Die gesetzliche Verankerung des neuen
Berufsauftrags der Lehrpersonen dürfte nach der endgültigen Verabschiedung
durch den Kantonsrat nach den Sommerferien auch noch ein paar Nachträge zur
Folge haben. Dies jedenfalls lässt sich aus der Debatte des Kantonsrats vom
Montag über die einschlägigen Änderungen des Lehrpersonalgesetzes schliessen.
So richtig glücklich ist niemand mit dem Ergebnis, das als Kompromiss nach
zweimaliger Vernehmlassung und einer Nachbearbeitung in der Kommission für
Bildung und Kultur (KBIK) des Kantonsrats vorliegt. Das hat nicht zuletzt damit
zu tun, dass all die folgenden Details zu den Stundendotationen nicht im
Gesetz, sondern erst in der Verordnung geregelt werden, die der Rat nur
genehmigen kann.
Die Vorlage reagiert auf die ständig wachsende
Belastung der Lehrpersonen durch neue Herausforderungen wie Individualisierung
des Unterrichts, wachsende Ansprüche der Eltern, komplexere Zusammenarbeit in
der Schule und so weiter. Während heute der Beschäftigungsumfang der Lehrkräfte
allein auf die Zahl der erteilten Wochenlektionen abstellt, werden im neuen
Berufsauftrag nicht nur das Unterrichten, sondern auch die übrigen Aufgaben der
Lehrkräfte gewichtet. Dabei wird von einer Jahresarbeitszeit ausgegangen, die
jener des übrigen Staatspersonals entspricht.
Allerdings sind die Neuerungen als rein
organisatorischer Paradigmenwechsel konzipiert, nicht als Entlastungspaket.
Oberstes Gebot sollte die Kostenneutralität sein. Das setzt Begehrlichkeiten
seitens der Lehrerschaft enge Grenzen. Die KBIK ist den Lehrern insofern
entgegengekommen, als sie für das Unterrichten pro Wochenlektion für alle
Stufen 58 Stunden an die Jahresarbeitszeit anrechnen will, während die
Regierung von 57 Stunden ausging. Zudem soll die Entlastung für die
Klassenlehreraufgaben 100 und nicht nur 80 Stunden betragen.
Für die übrigen Arbeitsbereiche - «Schule»,
«Zusammenarbeit» und «Weiterbildung» - sind Dotationen von 60, 50 und 30
Stunden vorgesehen. Der Preis für die klare Vorgabe ist die Pflicht, über die
Arbeitszeit in diesen Bereichen Buch zu führen. Der neue Berufsauftrag ist
nicht zuletzt als Führungsinstrument der Schulleitungen gedacht. Diese erhalten
Handlungsspielraum: Sie können die Aufgaben bis zu einem gewissen Grad nach den
Bedürfnissen der Schule und der einzelnen Lehrpersonen auf die Köpfe verteilen
- in Abweichung von der Norm.
In der Debatte vom Montag hat die SVP wie schon in
der KBIK ein Eintreten auf die Gesetzesvorlage abgelehnt. Rochus Burtscher
(svp., Dietikon) warnte davor, mit dem neuen Auftrag eine Büchse der Pandora zu
öffnen. Der Teufel stecke im Detail, und schon in der KBIK habe man um Stunden
gefeilscht, statt sich mit dem Wohl der Kinder auseinanderzusetzen. Burtscher
plädierte dafür, die Lehrer mit ihrer guten Ausbildung selbständig arbeiten zu
lassen.
Der SVP schloss sich am Montag auch die GLP an. Man
habe sich in der Fraktion schwergetan mit der Vorlage, sagte Andreas Erdin
(Wetzikon). Klarer äusserte sich der Sekundarlehrer Christoph Ziegler (Elgg).
Die einzige ehrliche Haltung zu einer so verwässerten, schwierig umzusetzenden
Vorlage sei die Ablehnung. Alle übrigen Fraktionen teilten diese Meinung nicht.
Bildungsdirektorin Regine Aeppli räumte zwar ein,
dass die Umsetzung Zeit beanspruchen dürfte und die Gefahr anfänglicher
Überreglementierungen in einzelnen Schulen nicht von der Hand zu weisen sei.
Was lange währe, werde aber endlich gut, meinte sie.
Mit 101 zu 69 Stimmen folgte ihr der Rat und beschloss Eintreten. In der
Schlussabstimmung nach den Ferien dürfte sich daran nicht mehr viel ändern.
Abgeschrieben hat der Rat zwei Postulate, die mit dem neuen Gesetz wenigstens
zum Teil erfüllt werden.Quelle: NZZ, 2.7. von Walter Bernet
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