Nachdem 2011 im Kanton Luzern die als
«Schnürlischrift» bekannte Schweizer Schulschrift abgeschafft wurde, gehört sie
nun auch im Kanton Zug bald der Vergangenheit an. Ab dem kommenden Schuljahr
werden Erstklässler mit der Basisschrift eine neue Schulschrift erlernen, die
gemäss der Zuger Direktion für Bildung und Kultur verschiedene Vorteile mit
sich bringt: Die neue Schrift soll den Schreibablauf «entkrampfen» und führe zu
einem messbar höheren Schreibtempo.
Schneller, schöner, besser: Das verspricht man sich von der Basisschrift, Bild: Fotolia
Kein Krampf mehr für Zuger Schüler, Zentral +, 8.4.
Die Buchstaben der neuen Basisschrift werden
zunächst unverbunden gelernt (siehe Schriftmuster unten) und später teilweise
verbunden. «Es ist somit auch eine Art von ‹Schnürlischrift›», erklärt
Martina Krieg, Leiterin der Schulentwicklung. Der grosse Unterschied zur
bisherigen Schulschrift sei jedoch, dass die Verbindungen zwischen den
Buchstaben nicht mehr vorgegeben sind, sondern von jedem Kind aus dem
individuellen Schreibfluss heraus entwickelt werden. Die Schüler sollen
somit früher als bisher eine zügige und persönliche Handschrift entwickelt.
«Die neue Schrift wird sowohl die Schüler als auch
die Lehrer entlasten», sagt Krieg. Die bisherige «Schnürlischrift» sei streng
genormt gewesen, was dazu geführt habe, dass viele Kinder beim Schreibenlernen
gelitten hätten. «Lehrer müssen die Schüler nicht mehr dazu zwingen, gemäss
einer perfekten Schreibvorlage zu schreiben. Sondern sie können die Entwicklung
ihrer persönlichen Schreibweise fördern.» Dennoch sei die Leserlichkeit der
Schrift nach wie vor ein sehr wichtiges Kriterium.
Der Kanton Zug habe mit der Einführung der
Basisschrift warten wollen, bis sie sich im Kanton Luzern bewährt habe, sagt
Krieg weiter. Dort wurde die neue Schulschrift vorgängig getestet und 2011
obligatorisch eingeführt. Die Erfahrungen seien durchwegs positiv gewesen: Bei
Vergleichen schnitten Kinder, welche die Basisschrift gelernt hatten, besser
ab, als gleichaltrige Kinder mit der herkömmlichen Schweizer Schulschrift
− dies sowohl mit Blick auf die Leserlichkeit als auch auf das
Schreibtempo. «In der Schulpraxis wird die neue Schrift deshalb sehr begrüsst»,
so Krieg. «Sie ist einfach schneller, besser und schöner.»
Doch warum hat man trotz der Vorteile der
Basisschrift so lange auf die alte «Schnürlischrift» bestanden? «Das sind eben
Traditionen», lacht Krieg. «Von diesen löst man sich manchmal nur schwer.» Die
Schweizer Schulschrift wurde 1947 eingeführt und immer häufiger kritisiert,
weil sie die Anforderung an eine schnelle und doch leserliche Handschrift nicht
erfülle. Vor allem die überdimensionierten Grossbuchstaben hätten zu stark
geschwungene Formen.
Es sei dabei oft nicht möglich, alle Buchstaben
eines Wortes zu schreiben ohne abzusetzen. Eine gewisse Umständlichkeit in
Form und Ablauf war die Folge. «Die Kinder sollen darüber nachdenken, was sie
Schreiben − und nicht wie sie schreiben», betont Krieg. So hätten sie den
Kopf für wichtigere Dinge frei.
Mit dem Lehrplan 21 werden zudem auch
Tastatur-Lernprogramme in der Primarschule Einzug halten. Trotzdem bleibt die
Handschrift wichtig. Einerseits aus alltagspraktischen Gründen und andererseits
zeigen neurowissenschaftliche Studien, dass Kinder und Jugendliche Lerninhalte
besser begreifen, wenn sie sich dazu handschriftliche Notizen machen.
Die Basisschrift wird im Kanton Zug ab dem
Schuljahr 2015/16 mit dem Start in den ersten Klassen der Primarschule
eingeführt. Schulkinder, welche noch die herkömmliche Schweizer Schulschrift
gelernt haben, bleiben dabei und werden nicht umgeschult. Lehrerinnen und
Lehrer können sich die notwendigen Kenntnisse über die Basisschrift in Kursen
oder im Selbststudium aneignen.
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