In St. Margrethen ist das Kopftuch vorläufig noch erlaubt, Bild: Jockel Finck
St. Galler Präzedenzfall, St. Galler Tagblatt, 11.1. von Andreas Kneubühler
Mehrere Vorstösse aus dem St.Galler Kantonsrat
beschäftigen sich mit der Frage, ob das Tragen von Kopftüchern in St.Galler
Schulen verboten werden kann. Vor der Beratung im Kantonsrat könnten allerdings
weitere Entscheide in dieser heiklen Frage gefällt werden: an der Urne, vom Bildungsdepartement
und vielleicht auch noch vom St.Galler Verwaltungsgericht. Alle diese Instanzen
dürften allerdings bloss vorläufige Entscheide fällen. Das letzte Wort dazu
wird voraussichtlich das Bundesgericht haben, das irgendwann in einem
Präzedenzfall die Weichen stellen wird. Dieser Fall könnte aus dem Kanton
St.Gallen stammen.
Fall in St. Margrethen
Bereits auf dem Weg durch die Instanzen ist ein
Verfahren aus St. Margrethen (Ausgabe vom 20.11.2013). Es geht um ein Mädchen,
das nach den Sommerferien 2013 mit Kopftuch in die Schule kam. Aufgrund einer
Empfehlung des St.Galler Erziehungsrats gibt es in vielen Schulgemeinden im
Unterricht ein Kopfbedeckungsverbot. So auch in St. Margrethen. Gegen die
Verfügung, dass die Schülerin ohne Kopftuch die Schule besuchen muss, läuft
seit dem 12. August ein Rekurs, der vom Bildungsdepartement noch nicht
entschieden wurde. Das sei lange, sagt der Rechtsvertreter des Mädchens und
vermutet, «dass der Fall auf die lange Bank geschoben wird».
Beschwerde ist entschieden
Abgeschlossen ist allerdings ein zweites Verfahren
im selben Fall: In einem am 25. September eingereichten Gesuch wurde verlangt,
dass das Mädchen zumindest bis zum Entscheid im Hauptverfahren den Unterricht
mit Kopftuch besuchen dürfe. Das Bildungsdepartement lehnte dies am 30.
September ab. Dagegen wurde vor dem St.Galler Verwaltungsgericht eine
Beschwerde erhoben, die bereits entschieden ist.
Im Urteil vom 7. November wird festgehalten, dass
es sich beim Kopftuchverbot «um einen (schweren) Eingriff in die Glaubens- und
Gewissensfreiheit» handle. Die Situation sei für das erst zwölf Jahre alte
Mädchen fraglos sehr belastend. Der Gerichtspräsident befand, der Schulrat von
St. Margrethen habe nicht dargelegt, inwiefern das Tragen eines Kopftuchs den
geordneten Schulalltag tatsächlich störe, und hiess die Beschwerde gut. Damit
darf das Mädchen vorläufig mit Kopftuch den Unterricht besuchen.
Die entscheidende Frage, ob die Schulordnung eine
ausreichende Grundlage für den Eingriff in die Glaubensfreiheit darstellt, wird
dann allerdings erst im Hauptverfahren geklärt.
Urnengang in Au-Heerbrugg
Ebenfalls vor Gericht landen könnte ein ähnlicher
Fall in der Schulgemeinde Au-Heerbrugg, über den im Juni breit berichtet worden
war. Damals hatte der Schulrat in der Schulordnung den Passus mit dem
Kopfbedeckungsverbot aufgehoben. Gegen die Änderung der Schulordnung ergriff
die SVP-Ortspartei erfolgreich das Referendum. Am 9. Februar kommt es deshalb
zu einem Urnengang über das Kopftuchverbot. Er sei überzeugt, dass diese Frage
in einem Gesetz auf Kantons- oder Bundesebene geregelt werden müsste,
kommentiert Schulratspräsident Walter Portmann. Auch ein Rechtsgutachten sei zu
diesem Schluss gekommen, ergänzt er.
Portmann erwartet, dass ein Urnenentscheid für ein
Kopftuchverbot vor Gericht angefochten und dann der Fall aus seiner
Schulgemeinde durch alle Instanzen bis vor das Bundesgericht gezogen würde.
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