Unter dem Motto «Bildung
und Wirtschaft im Dialog» haben die Dachverbände der Schweizer Lehrerschaft,
LCH und SER, am Freitag zum Zweiten Bildungstag nach Bern geladen. Zur Anregung
der Diskussion war von den Lehrerverbänden ein Papier verfasst worden, dessen
vor allem zur Berufsbildungspolitik verfasste Thesen Zündstoff bergen (NZZ 6.
9. 13). Deren Inhalt ist noch nicht offizielle Verbandspolitik, deshalb kam die
Aufregung im Vorfeld - wie sie da und dort zu beobachten war - verfrüht. Man
wird sehen, was dann im angekündigten Positionspapier konkret stehen wird.
Jedenfalls zeigte sich am Bildungstag, dass es um die Harmonie zwischen «der
Schule» und «der Wirtschaft» nicht so schlecht bestellt ist und dass die
Vorstellungen der Spitzenvertreter nicht meilenweit auseinanderliegen.
Mehr Verständnis für ihren
Beruf und eine stärkere Honorierung, nicht nur pekuniär, erwarten die Lehrer
allerdings schon. An die Adresse der Arbeitgeber sagte LCH-Zentralpräsident
Beat W. Zemp: «Es würde uns guttun, wenn Sie uns nicht nur kritisieren, sondern
auch mal sagen, was die Schule alles leistet.» Und das ist in heutigen Tagen
sicherlich eine ganze Menge. Im Zentrum vieler Diskussionen stand aber die
Berufsbildung, und es herrschte weitherum fast zu grosse Einigkeit, dass es
nichts Besseres als das duale System gibt. Der Arbeitgeberpräsident Valentin
Vogt stellte in Abrede, dass das Interesse der Unternehmungen an der
Lehrlingsausbildung abnimmt. «Das System lebt, und wir pflegen das System», gab
er zu Protokoll.
Einer stärkeren Regulierung
etwa in Form einer Abgabe, die jene Firmen zu leisten hätten, die keine
Lehrlinge ausbilden, erteilten die Wirtschaftsvertreter erwartungsgemäss eine
Absage. Sei die Lehrlingsausbildung nicht mehr freiwillig, steige die Gefahr,
dass der Konsens über die duale Berufsbildung verloren gehe, sagte Rudolf
Minsch, der Chef ad interim von Economiesuisse. Auch widersprach er der von der
Lehrerschaft vorgebrachten Kritik, dass Steueroptimierungen der Unternehmen
schädlich seien für die Schule, weil der Staat immer weniger Geld für Bildung
ausgeben könne. «In der Summe wächst der Kuchen, den man verteilen kann»,
meinte Minsch dazu.
Auch im Kontext der
Auseinandersetzungen um IT-Produkte an Schulen war das Motto des Bildungstags
aktuell. Zweifellos gehören junge Menschen zu den attraktivsten Zielgruppen
kommerzieller Anliegen. Schulen können ein günstiges Einfallstor sein. Wo sind
aber nun die Grenzen von Werbung und Marketing im Klassenzimmer? Hierüber
scheinen sich die Geister zu scheiden. So wurde etwa in einer Gruppendiskussion
von Praktikern dezidiert gesagt, viele Lehrer und Schulen seien - auch aus
Budgetgründen - froh um Angebote aus der Wirtschaft. Genannt wurde das
Engagement des TCS in der Unfallprävention. Ein Versicherungsvertreter sagte, es
gebe zuhauf Anfragen von Schulen, zum Beispiel wegen Materialien. Gleichzeitig
jedoch gehen Bemühungen dahin, Schulen genau davor zu schützen. Hierzu müssten
innerhalb der Lehrerschaft die Standpunkte wohl noch genau geklärt werden.
Quelle: Näher, als man denkt, NZZ, 7.9. von Michael Schoenenberger
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