31. August 2014

Eymann will Dispens und keine Noten für Frühfranzösisch

Christoph Eymann schlägt nationale Dispensregeln für Frühfremdsprachen vor. Zur Diskussion stellt er auch die Abschaffung von Noten.



Eymann will die Kritiker mit verschiedenen Vorschlägen beruhigen, Bild: Tageswoche


Französisch, Despens erleichtern, NZZaS, 31.8. von René Donzé



Der Präsident der Erziehungsdirektoren (EDK), Christoph Eymann, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Der Basler Bildungsdirektor muss die Kantone in Sachen Fremdsprachen an der Primarschule auf eine Linie bringen, sonst droht eine Intervention des Bundes. «Wenn der Bund eingreift, verlieren die Kantone ihre Autonomie vollständig in dieser Frage», sagt er.
Ausgeschert aus dem bisherigen Schema von zwei Fremdsprachen in der Primarschule (die eine ab der 3., die andere ab der 5. Klasse) sind kürzlich das Thurgauer Parlament und die Nidwaldner Regierung. Auch in Luzern und Graubünden sind solche Vorstösse hängig. Um die Kritiker zu beruhigen, zieht Eymann verschiedene Lösungsansätze in Erwägung. Im Zentrum steht die Entlastung überforderter Schüler.
Eymann will mit seinen Amtskollegen aus den anderen Kantonen über einheitliche Regeln zur Lernzielbefreiung diskutieren: «Es würde eine nationale Koordination brauchen und möglicherweise eine Vereinfachung der Dispensationskriterien», sagt er. «Damit erhielten die Lehrer die Möglichkeit, ihre Schüler einfacher vom Frühfranzösisch zu dispensieren, wenn es Grund dazu gibt.» Das würde den Lehrern und den schwachen Schülern helfen, ohne dass gleich alle auf Französisch verzichten müssen.
Noten abschaffen
Aus Sicht der Lehrer wären solche nationale Dispensations-Leitlinien begrüssenswert, sagt Beat Zemp, Präsident des Schweizer Lehrerverbandes LCH. «Es müssten Verfahrensstandards ausgearbeitet werden, wie es sie beispielsweise im Bereich der Sonderpädagogik schon gibt», sagt Zemp. Die Meinungen darüber, wie hoch der Anteil der überforderten Primarschüler ist, gehen weit auseinander. Die einen sprechen von Einzelfällen, die anderen von der Mehrheit. «Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte sein», sagt Zemp.
Mitverantwortlich dafür ist laut Zemp auch die Notengebung. «Wenn man Noten im klassischen Sinn setzt, dann ist der Anteil überforderter Primarschüler sicher höher als bei einem spielerischen Zugang zu Französisch ohne Notendruck mit Schwerpunkt auf das Hörverständnis und das Sprechen», sagt er. Noten waren im ursprünglichen Sprachenkonzept der EDK gar nicht vorgesehen. Sie wurden dann aber schleichend eingeführt.
Der Schaffhauser Erziehungsdirektor Christian Amsler will das in der EDK zur Diskussion stellen. «Der Verzicht auf Noten würde Druck von den Schülern nehmen», sagt der Präsident der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz. Auch für diesen Vorschlag sei man offen, sagt Eymann. Er geht davon aus, dass sich in diesen Fragen noch «einiges bewegt».
Kantone bleiben hart
An der Position des Thurgaus dürfte das nichts ändern, sagt Bildungsdirektorin Monika Knill. Sie hatte vergeblich versucht, das Kantonsparlament von einem Entscheid gegen das Frühfranzösisch abzubringen. Vorgeschlagen hatte sie auch eine Abwahlmöglichkeit der Fremdsprache. Das Parlament setzte auf die harte Linie. «Den Entscheid gilt es zu akzeptieren», sagt Knill.
Auch an der Haltung der Nidwaldner Regierung gibt es nichts zu rütteln. Ein einfacherer Dispens wäre sogar kontraproduktiv, sagt Bildungsdirektor Res Schmid. «Das führt zu beliebigen Entscheiden.» In Nidwalden soll an der Oberstufe nur noch in seltenen Fällen eine Dispensation möglich sein. «Auch Schüler, die nicht gerne ins Französisch gehen oder Mühe haben, sollen den Unterricht besuchen müssen.»
Im September wird der Vorstand der EDK über mögliche Lösungsansätze diskutieren. Im Oktober kommt es zur Aussprache sämtlicher Erziehungsdirektoren im Beisein von Bundesrat Alain Berset. Der Sprachenminister hatte bereits angekündigt, dass er eine Streichung des Frühfranzösisch nicht tolerieren werde.
Druck auf die Kantone baut auch die Bildungskommission des Nationalrates auf. Dort wird eine Änderung des Sprachengesetzes diskutiert, wonach zwingend eine zweite Landessprache in der Primarschule unterrichtet werden muss. Entscheidend in der Sprachenfrage wird das nächste Jahr sein. Dann muss die EDK Rechenschaft über die Bildungsharmonisierung ablegen und der Bund über ein allfälliges Eingreifen befinden.

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