11. Juni 2014

Berner Gemeinden verlieren ihre Quarta-Klassen

Gymnasialer Unterricht im 9. Schuljahr findet im Kanton Bern nur noch an Gymnasien statt. Damit verlieren die Gemeinden die Möglichkeit, die Quarta-Klasse selbst anzubieten.




Die Gemeinden verlieren ihre Quarta-Klassen ab August 2017, Bild: Adrian Moser

Die Gemeinden verlieren die Quarta, Bund, 11.6. von Dölf Barben
Es sei bloss noch «der letzte Schritt der Umsetzung»: So bezeichnete SVP-Grossrat Fritz Wyss (Wengi) das, was der Grosse Rat gestern Nachmittag zu beschliessen hatte. Auf der Traktandenliste standen vier Änderungen von Gesetzen und Dekreten, die im Zusammenhang stehen mit dem im letzten November beschlossenen Sparprogramm ASP 2014 (Angebots- und Strukturüberprüfung). Weil die Änderungen nur «die logische Folge der ASP-Massnahmen» seien – so sagte es Jakob Etter (BDP, Treiten) –, gab es gestern darum keine grossen Diskussionen mehr.
Am folgenreichsten ist die Anpassung des Mittelschulgesetzes: Im deutschsprachigen Teil des Kantons Bern wird der gymnasiale Unterricht im 9. Schuljahr folglich nur noch an Gymnasien angeboten. Das heisst: Die Gemeinden, welche diesen Unterricht bisher noch im Sortiment hatten, werden ihn ab August 2017 an die Gymnasien abtreten müssen. Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne) sprach vor dem Grossen Rat von einem Flickenteppich, wie er sich im Kanton Bern bis heute präsentiere. Er sagte, mit dieser ASP-Massnahme sei eine Chance ergriffen worden, um ein bildungspolitisches Problem zu lösen und die Qualität der gymnasialen Ausbildung zu erhöhen.
Im Gegenzug – und das ist der eigentliche Spareffekt im Umfang von über fünf Millionen Franken – werden Lektionen gekürzt. Einer der Hauptvorteile der Änderung sieht Pulver darin, dass künftig nicht mehr über 90 Prozent der Tertia-Klassen neu zusammengestellt werden müssen. Dies ist heute nötig, weil jedes Jahr die Schülerinnen und Schüler der zahlreichen Quarta-Klassen aus den Gemeinden in die Gymnasien eingegliedert werden. Nach wie vor wird es möglich sein, dass Schülerinnen und Schüler erst nach dem 9. Volksschuljahr in einen gymnasialen Bildungsgang eintreten. Dieser dauert für sie dann aber vier Jahre.
1000 verlieren ihre Zuschüsse
Der Grosse Rat hat gestern des Weiteren Änderungen vorgenommen am Sozialhilfegesetz, am Gesetz über die Inkassohilfe und die Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen sowie am Dekret über die Wassernutzungsabgaben.
Umstritten war die Streichung von Zuschüssen für Minderbemittelte und somit die Änderung des Sozialhilfegesetzes. Schliesslich aber brachte Ueli Studer (SVP, Niederscherli) sogar seinen Antrag knapp durch, wonach die nötige Änderung bereits auf Anfang 2015 und nicht erst auf 2016 in Kraft gesetzt wird; der definitive Entscheid fällt in der zweiten Lesung im September. Kanton und Gemeinden sparen damit je rund anderthalb Millionen Franken. Das Dekret hat gemäss Antrag des Regierungsrats keine grosse Bedeutung mehr; derzeit profitieren noch rund 1000 Personen von solchen Zuschüssen. Wer nun in eine schwierige Situation geraten sollte, hat die Möglichkeit, Sozialhilfe zu beantragen oder bei Organisationen wie Pro Infirmis finanzielle Unterstützung zu beantragen.
Das ASP-Sparpaket wird seine volle Wirkung erst 2017 entfalten; es entlastet den Staatshaushalt um rund 470 Millionen Franken jährlich.

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