Was erhält man, wenn
ein Lehrer unter eine Dampfwalze gerät? Einen farbigen Ferienprospekt. Der Witz
ist alt. Aber hartnäckig hält sich der Verdacht, dass dessen Aussage wahr ist:
Lehrerinnen und Lehrer sind Ferientechniker mit ihren 13 Wochen Urlaub. Nun
zeigt sich mit den neuen Zahlen, dass der Stammtisch falsch liegt. Lehrerinnen
und Lehrer sind besonders häufig von Burn-out betroffen. In Deutschland zum
Beispiel scheiden Lehrpersonen im Schnitt zehn Jahre vor dem regulären
Pensionsalter aus dem Dienst aus. In der Schweiz ist das Problem nicht minder
gravierend. In der Stadt Zürich werden jedes Jahr viele Lehrpersonen wegen ihres
Stresses IV-abhängig. Innert fünf Jahren sind so rund 400 Arbeitsjahre verloren
gegangen, und der Invalidenversicherung sind Kosten in Millionenhöhe
entstanden.
Kommentar von Daniel Schneebeli, Tages Anzeiger, 14.6.
Natürlich gibt es in
anderen Berufen auch Burn-out, wir kennen sie aus Bundesbern: Natalie Rickli,
Yvan Perrin, Rolf Schweiger. Doch Lehrer sind weit überdurchschnittlich
betroffen. Der Lieblingsgrund, den Lehrpersonen angeben, ist die Belastung
durch Schulreformen: neue Unterrichtsformen, Kooperation mit anderen Lehrern,
mehr Zusammenarbeit mit den Eltern, Integration von schwierigen Schülern. Doch
der Lehrerberuf war schon vor allen Reformen ein Verschleissjob. Wer mit
Kindern oder – noch anstrengender – mit Teenagern arbeitet, weiss: Jeden Morgen
muss man die Zügel vor der Klasse neu in die Hände nehmen, eine Anlaufzeit
hinter dem Computer gibt es nie, und am Abend kann es nach einem schlechten Tag
ganz schön weiterarbeiten im Kopf.
Nun fordern die Lehrer
tiefere Unterrichtsverpflichtungen. Diese Forderung ist verständlich und auch
gerechtfertigt. Im internationalen Vergleich müssen Schweizer Lehrer viel
unterrichten. Die Chancen, dass die Politik das nötige Geld für tiefere Pensen lockermacht,
sind gering. Doch bevor die Politiker im Ratssaal den Nein-Knopf drücken,
sollten sie bedenken: In erster Linie kommt es den Kindern zugute, wenn sie von
einer gesunden Lehrperson unterrichtet werden. Zudem ist es finanziell
interessant, wenn weniger Lehrer krankgeschrieben werden.
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