22. März 2015

Weil sie es mir wert sind

René Donzé bekennt, dass er seinen Söhnen Privatkurse zur Gymi-Vorbereitung bezahlte und warum er es wieder tun würde.
Weil sie es mir wert sind ... NZZaS, 22.3. von René Donzé


Ich gestehe: Ich habe meine Kinder in einen privaten Gymi-Vorbereitungskurs geschickt. Nicht, dass ich sie gezwungen hätte, nein: Die beiden Buben wollten tatsächlich von sich aus nach der sechsten Klasse schon ans Gymnasium in die Stadt gehen. Ob aus Bildungseifer oder schlichtem Freiheitsdrang, sei dahingestellt. Immerhin wussten sie um die erweiterten beruflichen Perspektiven mit einem gut gefüllten Bildungsrucksack. So opferten sie also ein paar freie Nachmittage. Und ich blätterte das Geld auf den Tisch: Sie taten es gern. Ich auch. Und ich würde es wieder tun. Denn dafür gibt es fast nur gute Gründe.

Versagen der Schule
Es kann ja vorkommen, dass die Schule es einfach nicht schafft, Schüler richtig vorzubereiten. Einer meiner Söhne hatte in den letzten Primarschuljahren eine ganze Reihe von Hauptlehrerwechseln. In der Folge war die Klasse kaum mehr führbar, hinkte dem Stoffplan hoffnungslos hinterher. Das teilte die letzte Lehrerin im Umzug den konsternierten Eltern mit. Da blieb dann nur noch die Hilfe zur Selbsthilfe. Es gibt auch Fälle, da haben die Lehrerinnen Probleme, den besonderen Bedürfnissen einzelner Kinder gerecht zu werden - zum Beispiel, weil diese unterfordert sind oder hyperaktiv. Auch das kenne ich. Ein bisschen private Förderung kann da Lücken schliessen und Wunder wirken. Zynisch wäre, nichts zu tun.

Mangelnde Nerven
Natürlich könnten auch die Eltern zu Hause nachbessern, was Schule oder Schüler verpatzt haben. Doch dazu fehlt vielen die Zeit, weil sie Doppelverdiener sind - oder Alleinerzieher wie ich. Und längst nicht alle haben dafür das nötige Nervenkostüm. Die schulische Weichenstellung fällt in die ohnehin schwierige Phase der Vorpubertät. Da kann wohlmeinende elterliche Nachhilfe leicht dazu führen, dass Geduldsfäden reissen und Schulhefte durch das Wohnzimmer fliegen, etwa weil der Filius partout nicht kapiert, wie ein Dreisatz sauber dargestellt wird. Am Ende vermasselt das Kind die Prüfung nicht aus Unvermögen, sondern aus Trotz. Das wäre schade. Eine Aufgabenteilung zwischen Nachhilfelehrer und Erzieher kann da wohltuend entspannend wirken.

Prioritäten setzen
Bloss ist dies ziemlich teuer. Ein Gymi-Vorbereitungskurs kann schnell einmal 1500 Franken kosten. Dies ist in den Augen des Kindes sehr viel Geld - und auch für Eltern kein Pappenstiel. Doch lässt sich dieser Betrag in fast jedem Familienbudget lockermachen, etwa indem man einmal auf Bade- oder Skiferien verzichtet. Damit leben der Vater und die Mutter vor, was es heisst, Prioritäten zu setzen. Dasselbe gilt übrigens auch für andere Formen der Förderung wie Musikunterricht oder Sportkurse. Sie zeigen dem Nachwuchs, dass man ihn auf dem Weg zu seinem Ziel bestmöglich unterstützen möchte. Meine Söhne haben das auch als Wertschätzung wahrgenommen.

Trainieren, trainieren
Intellektuelle Fähigkeiten wollen ebenso trainiert werden wie musische oder sportliche. In den Kursen lernten die Buben, gezielt auf eine grosse Prüfung hinzuarbeiten. Sie haben den Primarschulstoff gefestigt und ihre Aufsatztechnik verbessert. Das wäre ihnen bei Nichtbestehen der Prüfung auch in der Sekundarschule zugute gekommen. Und ganz nebenbei erwarben sie sich etwas mehr Selbständigkeit. Den Schulerfolg konnte ich ihnen damit zwar nicht kaufen, den mussten sie die folgenden sechs Jahre selber erarbeiten. Aber ich habe etwas Starthilfe geleistet.

Langfristige Investition

Diese Anschubfinanzierung hat sich mehrfach ausbezahlt: Beide Söhne haben das Gymnasium abgeschlossen und sind am Studieren. Vielleicht hätte es auch ohne private Bildungsfinanzierung geklappt, sehr wahrscheinlich sogar. Doch so bleibt das gute Gefühl, in etwas investiert zu haben, das Früchte trägt. Eine erfolgreiche Schulkarriere der Kinder macht zweifellos mehr Freude als ein paar weitere Ferienfotos.

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