11. Januar 2014

Kopftücher vor Bundesgericht?

Mehrere Vorstösse aus dem St. Galler Kantonsrat beschäftigen sich mit der Frage, ob das Tragen von Kopftüchern in St. Galler Schulen verboten werden kann. Doch ein entgültiger Entscheid wird wohl erst das Bundesgericht fällen. Dazu könnte es bald kommen.



In St. Margrethen ist das Kopftuch vorläufig noch erlaubt, Bild: Jockel Finck

St. Galler Präzedenzfall, St. Galler Tagblatt, 11.1. von Andreas Kneubühler



Mehrere Vorstösse aus dem St.Galler Kantonsrat beschäftigen sich mit der Frage, ob das Tragen von Kopftüchern in St.Galler Schulen verboten werden kann. Vor der Beratung im Kantonsrat könnten allerdings weitere Entscheide in dieser heiklen Frage gefällt werden: an der Urne, vom Bildungsdepartement und vielleicht auch noch vom St.Galler Verwaltungsgericht. Alle diese Instanzen dürften allerdings bloss vorläufige Entscheide fällen. Das letzte Wort dazu wird voraussichtlich das Bundesgericht haben, das irgendwann in einem Präzedenzfall die Weichen stellen wird. Dieser Fall könnte aus dem Kanton St.Gallen stammen.
Fall in St. Margrethen
Bereits auf dem Weg durch die Instanzen ist ein Verfahren aus St. Margrethen (Ausgabe vom 20.11.2013). Es geht um ein Mädchen, das nach den Sommerferien 2013 mit Kopftuch in die Schule kam. Aufgrund einer Empfehlung des St.Galler Erziehungsrats gibt es in vielen Schulgemeinden im Unterricht ein Kopfbedeckungsverbot. So auch in St. Margrethen. Gegen die Verfügung, dass die Schülerin ohne Kopftuch die Schule besuchen muss, läuft seit dem 12. August ein Rekurs, der vom Bildungsdepartement noch nicht entschieden wurde. Das sei lange, sagt der Rechtsvertreter des Mädchens und vermutet, «dass der Fall auf die lange Bank geschoben wird».
Beschwerde ist entschieden
Abgeschlossen ist allerdings ein zweites Verfahren im selben Fall: In einem am 25. September eingereichten Gesuch wurde verlangt, dass das Mädchen zumindest bis zum Entscheid im Hauptverfahren den Unterricht mit Kopftuch besuchen dürfe. Das Bildungsdepartement lehnte dies am 30. September ab. Dagegen wurde vor dem St.Galler Verwaltungsgericht eine Beschwerde erhoben, die bereits entschieden ist.
Im Urteil vom 7. November wird festgehalten, dass es sich beim Kopftuchverbot «um einen (schweren) Eingriff in die Glaubens- und Gewissensfreiheit» handle. Die Situation sei für das erst zwölf Jahre alte Mädchen fraglos sehr belastend. Der Gerichtspräsident befand, der Schulrat von St. Margrethen habe nicht dargelegt, inwiefern das Tragen eines Kopftuchs den geordneten Schulalltag tatsächlich störe, und hiess die Beschwerde gut. Damit darf das Mädchen vorläufig mit Kopftuch den Unterricht besuchen.
Die entscheidende Frage, ob die Schulordnung eine ausreichende Grundlage für den Eingriff in die Glaubensfreiheit darstellt, wird dann allerdings erst im Hauptverfahren geklärt.
Urnengang in Au-Heerbrugg
Ebenfalls vor Gericht landen könnte ein ähnlicher Fall in der Schulgemeinde Au-Heerbrugg, über den im Juni breit berichtet worden war. Damals hatte der Schulrat in der Schulordnung den Passus mit dem Kopfbedeckungsverbot aufgehoben. Gegen die Änderung der Schulordnung ergriff die SVP-Ortspartei erfolgreich das Referendum. Am 9. Februar kommt es deshalb zu einem Urnengang über das Kopftuchverbot. Er sei überzeugt, dass diese Frage in einem Gesetz auf Kantons- oder Bundesebene geregelt werden müsste, kommentiert Schulratspräsident Walter Portmann. Auch ein Rechtsgutachten sei zu diesem Schluss gekommen, ergänzt er.
Portmann erwartet, dass ein Urnenentscheid für ein Kopftuchverbot vor Gericht angefochten und dann der Fall aus seiner Schulgemeinde durch alle Instanzen bis vor das Bundesgericht gezogen würde.

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