3. September 2014

"Das Modell ist für Eltern attraktiv und bringt Planungssicherheit"

Zürichs Schulvorstand Gerold Lauber erläutert die Vorteile der "Tagesschule 2025".
"Das Modell ist für Eltern attraktiv und bringt Planungssicherheit", NZZ, 3.9. von Irène Troxler


In einer Tagesschule gibt es normalerweise obligatorische Präsenzzeiten. Dies gilt als Voraussetzung für ein übergreifendes pädagogisches Konzept. Sie verzichten nun aber auf ein Obligatorium. Erhoffen Sie sich dennoch pädagogische Vorteile vom neuen Modell?
Pädagogisch entscheidend ist nicht das Obligatorium, sondern dass der Unterricht und die weiteren Angebote sinnvoll aufeinander abgestimmt sind im Rahmen einer möglichst konsistenten pädagogischen Einheit. Das streben wir mit unserem Modell Tagesschule 2025 an. Wir meinen, dies sei für Familien attraktiv, und hoffen deshalb auf möglichst wenige Abmeldungen.
Haben Sie aus den Erfahrungen mit der Grundstufe Lehren gezogen? Vermeiden Sie diesmal den politischen Grundsatzentscheid, der mit einem Tagesschul-Obligatorium verbunden wäre?
Für die Stadt Zürich steht das Obligatorium nicht im Zentrum. Zwar regt die Stadt beim Kanton einen entsprechenden Schulversuch an - wenn dieser zustande kommt, wollen wir mitmachen. Inzwischen versuchen wir mit unserem Modell möglichst ähnliche Bedingungen zu schaffen. Dies erlaubt uns, die gemachten Erfahrungen schrittweise umzusetzen; auch im Hinblick auf einen möglichen kantonalen Versuch.
Was geschieht, wenn an einer Pilotschule Eltern ihre Kinder über Mittag lieber zu Hause betreuen wollen?
Der Einzelentscheid wird abhängig sein von der konkreten Situation. Das Kind wird entweder einer anderen Schule zugeteilt oder von den gebundenen Mittagen befreit.
Wie muss man sich das Essen an der Schule konkret vorstellen?
Die Kinder erhalten eine warme, ausgewogene Mahlzeit; es wird in zwei Etappen gegessen, im Klassenverband oder in altersdurchmischten Gruppen. Über die gesamte Zeit werden die Kinder durch Fachpersonen begleitet, dies je nach Bedarf und Vorlieben der Kinder.
80 Minuten Mittagszeit ist immer noch relativ viel. Würden 50 nicht genügen?
Die Mittagspause wird gegenüber heute um etwa 30 Minuten verkürzt - von 110 auf 80 Minuten. Die Erfahrungen der bestehenden Tagesschulen zeigen, dass die Mittagszeit nicht zu kurz sein sollte. Sie dient ja nicht nur dem Essen, sondern auch der Erholung und der Abwechslung im Tagesablauf. Aus den Erfahrungen des Versuchs werden wir in Bezug auf die Länge der Mittagspause sicher weitere Erkenntnisse gewinnen.
Rechnen Sie damit, dass die Belegung der Horte ausserhalb der neuen Blockzeiten zurückgeht?
Wir beobachten jetzt schon, dass die Nachfrage nach Nachmittagsplätzen weniger stark zunimmt als jene nach Mittagsbetreuung.
Sie wollen 15 Prozent der Kosten einsparen gegenüber dem Hort-Modell im Endausbau, wenn 70 Prozent der Schulkinder betreut werden müssen. Wie soll das gehen?
Wir sehen Sparmöglichkeiten in drei Bereichen: Erstens wird die Mittagszeit um rund 30 Minuten verkürzt, was den Personalbedarf reduziert. Dann rechnen wir mit einer tieferen Nachfrage ausserhalb der neuen Mittagszeiten. Und schliesslich wird durch die neue Stundenplanregelung das Essen in Etappen möglich, was eine effizientere Nutzung der Infrastruktur und einen optimalen Personaleinsatz erlaubt.
Sieben Schulen der Stadt machen mit beim Pilotprojekt. Haben Sie Interessenten abweisen müssen?
Wir hatten keine Probleme, sieben Pilotschulen zu finden. Sie wurden in einem sorgfältigen Verfahren unter Beteiligung der Schulkonferenzen und Kreisschulpflegen ausgewählt. Einige Interessenten zogen sich zurück, vor allem, weil die räumlichen Bedingungen nicht optimal waren.
Sie haben sich gegenüber der Idee der FDP für Halbtagesschulen zunächst skeptisch geäussert. Wie beurteilen Sie heute die Erfolgschancen des präsentierten Modells?
Ich war nicht grundsätzlich gegen die Idee, sie war aber aufgrund des dafür notwendigen Obligatoriums rechtlich nicht umsetzbar. Wir starten daher mit einem freiwilligen Modell. Der Umfang der allfälligen Abmeldungen aus den sieben Pilotschulen wird uns Hinweise auf die Akzeptanz für ein künftiges Obligatorium liefern. Das wird unsere Strategie bestimmt beeinflussen. Wir rechnen uns sehr gute Chancen für unser Modell aus; es scheint uns für die Eltern attraktiv und bringt Planungssicherheit.

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