1. März 2015

Eltern wehren sich gegen umstrittenes Schulmodell

Über 1000 Personen unterschreiben im vergangenen Jahr eine Petition gegen das altersdurchmischte Lernen an der Schule Zumikon. Die Schulpflege versprach Verbesserungen, hielt aber am Modell fest. Nun formiert sich erneut Widerstand.
Zumikon wehrt sich gegen altersdurchmischtes Lernen, NZZ, 28.2. von Christina Neuhaus


Fast jedes zweite Kind aus Zumikon hat mit 19 Jahren die Matura absolviert. Mit einer Gymnasialquote von 41,2 Prozent nimmt Zumikon in der jüngsten Statistik der Zürcher Bildungsdirektion den zweiten Platz ein. Noch höher ist der Anteil an Gymnasiasten nur noch in der Nachbargemeinde Zollikon, wo 44 Prozent aller Schüler das Gymnasium besuchen. Im Vergleich mit anderen Schulgemeinden fällt Zumikon aber nicht nur wegen dieses Spitzenwerts auf. Auffällig häufig ist die Schule auch Mittelpunkt von Auseinandersetzungen: Bereits 2007 hatten erboste Eltern den Rücktritt der gesamten Schulpflege gefordert, im vergangenen Sommer sorgte dann das altersdurchmischte Lernen für Widerstand (NZZ 8. 7. 14). Ein Elternkomitee, das die Rückkehr zum Jahrgangsunterricht forderte, sammelte im Nu über 1000 Unterschriften.

Lernen mit Gehörschutz

Folgen hatte die Aktion allerdings kaum. Die Schulleiterin, die das altersdurchmischte Lernen propagiert hatte, verlässt zwar die Schule, die Schulpflege hält aber am kritisierten Modell fest. Die Kritik der Eltern sei zwar zum Teil berechtigt, befand die Behörde. Die Probleme seien allerdings weniger auf das gewählte Schulmodell zurückzuführen als auf organisatorische und kommunikative Schwächen. Für altersdurchmischte Klassen sprechen aus Sicht der Schulpflege die Erkenntnisse einer Studie, die ihnen vor allem im sozialen Bereich Vorteile bescheinigt: Die Team- und Sozialkompetenz werde gefördert, die Kinder seien selbständiger, und es herrsche weniger Leistungsdruck. Für den schulischen Erfolg der Kinder sei das Modell dagegen weder förderlicher noch schädlicher als der herkömmliche Unterricht in Jahrgangsklassen.
Vonseiten der Eltern wurde dagegen moniert, dass der hochkomplexe Systemwechsel zu einer höheren Belastung der Lehrer und Schüler geführt habe und das Klima an der ganzen Schule belaste. Einer der Hauptkritikpunkte ist der markant höhere Lärmpegel an Schulen, wo altersdurchmischtes Lernen praktiziert wird: Ein Leserbriefschreiber aus Zumikon befand jüngst, die Kinder könnten sich nicht einmal mit den zur Verfügung gestellten Gehörschutzgeräten richtig konzentrieren, so gross sei das Tohuwabohu in den Schulzimmern.

Mehr Transparenz

Tatsächlich ist die Schule Zumikon ein halbes Jahr nach den Protesten noch nicht zur Ruhe gekommen. Das nach wie vor aktive Petitionskomitee erhält die Forderung nach einer Rückkehr zu Jahrgangsklassen nach wie vor aufrecht. In diesen Tagen hat es eine Website aufgeschaltet, die Betroffenen und Interessierten als Forum dienen soll. Gleichzeitig hat es in alle Haushalte Flugblätter verteilen lassen. Fünf Jahre Erfahrung mit dem altersdurchmischten Lernen hätten gezeigt, dass sich das Unterrichtsmodell «im soziokulturellen Umfeld von Zumikon» nicht erfolgreich umsetzen lasse, schreibt das Komitee.
Kritisiert werden von betroffenen Eltern die Qualität des Unterrichts und die Unruhe in den Klassen. Zwar gebe es Lehrer, die problemlos mehrere Jahrgänge gleichzeitig unterrichten könnten, viele hätten aber Mühe mit der anspruchsvollen Aufgabe, weshalb sich der Unterricht schulisch am unteren Rand der jeweiligen Niveaus bewege. Vertiefung und Förderung kämen zu kurz, viele Kinder bekundeten beim Schulübertritt an das Gymnasium oder die Sekundarschule deshalb Mühe.
Neben der Rückkehr zu Jahrgangsklassen ist ein weiteres Ziel der Eltern die verbesserte Kommunikation zwischen Schulleitung, Behörden und Eltern. Laut Beat Schütz, dem Medienbeauftragten des Komitees, setzt man diesbezüglich grosse Hoffnungen auf den neuen Schulleiter. Gleichzeitig müsse aber auch der Austausch mit den Behörden verbessert werden. So seien zwar verschiedentlich Elternbefragungen durchgeführt, die Resultate aber nie publiziert worden. Dasselbe gelte für schulische Massnahmen. Die Entscheidung der Schulbehörde für das Festhalten am Modell des altersdurchmischten Lernens beispielsweise müsse für die Eltern nachvollziehbar sein, sagt Schütz. Nur mit Transparenz lasse sich das Vertrauen der Eltern in die Schule wieder stärken.


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