13. Oktober 2014

Künzli fordert zwei Lehrpläne

Der Lehrplanforscher Rudolf Künzli stellt fest, dass der Lehrplan 21 nicht gleichzeitig die Bedürfnisse der Bildungsadministration und der Politik abdecken könne. Er fordert deshalb zwei unterschiedlich ausgerichtete Dokumente.
Leserbrief NZZ, 13.10. Lehrplan 21 genügt nicht für Schulpolitik von Rudolf Künzli


Den Überlegungen und Argumenten von Erich Aschwanden (NZZ 2. 10. 14) ist im Grundsatz voll zuzustimmen. Was aber die Auseinandersetzung um den Lehrplan 21 auch zeigt, ist eines: Das aus dem 19. Jahrhundert stammende Modell ist heute kein hinreichendes und taugliches Instrument der Schulpolitik mehr. Vor dem Hintergrund der gewachsenen Komplexität unserer Bildungseinrichtungen und des Professionalisierungsgrades von Administration und Lehrerschaft wird ein einziges Dokument den beiden Funktionen von alten Lehrplänen, der gesellschaftlich-schulpolitischen und der administrativ-schulpraktischen, nicht mehr gerecht. Um den Auftrag der Gesellschaft an die Schulen öffentlich zu beraten und zu rechtfertigen, braucht es eine neue Form von Bildungs- und Rahmenplänen, die sich in Aufbau, Differenzierungsgrad und Sprache klar unterscheiden von einem operativen Weisungs- und Arbeitsinstrument der Schuladministrationen an die Schulen, die Lehrenden und Lernenden. Die politische Arena hat andere Bedürfnisse und Regularitäten als der Expertendiskurs. Wir brauchen beides und damit auch beide Formen von «Lehrplänen», einen gesamtschweizerischen Bildungs- oder Rahmenplan und regionale operative Schul-Curricula. Der Lehrplan 21 überfordert beide, die politische Öffentlichkeit und die Schulen. Es ist kaum sinnvoll, Kompetenzen und Kompetenzmodelle in ihrem Aufbau und ihrer Differenzierung in der politischen Arena klären zu wollen, andererseits ist die Frage, was zum Erziehungsauftrag der Schule gehört, zu wichtig, als dass ihre Beantwortung den pädagogischen Expertinnen und Experten überlassen werden könnte und dürfte. Solchen Unterschieden Rechnung zu tragen, ist auch ein Gebot politischer Klugheit.

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