22. Oktober 2013

Neues vom "Bildungswasserkopf" Basel

Es braucht mit Daniel Goepfert einen SP-Grossrat, um die Probleme der wuchernden Administration in Basel zu benennen und hartnäckig gegenüber dem Bildungsdirektor auf eine Umverteilung "von oben nach unten" zu beharren. Der von Christoph Eymann verteidigte Stellenzuwachs hat kaum einen Mehrwert für die Schulen.
In der BaZ vom ­18. Oktober schreibt der Vorsteher des Erziehungsdepartements Basel-Stadt einenBeitrag, der Entwarnung geben soll in Bezug auf den «Wasserkopf» imErziehungsdepartement. Seine Zahlen können nur von der Finanzkontrolle und der Finanzkommission des Grossen Rats Basel-Stadt beurteilt werden. Ich nehme sie als gegeben an und stelle fest, dass sich auch so ein beunruhigendes Bild der Entwicklung unserer Bildungsbürokratie ergibt. 
In den letzten vier Jahren wurden laut Regierungsrat Eymann einige Erhöhungen im Personalbestand des Erziehungsdepartements vorgenommen. In dieser Zeitspanne veränderte sich die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in unserem Kanton nur geringfügig (für das Jahr 2013 gibt es noch keine Zahlen). Ich greife drei Erhöhungen heraus: 
> 32 zusätzliche Stellen für die dezentralen Volksschulleitungen: Diese gehen auf einen Parlamentsbeschluss zurück und sind nicht zu diskutieren. Wir Grossrätinnen und Grossräte gingen aber, offensichtlich zu Unrecht, davon aus, dass ein grosser Teil der Stellen, die «unten» geschaffen wurden, «oben» eingespart würden. Zwar gab es laut Herrn Eymann bei der Volksschulleitung «auf Führungsebene ... eine Reduktion», gleichzeitig schreibt er aber, dass in der zentralen Bildungsverwaltung weitere fünf Stellen geschaffen wurden. Um ihre Stellen zu sichern, werden diese Angestellten den dezentralen Leitungen keine abschliessenden Kompetenzen geben. Und die Schulleitungen und Lehrkräfte müssen sich auf weitere Projekte aus dem Departement gefasst machen, die sie beschäftigen werden. Deren Erfolg wird in aller Regel nicht gemessen. Die simple Frage, ob die Schülerinnen und Schüler dank zahlreicher Förderprojekte nun besser Deutsch können, bleibt zum Beispiel unbeantwortet. 
> 32 zusätzliche Stellen für Logopädie und Psychomotorik: Da die Anzahl der Schülerinnen und Schüler stabil ist, stellt sich die Frage, ob die Schülerinnen und Schüler bisher mangelhaft betreut wurden. Glaubt man einigen Eltern, muss eher von einer Überbetreuung gesprochen werden. Die Idee, die Logopäden/-innen an die Schulstandorte zu schicken, führt zu einer bedeutenden Vermehrung der Stellen. 
Der Sinn der Integration in die Schulstandorte erschliesst sich mir nicht. Damit meine ich nicht die Schwierigkeiten, die auf mangelnde Räumlichkeiten und auf die Überlastung der Regellehrkräfte zurückzuführen sind. Ich denke vielmehr an die Eltern, die sich gegen das Erziehungsdepartement wehren, weil sie ihre Kinder mit einer Behinderung lieber in Klassen schicken würden, die als Ganzes auf ihre besonderen Bedürfnisse ausgerichtet sind. 
Ich denke an den Unterricht, der immer wieder dadurch unterbrochen wird, dass eine Schülerin oder ein Schüler für eine ergänzende Betreuung abgeholt wird und dabei den Unterricht verpasst, was ihn oder sie noch weiter in Rückstand bringt. Ich denke an die Unruhe in den Klassen, die zum Rangierbahnhof werden. Ich denke an die Kinder, die Ruhe und Konstanz bräuchten. Und ich denke schliesslich an den Pädagogen Hartmut von Hentig, der meinte, dass wir den Kindern nur dann gerecht werden, wenn wir auf ihre Bedürfnisse eingehen und entsprechend verschieden mit ihnen umgehen. 
Es ist mir klar, dass alle Kinder irgendwann einmal auf die harte Realität des Lebens treffen werden, dass sie sich in unserer Gesellschaft zurechtfinden und beruflich bestehen müssen. Es ist alles eine Frage des Masses. Manche brauchen während längerer Zeit einen geschützten Rahmen als andere. Wurden früher zu viele Kinder aus den Regelklassen in die Kleinklassen geschickt, haben wir nun das umgekehrte Phänomen. 
> 27 neue Stellen in der Schulpsychologie und der Berufsberatung: Eine gute Laufbahnberatung ist von grösster Bedeutung. Bisher finden nur 25% der Schulabgänger/-innen direkt eine Lehrstelle. Lässt sich das Problem mit mehr Geld und mehr Projekten lösen? Kommt nicht viel eher den Lehrkräften eine besondere Bedeutung zu? Sie sollten in ihrer Ausbildung noch besser auf diese Aufgabe vorbereitet werden. Und die Lehrkräfte, welche die Laufbahnberatung durchführen, sollten genügend Stunden in der Klasse haben, um den schwierigen Prozess der Bewerbung zu unterstützen. 
Zusammenfassend muss gesagt werden: Regierungsrat Eymann beschreibt in seinem Beitrag einen Zuwachs um 143 Stellen in den letzten vier Jahren. Das Gesamtbild der ausufernden Bildungsbürokratie stellt sich damit noch beunruhigender dar als zuvor.
Daniel Goepfert in Basler Zeitung, 22.10.

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