29. September 2014

Kampf um Einschulungsklassen im Aargau

Die geplanten Sparmassnahmen im Aargau treffen auch die Bildung. Dort wehrt man sich besonders für die Einschulungsklassen. Diese sollten ursprünglich ersatzlos gestrichen werden. Nun soll die Zahl der Einschulungsklassen auf die Hälfte reduziert werden. Dazu wird die Mindestschülerzahl pro Klasse erhöht.



Claudia Lauener, Präsidentin der Aargauer Primarlehrkräfte, kämpft gegen die Sparmassnahmen im Bildungsbereich, Bild: alv

Nicht sparen mit Gegenwehr, Wohler Anzeiger, 26.9. von Annemarie Keusch


Frust, Resignation, Verzweiflung. Die Delegierten des Primarlehrervereins des Kantons Aargau konnten ihre Gefühle kaum verstecken. Zu emotional ist das Thema der geplanten Sparmassnahmen. Zu wenig Verständnis können sie dafür aufbringen, dass bei der Schule, bei den Kindern, bei der Zukunft also, gespart werden soll. „Es gibt nur eine Sache, die teurer ist als Bildung – keine Bildung“, zitierte Präsidentin Claudia Lauener den ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy. „Der Abbau bei der Bildung kommt den Kanton teuer zu stehen“, prophezeit sie.

Weniger Abteilungen, weniger Schüler
Trotzdem will der Kanton bei der Bildung sparen. Die Lehrerinnen und Lehrer werden sich aber weiterhin dagegen wehren. Erste Wirkung hat dies bereits gezeigt. War am Anfang noch geplant, die Einschulungsklassen ersatzlos zu streichen, sollen jetzt einfach die Stunden gekürzt werden. „Wenn wir weniger Zeit für die Kinder haben, kann man die Klassen gerade ganz auflösen. Das wäre ehrlicher“, zeigt sich eine erboste Lehrerin enttäuscht.

Ziel des Kantons ist es, die Zahl der Einschulungsklassen auf die Hälfte zu reduzieren. Analog dazu soll auch die Zahl der Einschulungsklassenkinder um ein Drittel gesenkt werden. Damit dies erreicht werden kann, beträgt die Mindestschülerzahl für Einschulungsklassen neu zehn statt wie bisher acht Kinder.

Als weitere Massnahme erhalten die Klassen weniger ungebundene Lektionen. Das heisst, dass die Einschulungsklassen während weniger Stunden in Teilgruppen aufgeteilt werden können. „Eine Einschulungsklassenlehrerin kann also künftig gar nicht mehr 100 Prozent arbeiten, weil nicht mehr genügend Stunden zur Verfügung stehen“, moniert eine Lehrerin.

Auch will der Kanton, dass künftig nur acht Prozent der ersten beiden Primarschuljahrgänge in die Einschulungsklassen gehen dürfen. Die Delegierten des PLV sind damit überhaupt nicht einverstanden. „Schüler, die dem Übertritt in die erste Klasse noch nicht gewachsen sind, brauchen die Einschulung. Wenn sie diese nicht besuchen können, ist ein guter Start in die Schulzeit nicht gewährleistet und die Kinder werden während der ganzen neun Jahre hinter den anderen Schülern herhinken“, lautet der Tenor der Primarlehrerinnen und -lehrer. Sie bringen vor, dass ein Schüler, der zwangsweise in die Regelklasse muss, dort aber nicht mitkommt und später an die Heilpädagogische Schule wechselt, dem Kanton viel mehr Kosten verursacht, als eine Einschulungsklasse zu führen.

„Alle Bereiche müssen Einbussen hinnehmen“
Gegen die verschiedenen Voten der Lehrerschaft hatten Christian Aeberli, Leiter der Abteilung Volksschule des Departements Bildung, Kultur und Sport (BKS), und Michael Umbricht, Generalsekretär des BKS, einen schweren Stand. Wiederholt betonten sie, dass nicht nur das Bildungswesen von den Sparmassnahmen des Kantons betroffen ist. „Wenn wir wirklich sparen wollen, müssen in allen Bereichen Abstriche gemacht werden“, erklärte Aeberli. Umbricht doppelte nach, dass alles nur noch schlimmer werde, wenn jetzt nicht gespart wird. „Klar, ich verstehe Sie. Niemand hat gerne, wenn in seinem Bereich gespart wird. Ähnliche Argumente hören wir von der Gesundheitsbranche, dem Naturschutz und vielen mehr“, versuchte er auf Verständnis zu stossen.

Doch die Lehrerschaft der Primarschule setzte noch einen drauf. „Unter diesen Umständen gefällt mir mein Beruf nicht mehr. Und in die Regelklasse zu wechseln ist auch kein Thema“, machten die Einschulungsklassenlehrerinnen ihrem Unmut Luft. Als klares Zeichen gibt der PLV beim Grossen Rat eine Resolution ein, wo sie ihre Forderungen nochmals schriftlich deponieren. „Der Grosse Rat ist unsere letzte Chance“, weiss Präsidentin Lauener. Dem Antrag, die Resolution einzugeben, stimmten sämtliche anwesenden Delegierten zu.

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