Eigentlich
wollte ich mein Blogjahr bei der Südostschweiz mit ein paar zuversichtlichen
Gedanken abschliessen, doch die Umstände bringen es mit sich, dass diese
Kolumne nur drei Stellen enthält, die zum Lachen sind. Sie handelt im
Wesentlichen von Inkompetenz, Fahrlässigkeit und Intransparenz. Doch schön der
Reihe nach.
Bildungsblog Südostschweiz, 9.12. von Urs Kalberer
1. Die Inkompetenz
Die
PH Graubünden hat einen neuen Rektor, und der lässt es gleich mal richtig
krachen: Gian-Paolo Curcio, ein 38-jähriger Karrierist aus dem Wallis, verrät
gegenüber der Südostschweiz am 8. November: „Es gibt keine wissenschaftlichen
Erkenntnisse, die darauf schliessen lassen, dass zwei Fremdsprachen zu viel
wären“. Nun müsste man dem guten Mann vielleicht mal zuflüstern, dass niemand
gegen zwei Fremdsprachen an der Volksschule ist. Seine Aussage ist also Wasser
in den Rhein getragen. Wissenschaftlich bestens belegt ist aber der Unsinn,
gleichzeitig zwei Fremdsprachen an der Primarschule lernen zu wollen. Während
unsere fleissigen PH-Studenten eine Gehirnwäsche im Dauerberieselungsmodus über
sich ergehen lassen müssen, hat Curcio aber immerhin Trost für alle Eltern, die
sich mit dem Frühitalienisch ihrer Kinder herumschlagen. „Der Vorteil von zwei
Fremdsprachen in der Primarschule liegt darin, dass die Kinder einen offenen
und altersgerechten Zugang zu zwei Fremdsprachen erhalten und gleichzeitig für
ihr künftiges Lernen von Sprachen motiviert werden“. Selten so gelacht. Nun
aber weiter.
2. Die Fahrlässigkeit
Wenn
Sie, geneigte Leser, Eltern von Kindern sind, die momentan die 1. Oberstufe
besuchen, dann haben Sie sicher bemerkt, dass wir in Graubünden mit einem neuen
Englischlehrmittel arbeiten. Es handelt sich dabei aber um eine Testversion,
die in manchen Bereichen noch verbessert werden muss. Nun sind es zwei
verschiedene Dinge, ob ich von einer Skimarke eingeladen werde, die neuen Latten
Probe zu fahren oder ob mir der Kanton ein Probe-Lehrmittel vorsetzt. Letzteres
ist eindeutig weniger angenehm. Trotzdem verteilt der Kanton
Gratis-Testversionen von Lehrmitteln flächendeckend an alle Schulen und erklärt
diese für verbindlich. Und nun kommt es ganz dick: Derselbe Jahrgang, der nun
an der Oberstufe mit einem Probelehrmittel versorgt wird, hat sich bereits seit
der 5. Primar mit Probelehrmitteln durchgehangelt. Die verantwortlichen
Schreibtischtäter verstecken sich, das Problem wird ausgesessen. Ein
schmackhaftes Menu: Mehrsprachendidaktik à la PHGR, mit sehr viel Offenheit
zubereitet und als Beilage grüne Lehrmittel.
3. Die Intransparenz
In
der Zwischenzeit wurde dem staunenden Publikum die 3. Version des Lehrplans 21
vorgesetzt. Zur Erinnerung: Die Schulen sollen künftig mit flächendeckenden Bildungsstandards
vermessbar gemacht werden. Das bedeutet konkret schweizweite Tests,
Einheitslehrmittel, weitere Stärkung der Administration. Wogegen man sich innerhalb des Kantons
heftigst wehrt (innerkantonale Vergleiche), das soll nun national plötzlich
kein Problem mehr sein. Sofort stand der Lehrerverband zusammen mit dem
Erziehungsdepartement bereit um dem abgeschottet erarbeiteten Projekt zu
applaudieren. Man machte dies vorauseilend, um ja die Gegner meinungspolitisch
abzuhängen. Von den 200‘000 Einwohnern des Kantons haben nicht 10 (zehn) die
jüngste Version des Lehrplans gelesen, davon hat erst noch die Hälfte gar
nichts zu sagen, weil sie Kritiker sind - und Kritikern hört man nicht zu. Diese
Kritiker fordern nun, dass das Volk in Sachen Ausrichtung unseres
Bildungssystems mitbestimmen soll. Kann man dagegen etwas haben? Natürlich,
eine Angestellte des Basler Erziehungsdepartements vermutet, dass die Kritiker
des Lehrplans einfach Angst vor Veränderungen hätten. Wer tatsächlich grosse
Angst hat, das sind die Bildungsbürokraten in allen Kantonen. Ein Machtwort des
Volkes könnte hier Wunder bewirken. Ach ja, zum Schluss noch etwas zum
Schmunzeln von Martin Jäger:“Mit dem gemeinsamen Lehrplan erreicht man eine
bessere Mobilität in der Schweiz“.
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