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heissen «First Choice», «Explorers» und «Voices» und haben trotz ihren
exotischen Namen Eingang in die Stammtischgespräche gefunden: Die in den
letzten Jahren im Kanton Zürich obligatorisch eingeführten Lehrmittel des
kantonalen Lehrmittelverlags für den Englischunterricht sind berühmt geworden,
weil sich viele Lehrer an ihnen die Zähne ausbissen. Das Urteil der Schulsynode
vom Frühsommer 2011 über sie fiel auch nach Überarbeitungen vernichtend aus.
Im Kantonsrat wurde darauf die
Aufhebung des Obligatoriums gefordert, das der Bildungsrat zuvor abgelehnt
hatte. Jetzt, eineinhalb Jahre später, hat der Bildungsrat beschlossen, an den
drei Lehrmitteln für die Unter- und Mittelstufe sowie die Sekundarstufe I
festzuhalten, aber ab dem Sommer 2013 weitere Lehrmittel zuzulassen. Auf der
Unter- und Mittelstufe kann neu auch das Lehrmittel «Young World» aus dem
Verlag Klett und Balmer in Zug eingesetzt werden, auf der Sekundarstufe I «New
Inspiration» von Macmillan Education in London/Oxford oder «English Plus» der
Oxford University Press in Oxford. Alle erwähnten Lehrmittel erhalten den
Status «alternativ-obligatorisch». Welche Lehrmittel in ihren Gemeinden
eingeführt werden, müssen die Schulpflegen beschliessen.
Die Kritik an den Lehrmitteln
ging am Bildungsrat nicht vorbei. Er entschied sich aber für ein sorgfältiges,
wenn auch zeitraubendes Vorgehen. Im September 2011 definierte er zunächst eine
neue Politik der Lehrmittelbeschaffung für alle Fächer, die den Schulgemeinden
mehr Wahlfreiheit lässt und die Lehrkräfte früher in die Beschaffung einbindet.
Vor genau einem Jahr beauftragte er eine Projektgruppe unter Bildungsrat und
Pädagogikprofessor Lucien Criblez, eine Auslegeordnung aller vorhandenen
Englisch-Lehrmittel zu machen und unter Einbezug der Lehrerschaft die Ablösung
der kritisierten Unterrichtswerke vorzubereiten.
Criblez' Gruppe erarbeitete
zunächst ein Anforderungsprofil und evaluierte nach vielen Kriterien in zwei
Durchgängen 37 Englisch-Lehrmittel, von denen 8 als geeignet beurteilt wurden.
Die Projektgruppe verabschiedete schliesslich vier gut abgestützte
Empfehlungen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie in der
Lehrerschaft Akzeptanz finden.
Die drei ersten hat der
Bildungsrat jetzt übernommen. Erstens verzichtet er vorerst auf eine
Neubeschaffung. Erst nach dem Vorliegen des Lehrplans 21 soll 2015/2016 eine
neue Beurteilung der Lehrmittel-Situation vorgenommen werden. Zweitens wird an
den gegenwärtigen Unterrichtswerken aus dem Lehrmittelverlag Zürich
festgehalten. Sie haben in der Evaluation durchaus gut abgeschnitten, sind
weiter ergänzt und verbessert worden; viele Lehrkräfte wollen nicht auf sie
verzichten.
Drittens werden weitere Lehrmittel
zugelassen, aber befristet bis 2021/2022. Das schafft die gewünschte
Rechtssicherheit, lässt aber später - nach dem geplanten Ersatz der
Französisch-Lehrmittel ab 2017/2018 - Handlungsspielraum offen. Die in Frage
kommende Auswahl definiert der Bildungsrat aber - viertens - enger als die
Projektgruppe. Diese wollte alle acht tauglichen Lehrmittel zulassen. Der
Bildungsrat entschied sich für die engere Auswahl, um Klassenwechsel und die
Übertritte in die nächsthöhere Schulstufe nicht zu komplizieren. Reibungslose
Übergänge sollen auch Minimalstandards gewährleisten, die für Mitte des
sechsten und achten Schuljahrs noch zu definieren sind.
Quelle: NZZ, 19.12. von Walter Bernet
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