Sebastian Frehner: "Mit unserer Initiative setzen wir Leitplanken", Bild: Peter Schneider
"Aufklärung ist Sache der Eltern", St. Galler Tagblatt, 3.3. von Dominic Wirth
Herr Frehner, Sie wollen mittels Volksinitiative Kinder vor einer
angeblichen Sexualisierung im Kindergarten und der Primarschule schützen. Ist
das überhaupt notwendig?
Sebastian Frehner:
Natürlich, sonst hätten wir das ja nicht lanciert. Wir bekämpfen keine
Phantome.
Gerade das wird Ihnen von den
Gegnern der Initiative, unter anderem auch vom Bundesrat, vorgeworfen: Dass Sie
ein Phantom bekämpfen.
Frehner: Das Bundesamt für
Gesundheit (BAG) wollte 2011 einen flächendeckenden obligatorischen
Sexualunterricht ab dem Kindergarten einführen. Ein Leitfaden dafür war bereits
in Auftrag gegeben. In Basel-Stadt waren wir wohl so etwas wie das
Versuchskaninchen mit den sogenannten Sexkoffern. Damit sollten Kindergärtler
aufgeklärt werden. Es gab darin Sachen und Vorschläge, die einfach nicht
stufengerecht waren. Wir haben gefunden: Nein, so wollen wir das nicht. Deshalb
haben wir die Initiative lanciert.
Sexualerziehung soll laut
Initiativtext Sache der Eltern sein. Das ist schon heute die Praxis, und auch
mit dem Lehrplan 21 wird sich daran nichts ändern.
Frehner: Im Lehrplan 21
hat man zurückbuchstabiert, das stimmt. Doch die Pläne des BAG liegen noch
nicht lange zurück, und sie waren mit den heutigen Rechtsgrundlagen möglich.
Mit unserer Initiative setzen wir Leitplanken, auch für die Zukunft. Sonst kann
das BAG jederzeit wieder kommen und einen entsprechenden Auftrag erteilen.
Ihr Initiativtext lässt viele
Fragen offen. Die Begriffe sind nicht einheitlich, die Altersgrenzen nicht
klar, die Umsetzung dürfte organisatorisch in den Schulen sehr schwierig
werden. Man wird den Eindruck nicht los, dass diese Initiative als Drohgebärde
für die Ausarbeitung des Lehrplan 21 gedacht war, die ihren Zweck schon erfüllt
hat.
Frehner: Nein, das ist
nicht so. Die vorgesehenen Leitplanken sind auch weiterhin wichtig, damit die
Behörden wissen, woran sie sich zu halten haben.
Eine dieser Leitplanken hätte
laut dem Bund zur Folge, dass gewisse Präventionsmassnahmen verunmöglicht
würden. Etwa der Beizug externer Experten bei Themen wie Jugendschwangerschaft
oder Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Sie nehmen in Kauf,
wirkungsvolle Prävention zu verhindern. Ist das in Ihrem Interesse?
Frehner: Natürlich nicht,
das ist Blödsinn. Die Initiative sagt ausdrücklich, dass Präventionsunterricht
ab dem Kindergarten möglich sein soll. Aber bitte stufengerecht. Vierjährige
müssen nicht schon den Unterschied zwischen hetero- und homosexuell kennen.
Was stört Sie denn ganz
grundsätzlich daran, dass der Staat Aufklärungsarbeit macht?
Frehner: Mein Grundsatz
lautet: Das müssen die Eltern übernehmen. Ich bin ein liberaler Mensch und
finde, dass das nicht die Sache des Staats ist. Er soll generell so wenig
machen, wie es nötig ist. Das gilt auch für die Erziehung der Kinder. Ich wurde
von den Eltern aufgeklärt, später sprach man in der Schule darüber. So soll das
weiterhin sein.
Sie sind 41 Jahre alt, einiges
hat sich verändert seit ihrer Kindheit. Etwa der Zugang zu sexuellen Inhalten.
Muss die Schule nicht helfen, damit umzugehen?
Frehner: Das ist alles
richtig, die Welt hat sich verändert, doch ich bleibe dabei: Das ist eine
Aufgabe der Eltern.
Was passiert in den Familien,
in denen die Eltern keine Zeit haben – oder die schlicht nicht gegen den
Wissensvorsprung ihrer Kinder ankommen?
Frehner: Es ist eine
Tendenz in unserer Gesellschaft, dass man sich immer an jenen orientiert, bei
denen es nicht klappt. Betroffen sind aber immer auch die Mehrheiten, bei denen
alles funktioniert. Zudem sieht die Initiative ja Sexualkunde ab dem neunten
Schuljahr vor, einfach auf freiwilliger Basis.
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