Eine Klasse mit
vielen Schülern ist schwierig zu führen, darüber ist man sich einig. Das Zürcher-EVP-Modell einer Maximalgrösse sei aber nicht finanzierbar, findet die
zuständige Kommission des Kantonsrats und bietet den Lehrern stattdessen ein
«Zückerchen».
Gegen starre Höchstzahl an Schülern, NZZ, 16.4. von Natalie Avanzino
Die
kantonsrätliche Kommission für Bildung und Kultur (KBIK) hat am Dienstag ihren
Gegenvorschlag zur EVP-Initiative «Mehr Qualität im Unterricht dank kleineren
Klassen» bekanntgegeben. Sie beantragt dem Kantonsrat, die durchschnittliche
Schülerzahl für die Stellenberechnung im Lehrpersonalgesetz generell um 0,2 zu
senken - dies bedeutet eine Erhöhung um rund 100 Vollzeitstellen auf die ganze
Volksschule verteilt. Der Gegenvorschlag würde jährliche Mehrkosten von 3
Millionen Franken für den Kanton und 12 Millionen Franken für die Gemeinden
generieren.
EVP sieht
Handlungsbedarf
Johannes
Zollinger, Kantonalpräsident der EVP, erachtet den Gegenvorschlag als
ungenügend und bezeichnet ihn als «minimales Entgegenkommen». Er überzeuge in
keiner Weise und setze keine echten Akzente - weder bei der Entlastung der
Lehrer noch in der Qualitätssicherung der Schule. Zollinger verweist auf den
Umstand, dass jede zweite Lehrperson bereits nach fünf Unterrichtsjahren
aufgibt (NZZ am Sonntag 6. 4. 2014); es bestehe also dringender
Handlungsbedarf. Dass junge, engagierte Lehrer nach ein paar Jahren ein Burnout
hätten, weil sie den Anforderungen nicht gewachsen sind, die eine grosse Klasse
an sie stellt, könne doch nicht die Regel sein. «Hinter einer grossen Klasse
stehen ja auch entsprechend viele Eltern, die mit ihren Ansprüchen an die
Lehrperson gelangen», führt Zollinger aus.
Die EVP
fordert mit ihrer Klassengrössen-Initiative ein Maximum von 20 Schülerinnen und
Schülern pro Klasse. «Wenn diese Richtzahl überschritten wird, muss genauer
hingeschaut werden», betont der EVP-Präsident. Heute gilt eine Obergrenze von
25 Kindern. Vorübergehend dürfen aber bis zu 28 Schülerinnen und Schüler in
einer Klasse sein, ohne dass Massnahmen - wie etwa eine Klassenteilung -
ergriffen werden müssen. Die EVP bedauert, dass die Kommission nicht nach einer
echten Alternative gesucht habe, welche diesen Namen verdiene. «Heute wird viel
mehr von der Schule gefordert, also braucht sie auch entsprechende Ressourcen»,
sagt Zollinger. Zum weiteren Vorgehen werde sich die EVP mit dem
Initiativkomitee und den Verbänden absprechen.
Die
KBIK erachtet die Forderung der EVP nach einer «starren Höchstzahl von 20
Kindern pro Klasse klar als falschen Weg». Dies bedeute einen zusätzlichen
Bedarf von rund 1350 Lehrpersonen und jährlichen Kosten von mindestens 120
Millionen Franken, wovon die Gemeinden 80 Prozent zu tragen hätten, so die
Berechnung des Regierungsrats. Ralf Margreiter, Präsident der KBIK, sagt, es
brauche «nicht Ressourcen, wo diese wenig bringen». Die Kommission wolle nicht
mit der «Giesskanne die Gelder verteilen», sondern punktuell, um besondere
Situationen aufzufangen und dort zu löschen, wo es wirklich brennt. Das
zusätzliche Geld beziehungsweise die Stellenprozente würden in einen kantonalen
Pool fliessen, bei welchem die Schulen Mittel beantragen könnten. Zusätzliche
Kriterien zur Verteilung habe die Kommission allerdings keine definiert, sagt
Margreiter. Beispielsweise in dem Sinne, dass Kinder, die neben dem üblichen
Unterricht Unterstützung brauchen, bei der Klassenbildung speziell
berücksichtigt werden. Der Zürcher Lehrerverband (ZLV) hatte im November
gefordert, Schüler mit erhöhtem Betreuungsbedarf - etwa nach integrierter
Förderung - doppelt oder dreifach zu zählen.
Bescheidener
Gegenvorschlag
Kurt
Willi, Geschäftsleiter des ZLV, bezeichnet den Gegenvorschlag zwar als Schritt
in die richtige Richtung, aber er sei nur ein «Zückerchen». Man werde beim
Lehrerverband abwarten, was der Kantonsrat im Juni dazu befinde, und dann
entscheiden, ob man die Klassengrössen-Initiative der EVP unterstütze.
Margreiter
ist sich bewusst, dass der Gegenvorschlag in Anbetracht der Forderungen der EVP
bescheiden daherkommt. Er sei aber «schlank und zielgerichtet» und in Zeiten
kantonaler Sparaktionen finanzierbar, dies im Gegensatz zu den Forderungen der
Initianten. Er fände es deshalb sinnvoll, wenn die EVP ihr Volksbegehren
zurückziehen würde.
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