Eymann will die Kritiker mit verschiedenen Vorschlägen beruhigen, Bild: Tageswoche
Französisch, Despens erleichtern, NZZaS, 31.8. von René Donzé
Der Präsident
der Erziehungsdirektoren (EDK), Christoph Eymann, steht vor einer schwierigen
Aufgabe. Der Basler Bildungsdirektor muss die Kantone in Sachen Fremdsprachen
an der Primarschule auf eine Linie bringen, sonst droht eine Intervention des
Bundes. «Wenn der Bund eingreift, verlieren die Kantone ihre Autonomie
vollständig in dieser Frage», sagt er.
Ausgeschert aus dem bisherigen Schema
von zwei Fremdsprachen in der Primarschule (die eine ab der 3., die andere ab
der 5. Klasse) sind kürzlich das Thurgauer Parlament und die Nidwaldner
Regierung. Auch in Luzern und Graubünden sind solche Vorstösse hängig. Um die
Kritiker zu beruhigen, zieht Eymann verschiedene Lösungsansätze in Erwägung. Im
Zentrum steht die Entlastung überforderter Schüler.
Eymann will mit seinen Amtskollegen
aus den anderen Kantonen über einheitliche Regeln zur Lernzielbefreiung
diskutieren: «Es würde eine nationale Koordination brauchen und möglicherweise
eine Vereinfachung der Dispensationskriterien», sagt er. «Damit erhielten die
Lehrer die Möglichkeit, ihre Schüler einfacher vom Frühfranzösisch zu
dispensieren, wenn es Grund dazu gibt.» Das würde den Lehrern und den schwachen
Schülern helfen, ohne dass gleich alle auf Französisch verzichten müssen.
Noten abschaffen
Aus Sicht der Lehrer wären solche nationale
Dispensations-Leitlinien begrüssenswert, sagt Beat Zemp, Präsident des
Schweizer Lehrerverbandes LCH. «Es müssten Verfahrensstandards ausgearbeitet
werden, wie es sie beispielsweise im Bereich der Sonderpädagogik schon gibt»,
sagt Zemp. Die Meinungen darüber, wie hoch der Anteil der überforderten
Primarschüler ist, gehen weit auseinander. Die einen sprechen von Einzelfällen,
die anderen von der Mehrheit. «Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte sein»,
sagt Zemp.
Mitverantwortlich dafür ist laut Zemp
auch die Notengebung. «Wenn man Noten im klassischen Sinn setzt, dann ist der
Anteil überforderter Primarschüler sicher höher als bei einem spielerischen
Zugang zu Französisch ohne Notendruck mit Schwerpunkt auf das Hörverständnis
und das Sprechen», sagt er. Noten waren im ursprünglichen Sprachenkonzept der
EDK gar nicht vorgesehen. Sie wurden dann aber schleichend eingeführt.
Der Schaffhauser Erziehungsdirektor
Christian Amsler will das in der EDK zur Diskussion stellen. «Der Verzicht auf
Noten würde Druck von den Schülern nehmen», sagt der Präsident der
Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz. Auch für diesen Vorschlag sei
man offen, sagt Eymann. Er geht davon aus, dass sich in diesen Fragen noch
«einiges bewegt».
Kantone bleiben hart
An der Position des Thurgaus dürfte
das nichts ändern, sagt Bildungsdirektorin Monika Knill. Sie hatte vergeblich
versucht, das Kantonsparlament von einem Entscheid gegen das Frühfranzösisch
abzubringen. Vorgeschlagen hatte sie auch eine Abwahlmöglichkeit der
Fremdsprache. Das Parlament setzte auf die harte Linie. «Den Entscheid gilt es
zu akzeptieren», sagt Knill.
Auch an der Haltung der Nidwaldner
Regierung gibt es nichts zu rütteln. Ein einfacherer Dispens wäre sogar
kontraproduktiv, sagt Bildungsdirektor Res Schmid. «Das führt zu beliebigen
Entscheiden.» In Nidwalden soll an der Oberstufe nur noch in seltenen Fällen
eine Dispensation möglich sein. «Auch Schüler, die nicht gerne ins Französisch
gehen oder Mühe haben, sollen den Unterricht besuchen müssen.»
Im September wird der Vorstand der
EDK über mögliche Lösungsansätze diskutieren. Im Oktober kommt es zur
Aussprache sämtlicher Erziehungsdirektoren im Beisein von Bundesrat Alain
Berset. Der Sprachenminister hatte bereits angekündigt, dass er eine Streichung
des Frühfranzösisch nicht tolerieren werde.
Druck auf die Kantone baut auch die Bildungskommission
des Nationalrates auf. Dort wird eine Änderung des Sprachengesetzes diskutiert,
wonach zwingend eine zweite Landessprache in der Primarschule unterrichtet
werden muss. Entscheidend in der Sprachenfrage wird das nächste Jahr sein. Dann
muss die EDK Rechenschaft über die Bildungsharmonisierung ablegen und der Bund
über ein allfälliges Eingreifen befinden.
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