Ausgebildete Lehrer sind längst keine Selbstverständlichkeit mehr, Bild: Colourbox.com
Laien-Lehrer kocht mit Schüler Alkoholsuppe, 20 Minuten, 12.8. von Florian Meier
Weil an
einer Schule keine ausgebildete Lehrperson gefunden wurde, stellt man
kurzerhand einen Koch als Hauswirtschaftslehrer an. Doch statt mit seinen
Schülern eine gesunde Gemüsebrühe zuzubereiten, köchelt er mit seinen
Siebtklässlern eine alkoholhaltige Suppe.
Ein
anderer Hauswirtschaftslehrer – ebenfalls ohne pädagogische Ausbildung –
gestaltet mit seinen Schülern eine Menükarte. Sie ist übersät mit
Rechtschreibfehlern.
«Leider sind
das keine Einzelfälle. Wegen des Lehrermangels sehen sich immer mehr Schulen
gezwungen, auf unqualifiziertes Personal zurückzugreifen», sagt Franziska
Peterhans vom Schweizerischen Lehrerverband. Die Kantone müssten dringen
sicherstellen, dass der Lehrernachwuchs gesichert ist.
In der
Schweiz werden Hunderte unqualifizierte Laien als Lehrer eingestellt. Allein im
Kanton Bern stehen momentan 348 Personen im Dienst, die nie pädagogisch
ausgebildet wurden. «Es kommt beispielsweise vor, dass gelernte Schreiner
angestellt werden, um Werken zu unterrichten», sagt Christoph Michel vom
Lehrerverband des Kantons Bern. Eine methodisch-didaktische Ausbildung sei aber
von grosser Wichtigkeit: «Es reicht einfach nicht, mit Holz und Säge
professionell umzugehen.» Jeder Schüler habe ein Recht darauf, von einer gut
ausgebildeten Lehrperson unterrichtet zu werden. «Wenn ich mein Auto reparieren
lassen will, bringe ich es ja auch lieber zu einem gelernten Automechaniker.»
Verschärfe sich das Problem weiter, erwarte er, dass der Kanton endlich etwas
unternehme.
Auch im
Kanton Aargau werden Schüler nicht immer von ausgebildeten Pädagogen
unterrichtet. Die Präsidentin des Aargauer Lehrerverbands, Elisabeth Abbassi,
kennt laut Radio SRF Fälle von Personen, die als höchste Qualifikation eine
Ausbildung als Pfadi-Leiter vorzuweisen hätten. Auch gebe es Chemiker, die
Chemie unterrichten würden, ohne eine Lehrerausbildung zu haben. Das Aargauer
Bildungsdepartement würde den Lehrermangel nicht ernst genug nehmen.
Kantone
verteidigen sich
Der
zuständige Aargauer Regierungsrat Alex Hürzeler verteidigt sich: «Die Aargauer
Schulen sind klar dazu verpflichtet, qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer
anzustellen.» Bis jetzt sei ihm nicht bekannt, dass es diesbezüglich zu einer
negativen Entwicklung gekommen sei.
Auch der
Kanton Bern wehrt sich: «Für bestimmte Teilpensen ist es oft schwierig,
ausgebildete Lehrkräfte zu finden», sagt Martin Werder von der
Erziehungsdirektion des Kantons Bern. Aus diesem Grund seien viele Schulen
froh, wenn sie für Fächer wie Musik, Fremdsprachen und Gestalten Fachkräfte
anstellen können, die keine Lehrer-Ausbildung haben. Ausserdem seien von den
rund 12'700 Lehrpersonen, die im Kanton Bern unterrichten, nur etwa 2,7 Prozent
ohne pädagogische Ausbildung.
«Lehrerberuf
wird wieder attraktiver»
Dass nicht
überall in der Schweiz vermehrt Lehrkräfte ohne entsprechende Qualifikationen
eingestellt werden, zeigt der Kanton St. Gallen. «Bei uns ist dieses Problem
eher rückläufig», sagt Hansjörg Bauer, Präsident vom Lehrerverband St. Gallen.
Dies habe zwei Gründe. Einerseits befinde sich der Kanton nahe der Grenzen zu
Deutschland und Österreich. So könne im Notfall auf Fachkräfte aus dem Ausland
zurückgegriffen werden. «Andererseits können wir beobachten, dass der
Lehrerberuf bei uns wieder beliebter wird.» Das könne damit begründet werden,
dass Jugendliche gemerkt hätten, dass sie mit einem PH-Abschluss aufgrund des
Lehrermangels mit grosser Wahrscheinlichkeit einen Job finden werden.
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