In drei Wochen sind
wieder Gymiprüfungen, Tausende von Kindern sind nervös und ihre Eltern ebenso.
Jene Kandidatinnen und Kandidaten, die es nach der 2. oder 3. Sekundarklasse
versuchen, haben Glück: Ihnen werden die Noten aus der Sekundarschule noch zur
Hälfte angerechnet, allerdings zum letzten Mal. Im Frühling 2015 zählt dann
beim Kurzgymnasium nur noch die Leistung aus den Aufnahmeprüfungen in Deutsch,
Mathematik und Französisch. So will es der Regierungsrat. Er begründet die
Änderung mit den unterschiedlichen Sekundarschulmodellen im Kanton. Die Noten
sind kaum mehr vergleichbar. Zudem will der Regierungsrat neu auch Schülerinnen
und Schüler aus der Sekundarschule B zur Gymiprüfung zulassen. Ihre Noten sind
mit den Noten eines Sek-A-Schülers schon gar nicht zu vergleichen.
Bildungsdirektorin Regine Aeppli (SP) hat bisher stets betont, sie wolle den
Zugang zum Gymi nicht erschweren, sondern lediglich gerechter machen. Deshalb
wird der Schnitt, welcher für eine Aufnahme ins Gymi reicht, im nächsten Jahr um
eine Viertelnote herabgesetzt.
Erfahrungsnoten sollen nicht mehr zählen, Bild: Keystone
Gymi: Protest gegen Streichung der Vornoten, Tages Anzeiger, 21.2. von Daniel Schneebeli
Gestern ist gegen die
Streichung der Vornoten erstmals prominenter Widerstand bekannt geworden. Die
Mehrheit der Bildungskommission im Kantonsrat befürchtet, dass es so vermehrt
zu Fehlzuteilungen kommen könnte, wie es in einer Protestnote an den Regierungsrat
heisst.
Kommissionspräsident Ralf
Margreiter (Grüne) kann nicht verstehen, dass man die Einschätzung der
Seklehrer, welche die Kandidaten täglich unterrichten, nicht mehr
berücksichtigt: «Als Lehrer würde mich dies massiv stören.» Kinder mit
Prüfungsangst werden nach Ansicht Margreiters benachteiligt. Auf der anderen
Seite sieht er jene noch mehr im Vorteil, welche Drillkurse im Lernstudio
besuchen konnten. Das sei durch eine Längsschnittstudie des Zürcher
Bildungsforschers Urs Moser belegt. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit, dass
ein Kind ins Gymnasium kommt, um 9 Prozent erhöht, wenn es vor der Prüfung in
Vorbereitungskursen war. Dieser Anteil werde noch steigen, wenn die Vornoten
wegfallen würden.
Dies bestätigt auch
Bildungsforscher Moser. Er unterstützt darum Ralf Margreiter: «Für mich ist die
Abschaffung der Vornoten problematisch.» Moser kann zwar verstehen, dass man
die Vornoten aus der Sekundarschule nicht mehr anrechnen kann wie früher, wenn
auch Sek B-Schüler zur Prüfung zugelassen sind. Er schlägt aber ein Verfahren
vor, in welchem die Sekundarlehrer eine Empfehlung abgeben. Etwa: «unbedingt
empfohlen», «bedingt empfohlen», oder «nicht empfohlen». Aus wissenschaftlicher
Sicht warnt Urs Moser vor der Streichung der Vornoten: «Das erhöht die Chancengerechtigkeit
sicher nicht.»
Abschaffung der
Prüfung?
Als «gerechte» Lösung schlägt
Bildungspolitiker Margreiter die gänzliche Abschaffung der Aufnahmeprüfung vor.
Ein Vorschlag, den sein Parteikollege Res Marti bereits in Form einer
parlamentarischen Initiative im Kantonsrat eingebracht hat. Für den Übertritt
ins Gymi wäre demnach das Urteil des Sekundarlehrers entscheidend. Diesen
Vorschlag findet Moser zu radikal: «So würde der Druck auf die Lehrpersonen zu
gross.» Im Kanton Bern, wo die Aufnahmeprüfungen abgeschafft wurden, habe man
dieses Jahr wieder eine Kontrollprüfung für Streitfälle eingeführt.
Der Protest der
Bildungskommission wird voraussichtlich keine Wirkung haben, da der
Regierungsrat allein für das Aufnahmeverfahren zuständig ist.
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