Die Schüler hoffen, dass Peter Aebi (links) noch lange bleibt, Bild: Nicole Nars-Zimmer
Weiterhin engagiert: als Rentner zurück in die Primarschule, Basellandschaftliche Zeitung, 8.12. von Tobias Gfeller
Lehrer
Serge Dobler verteilt seinen Schülerinnen und Schülern im Schulhaus Breite in
Muttenz eine Schreibaufgabe. Es wird still gearbeitet. Manchmal kommt ein Kind
zu ihm und stellt eine konkrete Frage. Ist Serge Dobler gerade in ein Gespräch
verwickelt, fragen die Kinder auch mal Peter Aebi, ob sie mit ihren Gedanken
auf dem richtigen Weg sind. Seit Sommer 2013 ist der 72-jährige Muttenzer aus
der Klasse nicht mehr wegzudenken. «Es freut uns, wenn er da ist. Wir mögen ihn
sehr», sagt der 10-jährige Fabio. Seine Klassenkameraden stimmen ihm nickend
und strahlend zu. Peter Aebi ist einer von zwölf Senioren, die in Muttenz in
Kindergärten und Primarschulen im Unterricht mitwirken. «Ich bin kein
Lehrerersatz», stellt der Rentner klar. «Ich sehe mich mehr als Assistent und
Sekretär.» Und das ist er mit grosser Leidenschaft. Und das spüren die Kinder.
Sie gehen zu ihm, wenn sie mal Hilfe brauchen. Er leistet Hilfe, wenn Lehrer
Dobler gerade nicht kann.
Donnerstags
begleitet Aebi die Klasse ins Hallenbad. Anschliessend ist er auch im
Klassenzimmer mit dabei. Je nach Lektionsgestaltung von Serge Dobler wird Peter
Aebi mehr oder weniger aktiv gebraucht. Seine Präsenz alleine wirkt schon auf
die Klasse, wie die Schüler selber bestätigen. «Es ist tendenziell ruhiger,
wenn Herr Aebi da ist», sagen sie einhellig. Zwischen Serge Dobler und Peter
Aebi gibt es vor dem Unterricht keine Besprechungen. Er müsse stets flexibel
sein, beschreibt der Rentner sein wichtigstes Attribut im Unterricht. «In
gewissen Bereichen kann ich die Kinder mehr unterstützen, in anderen halt
weniger.» Eine spezielle Ausbildung hat er nicht. Es sind mehr charakterliche
Eigenschaften, die für diese Aufgabe nötig sind.
Als Pensionierter weiter engagiert
Alle
Parteien profitieren. «Ich bleibe wachsam und bekomme mit, wie sich die Jungen
heutzutage entwickeln», verrät Peter Aebi. Der Kontakt zu den Kindern sei eine
Bereicherung für sein Leben, auch wenn er bereits drei Enkel hat, mit denen er
viel Zeit verbringt. «Nach der Pensionierung ist man plötzlich aus dem ganzen
Prozess raus. Wenn man noch gesund ist und finanziell keine Sorgen hat, kann
man sich doch weiterhin engagieren.» Peter Aebis grösste Stärke sind seine
Vitalität und Sportlichkeit. Er geht auf Exkursionen, Velotouren und
Schulreisen mit, war im Schullager dabei, begleitet die Klasse in den Schwimmunterricht
und manchmal auch ins Turnen. Wenn die Klasse ins Theater geht, muss Lehrer
Serge Dobler keine Eltern anrufen, um eine Begleitung zu finden: Peter Aebi ist
dabei.
Die
Grundvoraussetzung, damit die Zusammenarbeit zwischen Lehrperson und Senior passt,
sei das gegenseitige Vertrauen, erklärt Serge Dobler. «Ich gebe ihm alle
Freiheiten und richte mich nicht speziell nach ihm. Wir haben zu Beginn klar
festgelegt, wie wir uns das vorstellen und was wir voneinander erwarten. Es
braucht eine klare Kommunikation und Transparenz.»
Angeregt
hat das Projekt «Senioren in Muttenzer Primarschulen» Schulleiterin Regula
Meschberger. Sie kam erst vor wenigen Jahren aus Birsfelden, wo sie das Gleiche
bereits 2008 erfolgreich lanciert hatte. Auch in Muttenz ist das Projekt ein
Erfolg. Interessierte Senioren können sich noch immer melden. Meschberger
unterstreicht das «riesige Potenzial» dieser Zusammenarbeit. «Es besteht keine
rechtliche Bindung. Das würde nicht dem Projekt entsprechen», so Meschberger.
Gerade heute, wo Grosseltern aufgrund der gestiegenen Mobilität auch mal weiter
weg wohnen oder gar in einem anderen Land leben, sei die Beziehung zu älteren
Menschen wichtig für Kinder. Die Senioren können zu Beginn ihre Präferenzen
angeben. Eher das Spielen mit den Kleinsten im Kindergarten oder doch das
aktive Leben in der Mittelstufe. Bei Peter Aebi und der Klasse von Serge Dobler
hat es von Anfang an gepasst. «Wir hoffen, dass er auch noch in der sechsten
Klasse nach den Sommerferien mit dabei ist», sagt Henna. Und wiederum nicken
ihre Klassenkameraden.
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