Herr Zemp, während der WM werden viele Schüler nach zu wenig Schlaf in die Schule kommen.
Das Schulgesetz schreibt vor, dass Schüler lernbereit und ausgeschlafen zum Unterricht zu erscheinen haben. Dafür haben die Eltern zu sorgen.
Heisst das, Eltern sollten ihren Kindern verbieten, um 22 Uhr oder 24 Uhr WM-Spiele zu schauen?
Nicht unbedingt. Eltern könnten ihre Kinder die Spiele schauen lassen, wenn diese sich davor am Nachmittag oder Abend aufs Ohr legen, um an nächsten Tag fit zu sein. Oder die Eltern zeichnen die Spiele für ihre fussballinteressierten Kinder auf, damit sie sich den Match am nächsten Tag ansehen können.
Der Schulbetrieb muss also ohne Rücksicht auf die spezielle Situation während der WM weiterlaufen?
Das bleibt den einzelnen Lehrern überlassen. Ich persönlich würde in der ersten Stunde an einem Tag nach einem Spiel der Schweizer Nati keine Prüfung ansetzen. Schülern rate ich, das Gespräch mit ihren Lehrern zu
suchen, um diese Situation zu vermeiden.
Was tun mit müden Schülern? Bild: Murad Sezer
Lehrer sollen an der WM müde Schüler schonen, 20 Minuten, 13.3. von Marco Lüssi
Wenn am 12. Juni in Brasilien die
Fussball-Weltmeisterschaft beginnt, werden die Schweizer später zu Bett gehen
als üblich: Je nach Spielort beträgt die Zeitverschiebung fünf oder sechs
Stunden, zahlreiche Matchs werden erst um 22 oder 24 Uhr Schweizer Zeit
angepfiffen.
Wer nichts verpassen will, kann also kaum vor
Mitternacht beziehungsweise 2 Uhr morgens schlafen gehen. Betroffen vom späten
Beginn sind auch die Fans der Schweizer Nationalmannschaft: Anstoss für das
dritte Gruppenspiel der Nati gegen Honduras in Manaus ist um 22 Uhr Schweizer
Zeit. Und der Knüller England gegen Italien startet erst zur Geisterstunde.
Verschiebung des Schulbeginns ist kein Thema
Tausende Schweizer Schüler werden sich die
Spiele trotz des späten Anpfiffs nicht entgehen lassen wollen. Doch sie müssen
am nächsten Tag trotzdem pünktlich hinter der Schulbank sitzen – um 7.30 Uhr
oder teilweise noch früher. Der Schlafmangel wird vielen Schülern Mühe
bereiten: Laut einer Studie der Universität Heidelberg haben pubertierende
Jugendliche besonders grosse Schwierigkeiten, am Morgen aufzustehen, wenn sich
kurzfristig ihre Schlafgewohnheiten ändern.
Der Schaffhauser Regierungspräsident Christian
Amsler (FDP), Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz der Deutschschweiz,
sagt jedoch: «Auch ein sportliches Grossereignis darf nichts daran ändern, dass
der Schulbetrieb in seiner normalen Form weiterläuft. Es gilt der Grundsatz:
Unterricht findet statt.» Eine Verschiebung des Schulbeginns, damit die Schüler
ausschlafen können, komme für ihn nicht in Frage.
Amsler stellt aber klar: «Die Lehrer dürfen
natürlich nicht ausblenden, dass die Fussball-WM die Welt in ihren Bann ziehen
wird – und damit auch ihre Schüler.» Es wäre deshalb aus seiner Sicht daneben,
wenn sie etwa am frühen Morgen nach einem Spiel der Schweizer
Nationalmannschaft eine Prüfung ansetzen würden. «Doch ich vertraue darauf,
dass unsere Lehrerinnen und Lehrer in dieser Frage das nötige
Fingerspitzengefühl und die erforderliche Flexibilität beweisen werden.»
Schüler sollen Gespräch mit Lehrern suchen
Dies stellt auch Beat W. Zemp, Präsident des
Dachverbands der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, in Aussicht. Er persönlich
würde am Morgen nach einem Spiel der Schweizer Nationalmannschaft keine Prüfung
durchführen. Den Schülern rät er, sich mit ihren Lehrern über das Thema WM zu
unterhalten.
Die Schweizer Union der Schülerorganisationen
(USO) hingegen hält spezielle Massnahmen in der Schule wegen der Fussball-WM
nicht für notwendig, wie Sprecherin Gisèle Truong sagt: «Wenn man dies tun
würde, müsste man dies auch bei anderen Sportevents machen.»
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