21. Februar 2014

Gymi: Protest gegen Streichung der Vornoten

In drei Wochen sind wieder Gymiprüfungen, Tausende von Kindern sind nervös und ihre Eltern ebenso. Jene Kandidatinnen und Kandidaten, die es nach der 2. oder 3. Sekundarklasse versuchen, haben Glück: Ihnen werden die Noten aus der Sekundarschule noch zur Hälfte angerechnet, allerdings zum letzten Mal. Im Frühling 2015 zählt dann beim Kurzgymnasium nur noch die Leistung aus den Aufnahmeprüfungen in Deutsch, Mathematik und Französisch. So will es der Regierungsrat. Er begründet die Änderung mit den unterschiedlichen Sekundarschulmodellen im Kanton. Die Noten sind kaum mehr vergleichbar. Zudem will der Regierungsrat neu auch Schülerinnen und Schüler aus der Sekundarschule B zur Gymiprüfung zulassen. Ihre Noten sind mit den Noten eines Sek-A-Schülers schon gar nicht zu vergleichen. Bildungsdirektorin Regine Aeppli (SP) hat bisher stets betont, sie wolle den Zugang zum Gymi nicht erschweren, sondern lediglich gerechter machen. Deshalb wird der Schnitt, welcher für eine Aufnahme ins Gymi reicht, im nächsten Jahr um eine Viertelnote herabgesetzt.





Erfahrungsnoten sollen nicht mehr zählen, Bild: Keystone

Gymi: Protest gegen Streichung der Vornoten, Tages Anzeiger, 21.2. von Daniel Schneebeli

Gestern ist gegen die Streichung der Vornoten erstmals prominenter Widerstand bekannt geworden. Die Mehrheit der Bildungskommission im Kantonsrat befürchtet, dass es so vermehrt zu Fehlzuteilungen kommen könnte, wie es in einer Protestnote an den Regierungsrat heisst.
Kommissionspräsident Ralf Margreiter (Grüne) kann nicht verstehen, dass man die Einschätzung der Seklehrer, welche die Kandidaten täglich unterrichten, nicht mehr berücksichtigt: «Als Lehrer würde mich dies massiv stören.» Kinder mit Prüfungsangst werden nach Ansicht Margreiters benachteiligt. Auf der anderen Seite sieht er jene noch mehr im Vorteil, welche Drillkurse im Lernstudio besuchen konnten. Das sei durch eine Längsschnittstudie des Zürcher Bildungsforschers Urs Moser belegt. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind ins Gymnasium kommt, um 9 Prozent erhöht, wenn es vor der Prüfung in Vorbereitungskursen war. Dieser Anteil werde noch steigen, wenn die Vornoten wegfallen würden.
Dies bestätigt auch Bildungsforscher Moser. Er unterstützt darum Ralf Margreiter: «Für mich ist die Abschaffung der Vornoten problematisch.» Moser kann zwar verstehen, dass man die Vornoten aus der Sekundarschule nicht mehr anrechnen kann wie früher, wenn auch Sek B-Schüler zur Prüfung zugelassen sind. Er schlägt aber ein Verfahren vor, in welchem die Sekundarlehrer eine Empfehlung abgeben. Etwa: «unbedingt empfohlen», «bedingt empfohlen», oder «nicht empfohlen». Aus wissenschaftlicher Sicht warnt Urs Moser vor der Streichung der Vornoten: «Das erhöht die Chancengerechtigkeit sicher nicht.»
Abschaffung der Prüfung?
Als «gerechte» Lösung schlägt Bildungspolitiker Margreiter die gänzliche Abschaffung der Aufnahmeprüfung vor. Ein Vorschlag, den sein Parteikollege Res Marti bereits in Form einer parlamentarischen Initiative im Kantonsrat eingebracht hat. Für den Übertritt ins Gymi wäre demnach das Urteil des Sekundarlehrers entscheidend. Diesen Vorschlag findet Moser zu radikal: «So würde der Druck auf die Lehrpersonen zu gross.» Im Kanton Bern, wo die Aufnahmeprüfungen abgeschafft wurden, habe man dieses Jahr wieder eine Kontrollprüfung für Streitfälle eingeführt.
Der Protest der Bildungskommission wird voraussichtlich keine Wirkung haben, da der Regierungsrat allein für das Aufnahmeverfahren zuständig ist.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen