Was tun, wenn die Kinder den Mund nicht öffnen? Bild: Keystone
Schulzahnarzt: Gemeinde zahlt ja mit - oder doch nicht? Oltner Tagblatt, 28.12. von Fränzi Zwahlen-Saner
Vergangene
Woche erstaunte eine Meldung aus dem Gemeinderat Balsthal. Darin wird erwähnt,
dass es in jüngster Zeit zu immer mehr Zahnbehandlungen bei Schulkindern unter
Narkose kommt.
Zitat
aus dem Gemeinderatsbericht: «Leider müssen wir feststellen, dass sich immer
mehr Kinder einer Behandlung durch den Schulzahnarzt verweigern (die Kinder machen
den Mund unter keinen Umständen auf). Es ist eine Überweisung an den
Spezialisten nötig, um die Behandlung unter Narkose durchführen zu können.»
Schulleiter
Kuno Flury bestätigt den Sachverhalt. «In der Regel hatten wir pro Jahr etwa
zwei solcher Fälle, bei denen Kinder nur unter Narkose vom Zahnarzt zu
behandeln waren.
Doch
in jüngster Zeit hat sich das verdreifacht. Das sprengt das Gemeindebudget für
Zahnbehandlungen, die je nach steuerbarem Einkommen der Eltern von der Gemeinde
mitfinanziert werden. Deshalb muss jetzt eine andere Lösung gesucht werden,
respektive das Reglement muss geändert werden.»
Warum
es zu mehr «Narkose-Fällen» kommt, kann Flury nicht schlüssig beantworten. Er
meint nur: «Es könnte sein, dass einzelne Eltern glauben, damit ihren Kindern
einen Dienst zu erweisen.»
Die
Nachfrage bei verschiedenen Schulleitern im Kanton, ob sie von ähnlichen
Zunahmen berichten können, ergab: Nirgends sonst wurde in jüngster Zeit eine
Steigerung der Narkose-Zahnbehandlungen bei Schulkindern festgestellt.
Eine
engagierte Meinung zu dieser Problematik hat Anton Stalder, Koordinator der
Schulzahnpflege in Olten und selbst praktizierender Zahnarzt. «Ich stelle bei
uns in Olten überhaupt nichts Derartiges fest.
Es
kommt vor, dass ein Kind nur unter Narkose zu behandeln ist. Das sind aber
besondere Fälle, wo eine entsprechende Indikation verordnet wurde. Das ist in
Olten in den letzten drei Jahren einmal vorgekommen», erinnert er sich. Stalder
vermutet hinter der geschilderten Zunahme der Fälle in Balsthal, dass das
Problem andere Ursachen hat. «Ich denke, es handelt sich hier vielmehr um ein
Kommunikationsproblem im weitesten Sinn.»
Kinder,
die ihren Mund nicht aufmachen wollen, gäbe es immer wieder mal. Entsprechendes
pädagogisches Geschick sei daher von Eltern, Lehrer und natürlich den
Schulzahnärzten gefordert. «Man sollte ein Kind wirklich nur in dringenden
Ausnahmefällen unter Narkose setzen», sagt er.
Ein
Zahnarzt könne jedenfalls nie Interesse daran haben, unter Narkose zu
behandeln. Auf die Frage nach den Kosten einer solchen Behandlung sagt Stalder:
«Ich sage bei dieser Frage bei erwachsenen Patienten immer: Die Behandlung wird
rund um das Doppelte teurer. Man muss bedenken, dass dann statt dem Zahnarzt
und seiner Assistenz auch noch ein Narkosearzt mit Assistenz mit dabei sind.»
Grob geschätzt seien es rund 1 000 Franken, die eine solche Behandlung
zusätzlich kostet.»
Auch
bei den anderen angefragten Schulen wissen die für die Schulzahnpflege
zuständigen Personen nichts von einer Zunahme von Narkose-Behandlungen. Bei den
Meisten kommt das überhaupt nicht vor. Allerdings hat die Recherche auch
ergeben, dass sich lange nicht mehr alle Gemeinden mit einem Beitrag an die
Behandlungskosten der Schüler, entsprechend dem steuerbaren Einkommen der
Eltern, beteiligen.
Somit
wissen diese Gemeinden auch nicht, was die Zahnbehandlungen beinhalten. So sagt
beispielsweise der Zuchwiler Schuldirektor Stephan Hug: «In Zuchwil wird die
Prophylaxe durch die Schulzahnpflegeinstruktorinnen sowie die erste
Untersuchung durch den Schulzahnarzt durch die öffentliche Hand finanziert.
Allfällige Behandlungen müssen die Eltern bezahlen.
Hingegen
bieten wir den Eltern auch an, sich durch unsere Schulzahnpflegeinstruktorin
zahnversicherungstechnisch beraten zu lassen.» Man investiere heute mehr Mittel
in die Prophylaxe als früher und mache damit nur gute Erfahrungen.
Vor
rund drei Jahren sei die Mitfinanzierung der Behandlungskosten aufgehoben
worden, erklärt Hug und er findet, dass mit dem alten System, Beiträge an die
Behandlung kaputter Zähne zu bezahlen, der falsche Ansatz verfolgt werde.
In
Grenchen stelle man ebenfalls keine Zunahme für Narkose-Behandlungen fest,
erklärt die zuständige Maya Karlen. Dort geht hingegen die erste individuelle
Befundaufnahme zulasten der Eltern.
Die
Kosten für eine jährliche Untersuchung werden dann wiederum von der Stadt
übernommen. Behandlungen durch den Schulzahnarzt würden zu einem reduzierten
Schulzahnpflegetarif verrechnet. Auf ein Gesuch hin leistet Grenchen je nach
Steuererklärung einen Beitrag an die Behandlungskosten. In den Solothurner
Schulen übernimmt die Stadt Solothurn einzig die Kosten für die jährliche
Untersuchung, nicht jedoch für die Behandlung.
Und
in Olten steht im Schulzahnpflegereglement: «Eltern mit wenig finanziellen
Mitteln können aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse einen
Beitrag an die Behandlungskosten beantragen.» Anton Stalder findet diese
Regelung richtig, denn die Gesundheit der Kinderzähne sei auch für
einkommensschwache Familien wichtig.
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