Basel-Stadt gilt als Pionierin der
Deutsch-Frühförderung. Dort bekommen alle Eltern einen Fragebogen nach Hause,
mit dem sie die Deutschkenntnisse ihrer Kinder einschätzen müssen. Können sie
zu wenig gut Deutsch, müssen sie in eine Sprachspielgruppe. Zwei halbe Tage pro
Woche, gratis für die Eltern.
Obligatorische Frühförderung vor dem Kindergarten? SRF, 28.5.
Gesten und Mimik
Beim Besuch vor Ort wird deutlich, viele der 3- und
4-jährigen Kinder können wenig Deutsch. «Wir bringen ihnen die Sprache mit
Gesten und Mimik näher», erklärt Nicole Schlaich, Leiterin einer solchen
Sprachspielgruppe, gegenüber «Schweiz aktuell». «Wir wiederholen vieles, sagen
es immer wieder, dann fangen die Kinder an, uns nachzusprechen und irgendwann
verstehen sie es.»
Seit 2013 gibt es dieses Programm in Basel-Stadt, und es ist obligatorisch. Man habe gute Erfahrungen damit gemacht, betont Erziehungsdirektor Conradin Cramer. «Die Schulen melden uns zurück, dass sie eine Verbesserung feststellen, die Schülerinnen und Schüler könnten besser Deutsch.» Allerdings sei es erst der Anfang, man müsste noch mehr für diese Kinder machen.
Eymann fordert Obligatorium
700 Kinder lernen in 40 Spielgruppen spielerisch
Deutsch im Kanton Basel-Stadt. Kostenpunkt: 1.8 Millionen Franken pro Jahr.
Geistiger Vater des Projekts ist der ehemalige Bildungsdirektor und heutige
Nationalrat Christoph Eymann. Er fordert eine schweizweite obligatorische
Deutsch-Frühförderung.
«Wenn man es den Leuten überlässt, machen vor allem
diejenigen mit, die sensibler auf das Thema sind, wir wollen aber alle
erreichen», erklärt Eymann. Deshalb brauche es ein Obligatorium.
Bern setzt auf Freiwilligkeit
Anders sieht man es in der Stadt Bern. Dort läuft gerade ein Frühförder-Programm für Deutsch vor dem Kindergarten an. Benutzt wird der gleiche Fragebogen wie in Basel-Stadt. Hier will man die Kinder aber im Rahmen der normalen Kitas und Spielgruppen fördern.
Zunächst freiwillig, betont Bildungsdirektorin
Franziska Teuscher. «Wir sind überzeugt, dass die Eltern von dem Nutzen der
Förderung auch überzeugt sein müssen, deshalb setzen wir auf Freiwilligkeit».
Aber: Sollte sich zeigen, dass das nicht funktioniere, werde man auf ein
Obligatorium umschwenken, so Teuscher weiter.
Falls die Kinder, die eine Förderung nötig haben,
noch keine Kita besuchen, bekommen die Eltern Betreuungsgutscheine für zwei
Tage pro Woche. Das Projekt startet im August.
«Wichtig ist, dass Spielgruppen
gratis sind»
Basel-Stadt setzt längst auf das Obligatorium und
hat laut dem Erziehungsdirektor gute Erfahrungen damit gemacht. In der Regel
müssten etwa 20 Prozent der Eltern gemahnt werden, dass sie den Fragebogen
ausfüllen. Drei bis vier Familien werden pro Jahr gebüsst.
«Wichtig ist auch, dass die Spielgruppen für die
Eltern gratis sind». Die Eltern hätten einen grossen Anreiz, die Kinder zu
bringen, denn so wären sie an zwei Halbtagen pro Woche betreut. «Das wird sehr
gut aufgenommen», so Cramer.
Sprachkenntnisse sind ein wichtiger Schlüssel zu
schulischem Erfolg. Deshalb folgen immer mehr Städte und Kantone dem Beispiel
von Basel-Stadt. Die meisten ohne Obligatorium.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen