20. Juni 2014

Lob für "Fokus starke Lernbeziehungen"

Die Zürcher Bildungsdirektion ist zufrieden mit dem Schulversuch "Fokus starke Lernbeziehungen", der die Anzahl Teilzeitlehrkräfte pro Klasse reduziert. Wir erinnern uns: Nachdem der Schulbetrieb jahrelang systematisch auf mehr Lehrkräfte verzettelt wurde, riss Bildungschefin Aeppli plötzlich das Ruder herum und startete diesen mehrjährigen Versuch. Einerseits macht es Sinn, wenn pro Klasse weniger Lehrkräfte involviert sind. Doch ist es absehbar, dass die Schule nicht auf das Heer von erfahrenen Teilzeitlehrkräften verzichten kann. Es müssten andere Ansätze gewählt werden, die ein Vollzeitpensum wieder attraktiver machen. Die Lehrkräfte müssen befreit werden von den Fesseln der Teamarbeit, des Teamteaching und von endlosen Absprachen. Sie sollen wieder Freiräume bekommen, die sie mit ihrem pädagogischen und fachlichen Können füllen. Das hat auch Auswirkungen auf die Ausbildung: Grundsätzlich sollte ein Lehrpatent für die Primarschule die Inhaber befähigen, eine Klasse alleinverantwortlich zu führen und unterrichten. Soweit sind wir aber noch lange nicht. (uk)
Weniger Lehrer - mehr Ruhe: Kanton mit Schulversuch zufrieden, Bluewin news, 20.6.

Für 60 Klassen aus fünf Schulhäusern im Kanton Zürich ist seit vergangenem August vieles anders: Die Kinder werden nur noch von zwei, maximal drei Lehrpersonen, unterrichtet, nicht mehr von bis zu sechs Lehrern und Fachleuten wie bis anhin.
Die Integrative Förderung (IF) für lernschwache und verhaltensauffällige Schüler findet in der Regelklasse statt und nicht mehr ausserhalb, das gleiche gilt für Deutsch als Zweitsprache. Zur Entlastung stehen die Lehrerinnen dafür häufig zu zweit vor der Klasse und teilen sich die Aufgaben.
Mehr Zeit für den Unterricht
Die Schulen seien gut gestartet, sagte Aeppli am Freitag vor den Medien. Die Organisation habe sich vereinfacht, die Lehrerinnen und Lehrer müssten weniger Absprachen treffen und hätten mehr Zeit für den Unterricht. "Die Klassen kommen mehr zur Ruhe", sagte sie.
Auch für die Eltern habe das neue Modell Vorteile: Sie wüssten nun wieder genau, wer für ihr Kind zuständig sei.
Ob sich der Versuch auch positiv auf den Lernerfolg auswirkt, kann noch nicht gesagt werden. Dies wird das Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Zürich nach Abschluss des Versuchs analysieren. Dies wird 2018/2019 der Fall sein.
Grosser Aufwand für die Schulen
Obwohl das erste Fazit vom Schulbetrieb her positiv ausfällt: So weit wie vorgesehen ist die Bildungsdirektion noch nicht, denn es machen längst nicht so viele Schulen mit wie erhofft. Angestrebt wird eigentlich die Teilnahme von 200 bis 350 Klassen. Nach den Sommerferien werden es aber erst rund 110 Klassen sein.
Hauptgrund für die Zurückhaltung dürfte der Aufwand sein, den der Versuch am Anfang in den Schulhäusern verursacht. "Das ganze Team musste umstrukturiert werden", sagte Cornelia Battaglia, Schulleiterin des Schulhauses Guldisloo in Wetzikon, das am Versuch teilnimmt.
Es hätten Zweier-Teams gebildet werden müssen, die gut miteinander harmonierten. Das habe nicht immer auf Anhieb funktioniert und manchmal Korrekturen erfordert. Um die Lehrerzahl im Schulhaus zu reduzieren, ist es zudem nötig, Kleinstpensen zusammenzulegen.
Lehrerinnen, die nicht mehr Lektionen übernehmen können oder wollen, müssen das Versuchs-Schulhaus verlassen. In Wetzikon kam es deshalb zu mehreren Abgängen.
Neues Berufsbild für die Heilpädagogen
Für die Heilpädagoginnen ändern sich mit dem Schulversuch gar die Aufgaben: Weil die Klassenlehrer wieder fast alles selber machen, arbeiten sie nicht mehr direkt mit den Kindern, sondern stehen den Lehrern ausschliesslich beratend zur Seite.
Als Abwertung will Aeppli dieses neue Rollenverständnis nicht verstanden wissen. Es sei aber eine Herausforderung, das heilpädagogische Wissen über die Lehrer in die Klasse einfliessen zu lassen, sagte sie. Ob dies gelingt, wird die Versuchs-Auswertung durch die Uni Zürich zeigen.

Würde die Lehrer-Begrenzung irgendwann flächendeckend eingeführt, müsste wohl die Ausbildung der Heilpädagogen angepasst werden - und es dürfte wahrscheinlich etwas weniger Stellen für sie geben.

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