Beim Sprung ins Zürcher Kurzzeitgymnasium wird einiges
anders, zum Beispiel das «Arbeits- und Lernverhalten» angerechnet. Aber nicht
nur das.
Novum bei Zürcher Gymiprüfung: Jetzt zählt auch die Verhaltensnote, Tages Anzeiger, 19.12. von Daniel Schneebeli und Pascal Unternährer
Jugendliche,
die nach der 2. oder der 3. Sekundarschule in ein Kurzzeitgymi wechseln wollen,
müssen am Tag der Aufnahmeprüfung gut in Form sein. Denn die Noten aus der Sek
werden seit einigen Jahren nicht mehr angerechnet. Dies wurde beschlossen,
nachdem Schüler aus der Sek B oder C zugelassen worden waren. Grund: Mit der
Streichung der Vornoten wollte man eine Bevorteilung von B- und C-Schülern
ausschliessen, da Noten aus der Sek A und B nicht gleichwertig sind. Diese
Änderung wurde aber rasch kritisiert. Und 2015 verlangte der Kantonsrat vom
Bildungsrat ein neues Modell der Aufnahmeprüfung, bei dem die Vornoten der
Sekschülern wieder «angemessen» berücksichtigt werden.
Nun hat
der Bildungsrat ein solches Modell verabschiedet. Es betrifft die
Kurzzeitgymnasien, die Handels- und Fachmittelschulen (HMS und FMS) sowie die
Informatikmittelschule (IMS) und die Berufsmittelschulen (BMS). Die
Aufnahmeprüfungen für die Langzeitgymnasien (nach der Primarschule) bleiben
unverändert. Bei den Kurzzeitgymnasien sieht das Modell wie vom Kantonsrat
verlangt wieder eine Berücksichtigung der Vornoten aus der Sek vor. Allerdings
zählen sie nur, wenn ein Schüler die Sekundarschule A und dort alle Fächer in
der obersten Anforderungsstufe besucht hat. Für alle anderen Kandidaten werden
die Vornoten weiterhin nicht mitgezählt. Zudem werden nur noch Sek-B- und
-C-Schüler zur Prüfung zugelassen, die eine Empfehlung ihres Sekundarlehrers
vorlegen können.
Arbeitshaltung
wichtig
Im
Unterschied zu früher zählen nicht nur die Vornoten in Deutsch und Mathematik,
sondern auch jene in den Fremdsprachen und Naturwissenschaften mit – und zwar
zu je einem Zwölftel. Da im Gymnasium die Arbeitshaltung ein wesentlicher
Erfolgsfaktor ist, hat der Bildungsrat zudem beschlossen, auch die
Zeugniseinträge beim «Arbeits- und Lernverhalten» zu einem Zwölftel zu
berücksichtigen.
«Die Mittelschulen wollen
wissen, ob ein Schüler genügend ‹Pfupf› hat, um bei ihnen zu bestehen. Das
Arbeits- und Lernverhalten bietet dafür Anhaltspunkte», sagt Hans-Martin
Binder. Binder war Projektleiter der Prüfungsreform, die vom Bildungsrat
bereits einstimmig gutgeheissen worden ist. Mittelschulen begrüssen den
Schritt. «Das Verhalten zeigt die Schulaffinität des Jugendlichen und sagt
etwas aus über die Bereitschaft, weitere drei oder vier Jahre zur Schule zu
gehen», sagt Martin Zimmermann, Rektor der Kantonsschule Zürcher Oberland.
Lehrmeister
und Berufsberater bestätigen, dass sie vermehrt auf das Verhalten der
Jugendlichen achten. «Das Arbeits- und Lernverhalten ist so wichtig wie die
Schulnoten», meint Katharina Stoll, Interimsdirektorin des Laufbahnzentrums der
Stadt Zürich. Und sie ergänzt: «Wenn nicht sogar wichtiger.»
«Franz
wird nicht geschwächt»
Die
Vornoten und die Noten der Prüfung entscheiden zu gleichen Teilen über die
Aufnahme. Geprüft werden die Kandidaten in Deutsch und Mathematik. Die
Französisch- und die Englischprüfungen bei der BMS werden abgeschafft, ebenso
die mündlichen Prüfungen bei Grenzfällen. Dies begründet der Bildungsrat unter
anderem damit, dass die mündlichen Prüfungen nicht einheitlich gemacht werden
können. «Mit der Streichung der Franzprüfung und der mündlichen Prüfung sparen
wir auch einen grossen Aufwand», räumt Binder ein.
Dass die
Romandie aufgrund der Schwächung von Französisch protestieren wird, glaubt er
nicht. «Das ist keine Schwächung von Französisch. Wir stärken das Fach in der
Sek. Für die Vornote müssen die Schüler über längere Zeit gute Leistungen
bringen.» Französisch in der Aufnahmeprüfung habe zudem kaum Erkenntnisse dazu
gebracht, ob jemand im Gymi bestehen könne, meint Binder. Von einer Schwächung
von Französisch will auch Martin Zimmermann nicht sprechen. Der Rektor der
Kantonsschule Zürcher Oberland und Französischlehrer sagt: «Mit Mathematik und
Deutsch sowie den Vornoten von Französisch und anderen Fächern haben wir genug
Informationen über die Fähigkeit eines Schülers, an einer Mittelschule zu
bestehen. Und darum geht es ja.»
Ohne
Vornote brauchts eine 4,25
Die Aufnahme
geschafft haben alle Kandidaten, die eine 4,75 (Kurzzeitgymi) oder eine 4,5
(HMS, BMS, IMS, FMS) erreicht haben. Für Kandidaten ohne Vornoten liegt die
Aufnahmegrenze eine halbe Note tiefer. Aktuell – ohne Vornoten – muss fürs
Kurzgymnasium eine 4 erreicht werden.
Neu ist,
dass die Aufnahmeprüfungen für alle erwähnten Schulen in der gleichen Märzwoche
stattfinden. Allerdings werden sie so gestaffelt, dass ein Kandidat sowohl die
Prüfung für ein Gymnasium wie auch für die BMS schreiben kann.
Das neue Modell
der Aufnahmeprüfung soll fürs Schuljahr 2019/20 erstmals zur Anwendung kommen.
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