11. Oktober 2014

Bildungskommission uneinig über Sprachenfrage

Die Bildungskommission des Nationalrats unter Präsident Matthias Aebischer (SP) konnte sich nicht zu einem Entscheid in Sachen Sprachenstreit durchringen. Man will vorerst die Jahresversammlung der EDK von Ende Oktober abwarten.



Hans-Peter Portmann (FDP ZH) will nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule, Bild: NZZ

Ultimatum im Sprachenstreit, NZZ, 11.10.



Im Streit um den Fremdsprachenunterricht ist die Sitzung der Bildungskommission des Nationalrats mit Spannung erwartet worden. Mehrere Nationalräte hatten Vorstösse angekündigt mit dem Ziel, die Kantone auf eine national einheitliche Linie zu zwingen. Doch am Ende entschied die Kommission, vorerst nichts zu entscheiden.
Bevor sich die Kommission in die kantonale Schulhoheit einmischt, will sie den Kantonen noch einige Wochen Zeit geben, selber eine Lösung zu finden. Darum habe die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) «innigst gebeten», sagte der Kommissionspräsident Matthias Aebischer (sp., Bern). Deshalb wartet die Kommission nun die Jahresversammlung der EDK Ende Oktober ab. Sollte die EDK keine Resultate liefern, werde seine Kommission wohl im Dezember Entscheide fällen, kündigt Aebischer an.
Angst vor Fait accompli
Aebischer macht kein Geheimnis daraus, dass diese Ankündigung dazu dient, «politischen Druck auf die EDK zu machen». Damit stellt die Kommission den Kantonen ein Ultimatum: Entweder ihr findet rasch eine Lösung, oder wir übernehmen. Die Zeit dränge, sagt Aebischer. Er fürchtet, dass sich bald weitere Kantone vom Sprachen-Kompromiss der EDK verabschieden. Damit würde definitiv ein Fait accompli geschaffen, so Aebischer. Der Sprachen-Kompromiss der EDK von 2004 sieht vor, dass alle Kantone auf der Primarstufe zwei Fremdsprachen unterrichten, davon zwingend eine Landessprache.
Die Frage aber ist, was für einen Entscheid die Bildungskommission im Dezember fällen würde. Die Meinungen sind gespalten. Trotzdem scheint es eine Mehrheit für einen Vorschlag von Kathy Riklin (cvp., Zürich) und Jean-François Steiert (sp., Freiburg) zu geben. Sie schlagen vor, die Kantone per Bundesgesetz zu zwingen, in der Primarschule eine zweite Landessprache zu unterrichten. Damit wäre es diesen nicht mehr möglich, das Frühfranzösisch zugunsten des Englischen abzuschaffen, so wie das der Thurgau, Schaffhausen und Nidwalden unlängst angekündigt haben.
«Des gens en colère»
Die Mehrheit für eine Bundesintervention zugunsten der Landessprachen ist in der Kommission jedoch knapp. Auch aus diesem Grund hat sie nicht entschieden. Ein bloss knapp ausfallender Entscheid wäre ein schlechtes Signal gewesen, meint Riklin. Weitere Kantone wären dadurch womöglich erst auf den Geschmack gekommen.
Es gibt in der Kommission aber auch ganz andere Ideen. Hans-Peter Portmann (fdp., Zürich) will das Gesetz in entgegengesetzter Richtung ändern. Er verlangt, dass schweizweit nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule unterrichtet wird - das wäre das definitive Ende des Sprachen-Kompromisses. Thomas Weibel (glp., Zürich) auf der anderen Seite will sogar weiter gehen als die EDK: Er will die Kantone verpflichten, eine Landessprache als erste Fremdsprache zu unterrichten.
Angesichts dieser divergierenden Meinungen sei die Debatte heftig gewesen, sagte Aebischer nach der Kommissionssitzung. Und wie es sich gehört, fügte er auf Französisch an: «Il y avait des gens qui étaient en colère» («Es gab wütende Kommissionsmitglieder»).

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