Seit Jahren versuchen Gender-Ideologen die Berufswahl von jungen Frauen zu beeinflussen. Stichworte: Mädchentag, Chancentag etc. Der Erfolg ist bescheiden. Daniela Niederberger hat sich an der Bildungsmesse in St. Gallen umgesehen.
Forscher der Universität Basel haben es jüngst
herausgefunden: Schweizer Mädchen wollen lieber Krankenschwester werden als
Elektronikerin – und die Buben verhalten sich nicht weniger traditionell. Das
ist vielen ein Dorn im Auge, besonders den Beamten in den Gleichstellungsbüros,
die seit Jahren versuchen, Mädchen für Technikberufe zu begeistern. Ihr neuster
Anlauf fand im Kanton St. Gallen an der Ostschweizer Bildungsausstellung statt.
Dort war vom 30. August bis zum 3. September das Kompetenzzentrum Integration
und Gleichstellung mit dem Stand «Typisch Frau? Typisch Mann?» vertreten.
Schon in der Einladung wird die «traditionelle
Berufswahl» der Jugendlichen beklagt, die den Fortschritt verhindere. Die
Gründe seien komplex. Sicher wollten «Teenager nicht aus der Rolle fallen».
Sich für einen «untypischen Beruf» zu entscheiden, brauche Mut. Gefordert sei
ein Umfeld, das die Kinder ermutige, die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund
zu stellen.
Auf dem Olma-Gelände wimmelt es von Jugendlichen,
ganze Klassen sind hier. Bei den Lastwagenfahrern darf man in einen Truck
sitzen: kein Mädchen. Bei den Elektroinstallateuren («Fertige dein eigenes
Verlängerungskabel an»): kein Mädchen. Beim Maschinenbau: zwei Mädchen in einem
Pulk von Buben. Die Stände der Automatiker, Förster, Logistiker und
Strassenbauer: mädchenfreie Zonen. Einzig bei den Metzgern bleiben Mädchen
stehen. Man bekommt einen Plastikschurz und darf ein Wienerli mit Blätterteig
umwickeln und mit Ei bepinseln – fast wie daheim in der Küche. Dafür wimmelt es
bei den Pflegeberufen, wo ein Spitalzimmer nachgebaut ist, von Mädchen. Buben
sind keine zu sehen.
Der Stand «Typisch Frau? Typisch Mann?» ist ein
Kartonkubus mit schwarzverhülltem Eingang. Man darf sich für einen
fünfminütigen Parcours eintragen, was Mädchen und Jungen rege tun. Brigitte
Meyer vom Gleichstellungsbüro leitet das Projekt. Sie sagt, die Jugendlichen
sollten an das Thema Geschlechterrollen herangeführt werden und erfahren, dass
diese die Berufswahl beeinflussen. «Meine Mutter wollte Ingenieurin werden»,
steht auf ihrem T-Shirt.
Ein Wirtschaftsstudent (auf seinem T-Shirt steht:
«Mein Vater wollte Kindergärtner werden») führt eine Schülerin ins Innere. Als
Erstes sind zwei Fotos zu sehen: ein staubsaugender Mann und eine Frau mit
Motorsäge. Der Student erklärt, es gehe darum, dass Frauen nicht Männerberufe
wählten und dass Männer dächten, sie müssten einen Männerberuf ausüben. «Wir
wollen das echli ändern.» Er deutet auf die Fotos und fragt, wie sie das
finde: normal, lustig, komisch? Sie nuschelt etwas.
Dann geht es zu einem Plakat, auf dem steht: «Deine
beste Kollegin sagt, sie möchte Automechanikerin werden: a) Ich werde ein
bisschen neidisch, b) ich finde das den Hammer, c) ich finde das völlig uncool,
d) jede soll den Beruf wählen, der ihr gefällt.» Der Student fragt: «Würdest du
das cool finden oder komisch?» Sie antwortet: «Ich würde lachen.» – «Warum?» –
«Kei Aanig . . . Also, ich würde es schon auch
noch cool finden . . .» –
«Also b.»
Sie selber möchte Hochbauzeichnerin werden oder Immobilienmaklerin.
Weiter vorne wieder zwei Bilder: Playmobil-Figuren – ein Mann, eine Frau – vor
dem McDonald’s und zwei Figuren mit Köfferchen vor der UBS. Was sie glaube, wer
mehr verdiene? «Die von der Bank.» – «Warum?» – «Will Banke vill verdiened.» –
«Aber die schaffen ja gleich lang, auch vom Morgen bis zum Abend», sagt der
Student. Und klärt sie auf, dass Frauen weniger verdienen als Männer. «Das ist
leider so. Es sollte ja gleich sein, findest du das auch? Das werded mer
ändere.»
Jetzt darf sie sich in einem dunklen Raum mit
Discokugel in einen Sessel setzen und chillen, mit Musik aus dem Kopfhörer.
Dazwischen werden Botschaften aus Haushalt und Berufswelt eingeblendet.
Die Realität – Mädchen sind gerne dort, wo man
helfen oder verkaufen kann, Buben dort, wo es technisch ist – entlockt Brigitte
Meyer einen Ausruf des Entsetzens. «Aber vielleicht liegt es in der Natur?
Vielleicht wollen Mädchen einfach einen weiblichen Beruf?» Das glaubt sie
nicht. Wenn sich Jugendliche mit der Lehrstellensuche befassen, seien sie in
der Pubertät und auf Identitätssuche und wollten so sein wie die Mehrheit.
Jungen und Mädchen verhielten sich in dieser Phase eher rollenkonform. Und:
«Wenn an einem Stand viele Jungen sind, gehen die Mädchen nicht hin.»
Die erwähnte Basler Untersuchung zeigt, dass Jugendliche in der Schweiz
bei der Berufswahl traditioneller sind als ihre Altersgenossen in anderen
Ländern. Das bestätigt die Resultate einer internationalen Studie: Mädchen in
Ländern mit weniger Emanzipation interessieren sich mehr für Technik. Je mehr
Gleichberechtigung im Land, desto weniger wollen Mädchen einen technischen
Beruf. Wahrscheinlich, weil sie frei sind, zu wählen, was sie wirklich wollen.
Und das ist nicht das, was den Gleichstellungsbüros vorschwebt.Quelle: Weltwoche, 5.9. von Daniela Niederberger
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