9. September 2013

Manipulierte Berufswahl

Seit Jahren versuchen Gender-Ideologen die Berufswahl von jungen Frauen zu beeinflussen. Stichworte: Mädchentag, Chancentag etc. Der Erfolg ist bescheiden. Daniela Niederberger hat sich an der Bildungsmesse in St. Gallen umgesehen.
Forscher der Universität Basel haben es jüngst herausgefunden: Schweizer Mädchen wollen lieber Krankenschwester werden als Elektronikerin – und die Buben verhalten sich nicht weniger traditionell. Das ist vielen ein Dorn im Auge, besonders den Beamten in den Gleichstellungsbüros, die seit Jahren versuchen, Mädchen für Technikberufe zu begeistern. Ihr neuster Anlauf fand im Kanton St. Gallen an der Ostschweizer Bildungsausstellung statt. Dort war vom 30. August bis zum 3. September das Kompetenzzentrum Integration und Gleichstellung mit dem Stand «Typisch Frau? Typisch Mann?» vertreten.
Schon in der Einladung wird die «traditionelle Berufswahl» der Jugendlichen beklagt, die den Fortschritt verhindere. Die Gründe seien komplex. Sicher wollten «Teenager nicht aus der Rolle fallen». Sich für einen «untypischen Beruf» zu entscheiden, brauche Mut. Gefordert sei ein Umfeld, das die Kinder ermutige, die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen.
Auf dem Olma-Gelände wimmelt es von Jugendlichen, ganze Klassen sind hier. Bei den Lastwagenfahrern darf man in einen Truck sitzen: kein Mädchen. Bei den Elektroinstallateuren («Fertige dein eigenes Verlängerungskabel an»): kein Mädchen. Beim Maschinenbau: zwei Mädchen in ­einem Pulk von Buben. Die Stände der Automatiker, Förster, Logistiker und Strassenbauer: mädchenfreie Zonen. Einzig bei den Metzgern bleiben Mädchen stehen. Man bekommt einen Plastikschurz und darf ein Wienerli mit Blätterteig umwickeln und mit Ei bepinseln – fast wie daheim in der Küche. Dafür wimmelt es bei den Pflegeberufen, wo ein Spitalzimmer nachgebaut ist, von Mädchen. Buben sind ­keine zu sehen.
Der Stand «Typisch Frau? Typisch Mann?» ist ein Kartonkubus mit schwarzverhülltem Eingang. Man darf sich für einen fünfminütigen Parcours eintragen, was Mädchen und Jungen rege tun. Brigitte Meyer vom Gleichstellungsbüro leitet das Projekt. Sie sagt, die Jugendlichen sollten an das Thema Geschlechterrollen herangeführt werden und erfahren, dass diese die Berufswahl beeinflussen. «Meine Mutter wollte Ingenieurin werden», steht auf ihrem T-Shirt.
Ein Wirtschaftsstudent (auf seinem T-Shirt steht: «Mein Vater wollte Kindergärtner werden») führt eine Schülerin ins Innere. Als Erstes sind zwei Fotos zu sehen: ein staubsaugender Mann und eine Frau mit Motorsäge. Der Student erklärt, es gehe darum, dass Frauen nicht Männerberufe wählten und dass Männer dächten, sie müssten einen Männerberuf ausüben. «Wir wollen das echli ändern.» Er deutet auf die Fotos und fragt, wie sie das finde: normal, lustig, komisch? Sie nuschelt etwas.
Dann geht es zu einem Plakat, auf dem steht: «Deine beste Kollegin sagt, sie möchte Automechanikerin werden: a) Ich werde ein bisschen neidisch, b) ich finde das den Hammer, c) ich finde das völlig uncool, d) jede soll den Beruf wählen, der ihr gefällt.» Der Student fragt: «Würdest du das cool finden oder komisch?» Sie antwortet: «Ich würde lachen.» – «Warum?» – «Kei Aanig ... Also, ich würde es schon auch noch cool finden ...» «Also b.»
Sie selber möchte Hochbauzeichnerin werden oder Immobilienmaklerin. Weiter vorne wieder zwei Bilder: Playmobil-Figuren – ein Mann, ­eine Frau – vor dem McDonald’s und zwei Figuren mit Köfferchen vor der UBS. Was sie glaube, wer mehr verdiene? «Die von der Bank.» – «War­um?» – «Will Banke vill verdiened.» – «Aber die schaffen ja gleich lang, auch vom Morgen bis zum Abend», sagt der Student. Und klärt sie auf, dass Frauen weniger verdienen als Männer. «Das ist leider so. Es sollte ja gleich sein, findest du das auch? Das werded mer ändere.»
Jetzt darf sie sich in einem dunklen Raum mit Discokugel in einen Sessel setzen und chillen, mit Musik aus dem Kopfhörer. Dazwischen werden Botschaften aus Haushalt und Berufswelt eingeblendet.
Die Realität – Mädchen sind gerne dort, wo man helfen oder verkaufen kann, Buben dort, wo es technisch ist – entlockt Brigitte Meyer ­einen Ausruf des Entsetzens. «Aber vielleicht liegt es in der Natur? Vielleicht wollen Mädchen einfach einen weiblichen Beruf?» Das glaubt sie nicht. Wenn sich Jugendliche mit der Lehrstellensuche befassen, seien sie in der Pubertät und auf Identitätssuche und wollten so sein wie die Mehrheit. Jungen und Mädchen verhielten sich in dieser Phase eher rollenkonform. Und: «Wenn an einem Stand viele Jungen sind, gehen die Mädchen nicht hin.»
Die erwähnte Basler Untersuchung zeigt, dass Jugendliche in der Schweiz bei der Berufswahl tradi­tio­neller sind als ihre Altersgenossen in anderen Ländern. Das bestätigt die Resultate einer internationalen Studie: Mädchen in Ländern mit weniger Emanzipation interessieren sich mehr für Technik. Je mehr Gleichberechtigung im Land, desto weniger wollen Mädchen einen technischen Beruf. Wahrscheinlich, weil sie frei sind, zu wählen, was sie wirklich wollen. Und das ist nicht das, was den Gleichstellungsbüros vorschwebt.
Quelle: Weltwoche, 5.9. von Daniela Niederberger

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