Die Harmos-Vorlage enthielt keine Hinweise auf künftige Bauvorhaben, Bild: Keystone
Harmos kostet eine halbe Milliarde, Basler Zeitung, 11.1. von Thomas Dähler
Zwar dürfte der Umbau der
Sekundarschule Hinterzweien im Muttenz nächste Woche im Baselbieter Landrat nur
ein Routinegeschäft sein, denn die 9 Millionen Franken Baukosten dürften kaum
bestritten werden. Doch die Routinegeschäfte dieser Art häufen sich. Wer alle
Schulhaus-Bauprojekte im Baselbiet, die mit dem Beitritt zum Harmos-Konkordat
begründet werden, zusammenzählt, kommt auf eine Riesensumme: Harmos hat im Baselbiet Baukosten
von rund einer halben Milliarde Franken ausgelöst. Doch davon stand in der
Abstimmungsbotschaft zum Beitritt zum Harmos-Konkordat, den das Volk am 26.
September 2010 beschlossen hat, kein Wort.
196,35 Millionen Franken sind im kantonalen Investitionsprogramm
für die Jahre 2014 bis 2023 für Neubauten, Umbauten und Instandsetzungsarbeiten
für die Sekundarschulen vorgesehen. Begründet werden die Arbeiten mit einem
baulichen Sanierungsbedarf, mit mehr Raumbedürfnissen für die Umsetzung des
modernen Lehrplans sowie mit der Integration der ehemaligen Realschule (Niveau
A) in die Sekundarschule. In den elf Baselbieter Gemeinden, die grössere
Schulhaus-Projekte bekannt gemacht haben, stehen für den Um- und Neubau der
Primarschulhäuser Investitionskosten von zusammengezählt weiteren 287 Millionen
Franken an. Dazu dürften geringere Beträge für bauliche Anpassungen in den 75
übrigen Gemeinden kommen. Auslöser für die baulichen Massnahmen sind in den
Gemeinden – so begründen sie es – die durch Harmos verursachte Übernahme der 6.
Primarklassen sowie die moderneren Unterrichtsformen, die mit dem neuen
Lehrplan postuliert werden.
Gesamtschülerzahl
unverändert
Dass die 6. Klassen neu Primarschulklassen werden und dass die
drei Sekundarschulniveaus A, E und P unter einem Dach unterrichtet werden
sollen, ändert allerdings nichts an der Gesamtschülerzahl. Diese sinkt zurzeit
sogar, dürfte allerdings in den nächsten Jahren wieder ansteigen. Das Fazit
ist: Ohnen einen einzigen Schüler mehr wird im Baselbiet eine halbe Milliarde
Franken in Schulhausbauten investiert.
Dass die Bauvorhaben wegen des Konkordatsbeitritts nötig werden,
ist jedoch nur teilweise richtig. Zwar verlangt das Harmos-Konkordat für die
beigetretenen Kantone verbindlich zwei Kindergartenjahre und sechs
Primarschuljahre. Dass Primar- und Sekundarschulen aber räumlich getrennt
werden müssen, ist eine Erfindung des Kantons Baselland. Andere Harmos-Kantone
gehen diesbezüglich auch andere Wege. Im Kanton Bern etwa führen zahlreiche
Gemeinden die Primar- und Sekundarschulen unter dem gleichen Dach. Sogar die
Zusammenführung einer 6. Primarklasse und einer 7. Sekundarschulklasse Niveau A
in ein- und demselben Klassenverband ist im Kanton Bern erlaubt.
Ein
Jahr mehr bis zur Matur
Doch nicht nur dies: In der Konkordats-Vereinbarung, die damals
Teil der Abstimmungsvorlage war, steht sogar, dass der Übergang ins Gymnasium
«in der Regel» nach zehn Schuljahren (inklusive zwei Jahre Kindergarten)
erfolgt. Entgegen der Harmos-Regelung hat der Kanton Baselland aber – als
Ausnahme von der Regel – den Übertritt nach dem 11. Schuljahr angesetzt und die
Zeit bis zur Maturitätsreife von heute 14,5 Jahren auf 15 verlängert statt auf
14 verkürzt. Auch dieser Entscheid verursacht Mehrkosten: Gemäss den damaligen
Abstimmungsunterlagen kostet dies jährlich 3,8 Millionen Franken mehr statt 3,8
Millionen weniger. Hätte sich Baselland beim Gymnasiumsübertritt dem Regelfall
des Harmos-Konkordats angeschlossen, wäre die Schülerzahl insgesamt sogar
sinkend – und entsprechend auch die Zahl der nötigen Schulhaus-Bauprojekte.
In der Abstimmungsvorlage vom 26. September 2010 wurde lediglich
aufgeführt, dass die Weiterbildung der Lehrkräfte sowie die Besitzstandwahrung
für Lehrer, die den Schultyp wechseln, Zusatzkosten von 48,92 Millionen Franken
verursachen, abzüglich 9,5 Millionen Franken Einsparungen durch den Wechsel
des Schultyps der 6. Klasse. Baukosten für Schulhäuser waren im
Abstimmungsbüchlein kein Thema.
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