Die CVP will in verschiedenen Kantonen Vorstösse für ein Gesetz für Kleidervorschriften an Schulen einreichen.
Aysha
kommt mit dem Kopftuch zur Schule, Noël mit der Baseballmütze und Rahel mit dem
bauchfreien Top. Dies findet die CVP stossend und hat daher einen
Mustervorstoss für ein Gesetz zu Kleidervorschriften an Schulen erarbeitet, wie
die «Sonntagszeitung» berichtet. Beschlossen sind die Vorstösse schon im
Aargau, in Luzern und in den beiden Basel. Das Papier stammt aus der Feder der
Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter und soll möglichst
in allen Kantonen eingereicht werden.
Auslöser
sei gewesen, dass das Bundesgericht keinen klaren Entscheid für oder wider das
Tragen des Kopftuchs in Schulen fällen konnte, da keine gesetzliche Grundlage
besteht (siehe Text unten), sagt Schneider-Schneiter. Diese müsse man nun
schaffen, sagt die Nationalrätin. Sie betont jedoch, dass jede Schule frei
entscheiden soll, ob sie Kleidervorschriften einführt oder nicht. Und der
Mustervorstoss sei nicht in Stein gemeisselt, sondern könne noch beliebig
modifiziert werden. Doch sie ist überzeugt, dass kein Mädchen von zwölf Jahren
freiwillig das Kopftuch trägt. «Durch ein Verbot könnte Druck von den Kindern
genommen werden», sagt Schneider-Schneiter.
In
dieser Beziehung scheiden sich allerdings die Geister. Die Baselbieter
Landrätin Ayse Dedeoglu-Fesli (SP) hat türkische Wurzeln. Zwar kann auch sie
sich nicht vorstellen, dass ein junges Mädchen freiwillig das Kopftuch anzieht.
Ein Verbot allerdings könne ihrer Meinung nach in fundamentalistischen Familien
eher Trotzreaktionen auslösen. «Im Endeffekt könnten sie ihre Tochter aus der
Schule nehmen», sagt sie. Dedeoglu rät, mit Familien, die Druck auf ihre
Mädchen machen, das Gespräch zu suchen. «Immerhin werden diese Kinder durch das
Tragen eines Kopftuchs diskriminiert.»
Auch der Baselbieter Bildungsdirektor Urs Wüthrich (SP) kann sich
nicht für ein Gesetz zu Kleidervorschriften erwärmen. Er verweist auf das
Handbuch für Schulräte und Schulleitungen. Dort ist explizit festgehalten, dass
das Tragen von religiösen Symbolen und Kleidungsstücken in den öffentlichen
Schulen erlaubt ist. Diese Praxis habe sich bis anhin bewährt. Daher sehe er
auch keinen Handlungsbedarf. Diesen sieht jedoch der Baselbieter Landrat Paul
Wenger, SVP, Präsident der Bildungskommission. «Ich wäre für ein generelles
Verbot von jeglichen Kopfbedeckungen, sei es ein Kopftuch, eine Baseball-Mütze
oder was anderes», sagt er. Er glaube auch nicht, dass alle Mädchen das
Kopftuch aus freier Entscheidung tragen. «Ich denke, dass die Religionsfreiheit
oft dazu benutzt wird, andere als wirklich religiöse Ziele zu erreichen», sagt
er. Der zentrale Begriff sei für ihn stets die Freiheit des Menschen. «Da junge
muslimische Mädchen oft nicht wirklich frei entscheiden können, wäre ein Verbot
des Tragens einer Kopfbedeckung ein gutes Instrument, hier Gegensteuer zu
geben», sagt er. Das Gebot der Selbstbestimmung könne mit den heutigen
Rechtsgrundlagen für diese jungen Mädchen jedenfalls nicht garantiert werden.
Ein
solches Verbot würde Jürg Wiedemann (Grüne) eindeutig zu weit gehen. Der
Landrat und Mathematiklehrer hatte auch schon eine Kopftuchträgerin in der
Klasse. «Das war nie ein Thema und schon gar kein Problem», sagt er. Deswegen
ein Gesetz zu erlassen, findet er absolut unnötig. Verbote zu sprechen, solle
in der Kompetenz der Lehrpersonen bleiben und dem gesunden Menschenverstand
überlassen sein. So gehöre es zu den grundlegenden Anstandsregeln, keine
T-Shirts mit gewalttätigen Aufschriften oder Dächlikappe während des
Unterrichts zu tragen.
SP-Landrat
Ruedi Brassel sagt zum Thema spontan: «Was ist denn mit den Lehrern, die
Jesus-Sandalen und kurze Hosen tragen?» Er hält gar nichts von Vorschriften
bezüglich Schüler-Bekleidung. «Wenn man ständig um Regeln feilschen muss, sind
Konflikte programmiert», sagt er. Er weiss von mehreren Fällen, in denen das
Kopftuchtragen in Schulen absolut unproblematisch ist. «Wir dürfen nicht
vergessen, dass es vor Jahrzehnten auch bei uns normal war, ein Kopftuch zu
tragen. Ich weiss gar nicht, weshalb die einen solchen Wirbel machen», sagt er.
Natürlich sei der
Druck aus dem Elternhaus ein Problem. Doch da könne man mit individueller
Beratung einwirken. Viel problematischer findet er einen Gruppendruck, der jene
ausgrenzt, die sich Markenkleider nicht leisten können oder wollen.Quelle: Kopftuchverbot soll Schule machen, Basler Zeitung, 13.8. von Franziska Laur
Es kann doch nicht sein. Das geht ja gar nicht. Ein absolutes No-Go! Guete Morge, liebe Leserinnen und Leser, ich grüsse Sie. Die Rede ist natürlich vom Kopftuch in der Schule. Kaum ein Thema brennt der Schweiz gerade jetzt in der wärmeren Jahreszeit so sehr auf der Kopfhaut wie die traditionelle Haarverhüllung fundamentalistischer Cabriofahrerinnen und orthodoxer Muslimae (genauer: Muslimarum von wg. des Casus genitivus pluralis femininus - verzeihen Sie mein gebrochenes Latein). Vorschläge zur Güte wie eine einheitliche Schuluniform von H & M sind bislang erfolglos an den verhärteten Fronten abgeprallt. Nun hat man im sankt-gallischen Wil eine kreative Antwort auf die vermeintlich unlösbare Kopftuchfrage gefunden. Grundsätzlich sind die Dinger verboten. Eine eingeschränkte Sondertragebewilligung gibt es aber im Falle religiösen Tatbeweises: Wer ein Kopftuch tragen will, muss auch beten. Der dazu erforderliche Freiraum wird von der Schule zur Verfügung gestellt. Weiterhin unklar ist, was Schülerinnen tun müssen, wenn sie sich partout in Hotpants hüllen wollen. Aber ich bin sicher: Auch hier wird sich eine salomonische Lösung finden lassen, die alle Beteiligten befriedigt.
AntwortenLöschenPeter Schneider
Publiziert am 11.08.2013
von: sonntagszeitung.ch