen zu veranschaulichen, griff Rüegg auf ein Bild zurück: Statt dass man von den Kindern bloss erwarte, ein Menü aufzählen zu können, erwarte man heute, dass sie es effektiv kochen könnten.
Gegner melden sich
In der anschliessenden Publikumsrunde meldeten sich zwei Mitglieder des Vereins «Starke Volksschule» zu Wort. Dieser will im Kanton den Lehrplan 21 bekämpfen. Mit dem Lehrplan werde man nicht erreichen können, was man sich vornehme, so lautete die Kritik des ersten Votanten. Seine Nachrednerin knüpfte an Rüeggs Kochmetapher an: Gerade die Hauswirtschaft und das praktische Kochen bleibe zugunsten einer theoretischen Auseinandersetzung, etwa zum Konsumverhalten, auf der Strecke. Kölliker wies dar­auf hin, dass es eine riesige Aufgabe gewesen sei, sich auf die Inhalte der Lehrplans zu einigen.
Weiter stellte eine ganze Reihe von Eltern mit Kindern im schulpflichtigen Alter Fragen. Die Befürchtung, dass künftig nur noch selbstständig gelernt werde und der Lehrer zum Coach werde, entkräftete Rüegg: Die Wahl der Methoden sei immer noch Sache der Lehrperson und habe nichts mit dem Lehrplan zu tun. Ein klares Plädoyer für die Schule von heute hielt ein Vater: Zu seiner Zeit habe man in der Kochschule viel geschnetzelt und Herdplatten geschrubbt, was sich heute dank modernen Küchengeräten praktisch erübrige. Heute erlangten die Schulkinder eine ganz andere Reife: Er sei auf seinen 8-jährigen Sohn stolz, wenn er ihm beim Einkaufen die Bohnen aus Ägypten aus ökologischen Gründen aus­rede.


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