31. August 2014

Durchsetzungungsinitiative für Frühfranz?

Regierungsräte sind stolze Leute, Männer meist, und wenn sie für die Erziehungsdirektion verantwortlich sind, Politiker mit sehr viel Gestaltungsspielraum. Darum eignet sich die Bildungsthematik auch wunderbar für jahrelange parteipolitische Grabenkämpfe. Dass es in einem Land, in dem die grösste Ausdehnung bei gut 350 Kilometern liegt, nicht besonders schlau ist, wenn das Schulsystem alle paar Kilometer ändert - diese Erkenntnis reifte schon früh nach der Gründung des Bundesstaates 1848. Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), die wenigstens die gröbsten Leitlinien für die Volksschulen festlegen sollte, wurde immerhin schon im Jahr 1882 gegründet. Nur hat es die EDK seither kaum je fertiggebracht, die Schulstreitigkeiten zu beenden. Das endlose Seilziehen darüber, ob man jetzt besser im Frühling mit den Blümchen die Schule anfängt oder nach den Sommerferien mit dem fallenden Laub, konnte erst 1985 nach einem 20-jährigen Streit mit unzähligen Abstimmungen in den Kantonen, per Volksinitiative beendet werden. Bis es dann umgesetzt wurde, gingen noch einmal drei Jahre ins Land.



Arthur Rutishauser: Konzeptloser Frühfremdsprachenunterricht, Bild: Sonntagszeitung

Braucht es jetzt die Durchsetzungsinitiative für das Frühfranzösisch? Sonntagszeitung, 31.8. von Arthur Rutishauser


Mindestens so lange dauerte es, bis sich alle Kantone darauf einigten, in den Primarschulen das Frühfranzösisch einzuführen. 1995 war es soweit. Pech nur, dass schon damals klar war, dass Englisch die Weltsprache ist, und so führte man dies nach der Jahrtausendwende ebenfalls ein. Zwei Stunden pro Woche, völlig konzeptlos und unkoordiniert, überall anders, vor allem in der Deutschschweiz. Einheitlich war nur, dass die SVP gegen die Neuerung war. Dann nahm das Volk 2006 den Bildungsartikel an, der dazu fühüren sollte, dass endlich die wichtigsten Eckpunkte des Bildungssystems harmonisiert werden. Dass dazu der Sprachunterricht gehört, ist ja klar, denn sonst verhindert man in einer globalisierten Welt für Familien mit Schulkindern jegliche Mobilität innerhalb der Schweiz.
Nun zeigt sich aber, dass die Gegner der Einführung einer zweiten Fremdsprache in der Primarschule in einem Punkte recht hatten, nämlich , dass zwei Stunden spielerisches Lernen einfach nicht ausreichen. Das Resultat war, dass zwar viel Sprachunterricht stattfindet, der Erfolg aber weitgehend ausbleibt. Wenn jetzt also die Harmonisierung des Sprchunterrichts auf Bundesgeheiss erfolgen muss, was de facto einer Durchsetzungsinitiative von Oben entspricht, dann soll man doch bitte auch ein Konzept vorlegen, wie man erreichen will, dass die Kinder nach den vielen Lernstunden die Sprachen wenigstens rudimentär beherrschen. Sonst ist der Kraftakt, der angeblich dem Zusammenhalt des Landes dienen soll, nichts weiter als Heuchelei.

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