Hans-Peter Portmann (FDP ZH) will nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule, Bild: NZZ
Ultimatum im Sprachenstreit, NZZ, 11.10.
Im Streit um den Fremdsprachenunterricht ist die
Sitzung der Bildungskommission des Nationalrats mit Spannung erwartet worden.
Mehrere Nationalräte hatten Vorstösse angekündigt mit dem Ziel, die Kantone auf
eine national einheitliche Linie zu zwingen. Doch am Ende entschied die
Kommission, vorerst nichts zu entscheiden.
Bevor sich die Kommission in die kantonale
Schulhoheit einmischt, will sie den Kantonen noch einige Wochen Zeit geben,
selber eine Lösung zu finden. Darum habe die Konferenz der kantonalen
Erziehungsdirektoren (EDK) «innigst gebeten», sagte der Kommissionspräsident
Matthias Aebischer (sp., Bern). Deshalb wartet die Kommission nun die
Jahresversammlung der EDK Ende Oktober ab. Sollte die EDK keine Resultate
liefern, werde seine Kommission wohl im Dezember Entscheide fällen, kündigt
Aebischer an.
Angst vor Fait accompli
Aebischer macht kein Geheimnis daraus, dass diese
Ankündigung dazu dient, «politischen Druck auf die EDK zu machen». Damit stellt
die Kommission den Kantonen ein Ultimatum: Entweder ihr findet rasch eine
Lösung, oder wir übernehmen. Die Zeit dränge, sagt Aebischer. Er fürchtet, dass
sich bald weitere Kantone vom Sprachen-Kompromiss der EDK verabschieden. Damit
würde definitiv ein Fait accompli geschaffen, so Aebischer. Der Sprachen-Kompromiss
der EDK von 2004 sieht vor, dass alle Kantone auf der Primarstufe zwei
Fremdsprachen unterrichten, davon zwingend eine Landessprache.
Die Frage aber ist, was für einen Entscheid die
Bildungskommission im Dezember fällen würde. Die Meinungen sind gespalten.
Trotzdem scheint es eine Mehrheit für einen Vorschlag von Kathy Riklin (cvp.,
Zürich) und Jean-François Steiert (sp., Freiburg) zu geben. Sie schlagen vor,
die Kantone per Bundesgesetz zu zwingen, in der Primarschule eine zweite
Landessprache zu unterrichten. Damit wäre es diesen nicht mehr möglich, das
Frühfranzösisch zugunsten des Englischen abzuschaffen, so wie das der Thurgau,
Schaffhausen und Nidwalden unlängst angekündigt haben.
«Des gens en colère»
Die Mehrheit für eine Bundesintervention zugunsten
der Landessprachen ist in der Kommission jedoch knapp. Auch aus diesem Grund
hat sie nicht entschieden. Ein bloss knapp ausfallender Entscheid wäre ein
schlechtes Signal gewesen, meint Riklin. Weitere Kantone wären dadurch
womöglich erst auf den Geschmack gekommen.
Es gibt in der Kommission aber auch ganz andere
Ideen. Hans-Peter Portmann (fdp., Zürich) will das Gesetz in entgegengesetzter
Richtung ändern. Er verlangt, dass schweizweit nur noch eine Fremdsprache in
der Primarschule unterrichtet wird - das wäre das definitive Ende des
Sprachen-Kompromisses. Thomas Weibel (glp., Zürich) auf der anderen Seite will
sogar weiter gehen als die EDK: Er will die Kantone verpflichten, eine
Landessprache als erste Fremdsprache zu unterrichten.
Angesichts dieser
divergierenden Meinungen sei die Debatte heftig gewesen, sagte Aebischer nach
der Kommissionssitzung. Und wie es sich gehört, fügte er auf Französisch an:
«Il y avait des gens qui étaient en colère» («Es gab wütende
Kommissionsmitglieder»).
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