11. Januar 2014

Eine halbe Milliarde für Schulhäuser

Die Schülerzahl im Kanton Baselland sinkt leicht. Trotzdem investiert der Kanton in den nächsten Jahren eine halbe Milliarde für Schulbauten. Diese sind nötig, weil Harmos die Schultypen neu organisiert. Nachdem Basel-Stadt bereits hunderte von Millionen in die Infrastruktur hineinbuttert, fragt man sich, ob das Geld nicht besser in die Schulqualität investiert worden wäre.






Die Harmos-Vorlage enthielt keine Hinweise auf künftige Bauvorhaben, Bild: Keystone

Harmos kostet eine halbe Milliarde, Basler Zeitung, 11.1. von Thomas Dähler



Zwar dürfte der Umbau der Sekundarschule Hinterzweien im Muttenz nächste Woche im Baselbieter Landrat nur ein Routinegeschäft sein, denn die 9 Millionen Franken Baukosten dürften kaum bestritten werden. Doch die Routinegeschäfte dieser Art häufen sich. Wer alle Schulhaus-Bauprojekte im Baselbiet, die mit dem Beitritt zum Harmos-Konkordat begründet werden, zusammenzählt, kommt auf eine Riesensumme: Harmos hat im Baselbiet Baukosten von rund einer halben Milliarde Franken ausgelöst. Doch davon stand in der Abstimmungsbotschaft zum Beitritt zum Harmos-Konkordat, den das Volk am 26. September 2010 beschlossen hat, kein Wort.
196,35 Millionen Franken sind im kantonalen Investitionsprogramm für die Jahre 2014 bis 2023 für Neubauten, Umbauten und Instandsetzungsarbeiten für die Sekundarschulen vorgesehen. Begründet werden die Arbeiten mit einem baulichen Sanierungsbedarf, mit mehr Raumbedürfnissen für die Umsetzung des modernen Lehrplans sowie mit der Integration der ehemaligen Realschule (Niveau A) in die Sekundarschule. In den elf Baselbieter Gemeinden, die grössere Schulhaus-Projekte bekannt gemacht haben, stehen für den Um- und Neubau der Primarschulhäuser Investitionskosten von zusammengezählt weiteren 287 Millionen Franken an. Dazu dürften geringere Beträge für bauliche Anpassungen in den 75 übrigen Gemeinden kommen. Auslöser für die baulichen Massnahmen sind in den Gemeinden – so begründen sie es – die durch Harmos verursachte Übernahme der 6. Primarklassen sowie die moderneren Unterrichtsformen, die mit dem neuen Lehrplan postuliert werden.
Gesamtschülerzahl unverändert
Dass die 6. Klassen neu Primarschulklassen werden und dass die drei Sekundarschulniveaus A, E und P unter einem Dach unterrichtet werden sollen, ändert allerdings nichts an der Gesamtschülerzahl. Diese sinkt zurzeit sogar, dürfte allerdings in den nächsten Jahren wieder ansteigen. Das Fazit ist: Ohnen einen einzigen Schüler mehr wird im Baselbiet eine halbe Milliarde Franken in Schulhausbauten investiert.
Dass die Bauvorhaben wegen des Konkordatsbeitritts nötig werden, ist jedoch nur teilweise richtig. Zwar verlangt das Harmos-Konkordat für die beigetretenen Kantone verbindlich zwei Kindergartenjahre und sechs Primarschuljahre. Dass Primar- und Sekun­darschulen aber räumlich getrennt werden müssen, ist eine Erfindung des Kantons Baselland. Andere Harmos-Kantone gehen diesbezüglich auch andere Wege. Im Kanton Bern etwa führen zahlreiche Gemeinden die Primar- und Sekundarschulen unter dem gleichen Dach. Sogar die Zusammenführung einer 6. Primarklasse und einer 7. Sekundarschulklasse Niveau A in ein- und demselben Klassenverband ist im Kanton Bern erlaubt.
Ein Jahr mehr bis zur Matur
Doch nicht nur dies: In der Konkordats-Vereinbarung, die damals Teil der Abstimmungsvorlage war, steht sogar, dass der Übergang ins Gymnasium «in der Regel» nach zehn Schuljahren (inklusive zwei Jahre Kindergarten) erfolgt. Entgegen der Harmos-Regelung hat der Kanton Baselland aber – als Ausnahme von der Regel – den Übertritt nach dem 11. Schuljahr angesetzt und die Zeit bis zur Maturitätsreife von heute 14,5 Jahren auf 15 verlängert statt auf 14 verkürzt. Auch dieser Entscheid verursacht Mehrkosten: Gemäss den damaligen Abstimmungsunterlagen kostet dies jährlich 3,8 Millionen Franken mehr statt 3,8 Millionen weniger. Hätte sich Baselland beim Gymnasiumsübertritt dem Regelfall des Harmos-Konkordats angeschlossen, wäre die Schülerzahl insgesamt sogar sinkend – und entsprechend auch die Zahl der nötigen Schulhaus-Bauprojekte.
In der Abstimmungsvorlage vom 26. September 2010 wurde lediglich aufgeführt, dass die Weiterbildung der Lehrkräfte sowie die Besitzstandwahrung für Lehrer, die den Schultyp wechseln, Zusatzkosten von 48,92 Millionen Franken verursachen, abzüglich 9,5 Mil­lionen Franken Einsparungen durch den Wechsel des Schultyps der 6. Klasse. Baukosten für Schulhäuser waren im Abstimmungsbüchlein kein Thema.

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