13. August 2013

CVP will Kopftuchverbot

Die CVP will in verschiedenen Kantonen Vorstösse für ein Gesetz für Kleidervorschriften an Schulen einreichen.
Aysha kommt mit dem Kopftuch zur Schule, Noël mit der Baseballmütze und Rahel mit dem bauchfreien Top. Dies findet die CVP stossend und hat daher einen Mustervorstoss für ein Gesetz zu Kleidervorschriften an Schulen erarbeitet, wie die «Sonntagszeitung» berichtet. Beschlossen sind die Vorstösse schon im Aargau, in Luzern und in den beiden Basel. Das Papier stammt aus der Feder der Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter und soll möglichst in allen Kantonen eingereicht werden.
Auslöser sei gewesen, dass das Bundesgericht keinen klaren Entscheid für oder wider das Tragen des Kopftuchs in Schulen fällen konnte, da keine gesetzliche Grundlage besteht (siehe Text unten), sagt Schneider-Schneiter. Diese müsse man nun schaffen, sagt die Nationalrätin. Sie betont jedoch, dass jede Schule frei entscheiden soll, ob sie Kleidervorschriften einführt oder nicht. Und der Mustervorstoss sei nicht in Stein gemeisselt, sondern könne noch beliebig modifiziert werden. Doch sie ist überzeugt, dass kein Mädchen von zwölf Jahren freiwillig das Kopftuch trägt. «Durch ein Verbot könnte Druck von den Kindern genommen werden», sagt Schneider-Schneiter.
In dieser Beziehung scheiden sich allerdings die Geister. Die Baselbieter Landrätin Ayse Dedeoglu-Fesli (SP) hat türkische Wurzeln. Zwar kann auch sie sich nicht vorstellen, dass ein junges Mädchen freiwillig das Kopftuch anzieht. Ein Verbot allerdings könne ihrer Meinung nach in fundamentalistischen Familien eher Trotzreaktionen auslösen. «Im Endeffekt könnten sie ihre Tochter aus der Schule nehmen», sagt sie. Dedeoglu rät, mit Familien, die Druck auf ihre Mädchen machen, das Gespräch zu suchen. «Immerhin werden diese Kinder durch das Tragen eines Kopftuchs diskriminiert.»
Auch der Baselbieter Bildungsdirektor Urs Wüthrich (SP) kann sich nicht für ein Gesetz zu Kleidervorschriften erwärmen. Er verweist auf das Handbuch für Schulräte und Schulleitungen. Dort ist explizit festgehalten, dass das Tragen von religiösen Symbolen und Kleidungsstücken in den öffentlichen Schulen erlaubt ist. Diese Praxis habe sich bis anhin bewährt. Daher sehe er auch keinen Handlungsbedarf. Diesen sieht jedoch der Baselbieter Landrat Paul Wenger, SVP, Präsident der Bildungskommission. «Ich wäre für ein generelles Verbot von jeglichen Kopfbedeckungen, sei es ein Kopftuch, eine Baseball-Mütze oder was anderes», sagt er. Er glaube auch nicht, dass alle Mädchen das Kopftuch aus freier Entscheidung tragen. «Ich denke, dass die Religionsfreiheit oft dazu benutzt wird, andere als wirklich religiöse Ziele zu erreichen», sagt er. Der zentrale Begriff sei für ihn stets die Freiheit des Menschen. «Da junge muslimische Mädchen oft nicht wirklich frei entscheiden können, wäre ein Verbot des Tragens einer Kopfbedeckung ein gutes Instrument, hier Gegensteuer zu geben», sagt er. Das Gebot der Selbstbestimmung könne mit den heutigen Rechtsgrundlagen für diese jungen Mädchen jedenfalls nicht garantiert werden.
Ein solches Verbot würde Jürg Wiedemann (Grüne) eindeutig zu weit gehen. Der Landrat und Mathematiklehrer hatte auch schon eine Kopftuchträgerin in der Klasse. «Das war nie ein Thema und schon gar kein Problem», sagt er. Deswegen ein Gesetz zu erlassen, findet er absolut unnötig. Verbote zu sprechen, solle in der Kompetenz der Lehrpersonen bleiben und dem gesunden Menschenverstand überlassen sein. So gehöre es zu den grundlegenden Anstandsregeln, keine T-Shirts mit gewalttätigen Aufschriften oder Dächlikappe während des Unterrichts zu tragen.
SP-Landrat Ruedi Brassel sagt zum Thema spontan: «Was ist denn mit den Lehrern, die Jesus-Sandalen und kurze Hosen tragen?» Er hält gar nichts von Vorschriften bezüglich Schüler-Bekleidung. «Wenn man ständig um Regeln feilschen muss, sind Konflikte programmiert», sagt er. Er weiss von mehreren Fällen, in denen das Kopftuchtragen in Schulen absolut unproblematisch ist. «Wir dürfen nicht vergessen, dass es vor Jahrzehnten auch bei uns normal war, ein Kopftuch zu tragen. Ich weiss gar nicht, weshalb die einen solchen Wirbel machen», sagt er.
Natürlich sei der Druck aus dem Elternhaus ein Problem. Doch da könne man mit individueller Beratung einwirken. Viel problematischer findet er einen Gruppendruck, der jene ausgrenzt, die sich Markenkleider nicht leisten können oder wollen.
Quelle: Kopftuchverbot soll Schule machen, Basler Zeitung, 13.8. von Franziska Laur

1 Kommentar:

  1. Es kann doch nicht sein. Das geht ja gar nicht. Ein absolutes No-Go! Guete Morge, liebe Leserinnen und Leser, ich grüsse Sie. Die Rede ist natürlich vom Kopftuch in der Schule. Kaum ein Thema brennt der Schweiz gerade jetzt in der wärmeren Jahreszeit so sehr auf der Kopfhaut wie die traditionelle Haarverhüllung fundamentalistischer Cabriofahrerinnen und orthodoxer Muslimae (genauer: Muslimarum von wg. des Casus genitivus pluralis femininus - verzeihen Sie mein gebrochenes Latein). Vorschläge zur Güte wie eine einheitliche Schuluniform von H & M sind bislang erfolglos an den verhärteten Fronten abgeprallt. Nun hat man im sankt-gallischen Wil eine kreative Antwort auf die vermeintlich unlösbare Kopftuchfrage gefunden. Grundsätzlich sind die Dinger verboten. Eine eingeschränkte Sondertragebewilligung gibt es aber im Falle religiösen Tatbeweises: Wer ein Kopftuch tragen will, muss auch beten. Der dazu erforderliche Freiraum wird von der Schule zur Verfügung gestellt. Weiterhin unklar ist, was Schülerinnen tun müssen, wenn sie sich partout in Hotpants hüllen wollen. Aber ich bin sicher: Auch hier wird sich eine salomonische Lösung finden lassen, die alle Beteiligten befriedigt.

    Peter Schneider

    Publiziert am 11.08.2013
    von: sonntagszeitung.ch

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