Schüler der Sekundarschule in Binningen berichten, wie sie den
Aufklärungsunterricht wahrnehmen und welch falsche Vorstellungen die Sextante
über das Sexleben der Schüler hat.
Den zwölfjährigen Schülern wurden nach der Lektion Kondome verteilt, Bild: Roland Schmid
Der Besuch der Sextante D., Basler Zeitung, 13.2. von Klasse 3s der Sekundarschule Binningen
Die Klasse 3s der
Sekundarschule Binningen hat für die BaZ einen Bericht über den heutigen
Aufklärungsunterricht verfasst. Über das Handy-Kommunikationstool WhatsApp
wurden Anregungen ausgetauscht und der Bericht wie vorliegend verabschiedet.
Zum zweiten Mal hat unsere Sekundarschule Binningen einen
Pubertätstag mit verschiedenen Workshops veranstaltet. Der Schulnachmittag war
für das Thema Aids reserviert. Die Frau, die uns angeleitet und uns alles
erklärt hat, ist uns eher negativ in Erinnerung geblieben. Wir hatten sie schon
mal das Jahr zuvor bei uns gehabt. Damals erklärte sie uns das Thema
Selbstbefriedigung und sagte uns, dass dies ein tolles Erlebnis wäre und wir
das tun sollten. Dies fanden wir doch recht speziell, weil das Thema
Selbstbefriedigung für uns als teilweise Zwölfjährige schlicht kein Thema war.
Wir waren vielmehr sehr geschockt, dass uns jemand zu so etwas aufforderte. Was
uns ebenfalls damals sehr speziell vorkam, war, als sie uns erklärte, dass sie
Gleitgel als Handcreme benutzen würde.
Dem Besuch der Sextante ging ein «Beziehungsmorgen» voraus, an welchem
Filme von Menschen gezeigt wurden, die in Liebesbeziehungen stehen. Nach einem
Film über Homosexualität entstand in der Klasse die Diskussion, ob das normal
sei. Die Lehrerin schwor uns darauf ein, dass dies das Normalste der Welt sei.
Mit dem Argument, Schnecken seien bi-sexuell, begründete sie dies. Wir fanden,
dieses Verhalten komme nur innerhalb bestimmter Gattungen vor. Bei anderen
Tierarten sei Homosexualität auch kein normales Verhalten. Wir betonen an
dieser Stelle, dass wir nichts gegen Homosexualität haben. Aber die Diskussion
in der Schule wurde darauf schnell abgewürgt.
Make-Up war lächerlich
Am Nachmittag begrüsste uns die Sextante zuerst und stellte sich
mit Vornamen D. und ihren Arbeitspartner vor. Dann sagte sie – weil
offensichtlich einige gehemmt waren – wir müssten bei manchen vulgären
Begriffen einfach so reden, «wie uns der Schnabel gewachsen sei».
Frau D. hatte einen langen, schwarzen Jupe an mit Strumpfhosen,
einen schwarzen Pullover mit einem roten Schal und Schuhen mit Absätzen, weil
sie nicht die Grösste ist. Ihre schwarzen Haare waren zu einem Pony vorne zur
Seite aufgestellt. Sie war sehr stark geschminkt, sodass sie uns ein wenig
lächerlich vorkam, zumal sie ein gewisses Alter hatte. Sie erzählte uns, dass
sie ausser dieser Arbeit an verschiedenen Schulen auch noch Krankenschwester
und Bewährungshelferin sei.
Analverkehr erklären
Erst mussten wir «Sex-Tabu» spielen, welches wie ein
herkömmliches im Handel erhältliches «Tabu» funktioniert, aber nun nur mit Sexbegriffen
wie Oralverkehr, Schwangerschaft, Quickie, Analverkehr und so weiter. Manche
von uns hatten Probleme mit einigen Begriffen oder wollten sie aus Scham nicht
erklären. Sie mussten es dann aber trotzdem tun. Die Begriffe waren zum Teil
oft nicht einfach zu erklären, wenn man sich nicht traut, manche Wörter vor
seinen Klassenkameraden und -kameradinnen zu sagen.
Bevor wir uns in geschlechtergetrennte Gruppen aufteilen
mussten, schalt sie uns, wir seien eine undisziplinierte, unerzogene und laute
Klasse. Letztes Jahr hatten wir Kondome von ihr bekommen, diesmal drohte sie,
sie würde es sich überlegen, ob sie uns wieder bestücken würde.
«Pfupf in der
Beziehung verloren»
Die Jungs aus der Klasse sollten mit ihrem Arbeitspartner in
einen anderen Raum gehen. Wir blieben mit ihr in dem Zimmer. Jetzt gab es eine
Vorstellungsrunde, in der jede sagen musste, wie sie heisst, wie alt sie ist
und ob sie in dem Moment verliebt sei, was natürlich keines der Mädchen
zugeben wollte, ausser diejenigen, die eine Beziehung führen. In Wahrheit führt
höchstens ein Mädchen eine Beziehung. Wir fanden das zu privat, ihr mitzuteilen,
ob wir verliebt seien, da wir das auch meistens verheimlichen und nicht mal den
guten Freunden erzählen würden.
Wir alle hatten das Gefühl, dass sie davon ausging, dass wir
Mädchen sexuell aktiv seien. Sie erzählte uns auch, dass sie am liebsten
Penisse mit grossem Durchmesser als lange Schwänze hätte. «Es kommt auf die
Dicke an, nicht auf die Länge», erklärte sie uns. Am Schluss berichtete sie von
sich, sie heisse D, sei 53 und hätte einen Ehemann. Aber sie erklärte uns
wörtlich, dass bei der Liebe nach so vielen Jahren «kein Pfupf mehr vorhanden
sei». Man habe sich aneinander gewöhnt.
Doch noch Kondome zum
Schluss
Schliesslich erklärte sie uns mithilfe eines gezeichneten
Regenschirms, was HIV und was Aids ist. Sie sagte uns, wie es ist, wenn man
HIV-positiv ist, und was man dagegen machen kann, wie man sich nicht ansteckt.
Sie erklärte, welche Körperflüssigkeiten das Virus übertragen können. Anhand
eines Beispiels erklärte uns die Sextante, dass wir uns nicht mit jedem
sexuell beschäftigen sollten. Mehrfach gebrauchte sie das stereotype Beispiel
eines schönen, blonden Jungen mit den blauen Augen, den wir an einem
Schulhausfest kennenlernen würden und in den wir alle schon lange verliebt
seien und sexuell aktiv würden.
Sie erklärte uns detailreich, wie Doggy Style geht, und wie man
mit der Hand nachhelfen muss, um einen stärkeren Orgasmus zu bekommen. Schon
kleine Mädchen würden den Kitzler berühren und feststellen, wie toll das sei,
und sich dann auf den Kissen reiben, um einen Orgasmus zu kriegen. Schliesslich
zeigte sie uns anhand von gezeichneten Bildern, bei welchen verschiedenen Tätigkeiten
und Sex-Stellungen man sich anstecken kann. Dies schien für uns doch recht
hilfreich.
Die Jungs hatten ein paar Minuten früher aus als wir. Da sie
nicht wussten, dass wir noch am Reden sind, kamen einer leise in das Zimmer.
Frau D. wurde darüber sehr wütend und schmiss ihn raus. Das sollte für den
ahnungslosen Jungen noch Folgen haben: Frau D. beschwerte sich beim Lehrer.
Gegen Ende des Sextanten-Schulbesuchs hatten wir einen Rückmeldungsbogen
auszufüllen. Am Schluss der drei Lektionen Aidsberatung haben wir trotz der
Drohung doch noch Kondome bekommen.
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