Tanja Fux, Adjunktin der Dienststelle für Unterrichtswesen im Kanton Wallis, setzt sich ein für
den Erhalt der Hausaufgaben.
«Ein wichtiges Fenster zur Schule», Walliser Bote, 10.2. von Daniel Zumoberhaus
Tanja
Fux, sind Sie grundsätzlich eine Befürworterin der Hausaufgaben?
«Ja, bin
ich. Der Lehrplan 21 sieht Hausaufgaben vor und somit wurden diese hier im
Wallis auch nie ernsthaft infrage gestellt.»
Es gibt
jedoch klare Tendenzen, die Hausaufgaben speziell auf Primarstufe abschaffen zu
wollen?
«Das sind
oftmals emotionale Diskussionen, welche Eltern führen, die den Sinn und Zweck
der Hausaufgaben hinterfragen.»
Welchen
Hauptzweck erfüllen die Hausaufgaben denn in Ihren Augen?
«Einer
der wichtigsten Gründe ist die Förderung der Selbstorganisation. Die Kinder
lernen Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen. Zudem üben und
vertiefen sie Inhalte oder stellen sich auf neue Themen ein, die sie in der
Schule erwarten werden.»
Demnach
sollten die Schüler nicht zu Hause Aufgaben fertig machen müssen, die in der
Schule nicht erledigt wurden?
«Die
Planung der Hausaufgaben passiert zusammen mit der Unterrichtsvorbereitung. Die
Hausaufgaben sollen durchdacht sein und bestimmte Kompetenzen fördern. Sie müssen
dem Alter und Lernstand der Kinder entsprechen und herausfordernd sein, die
Kinder also weder überfordern noch unterfordern…»
Im Alltag
werden oft einfach schulische Aufgaben ins Elternhaus verschoben, nicht?
«Nein,
das ist nicht so. Die Schule und die Eltern arbeiten gemeinsam darauf hin, dass
die Kinder gute Lernerfolge erzielen. Das Kind lernt in meinen Augen bei den
Hausaufgaben wichtige Sachen, beispielsweise eine gute zeitliche Planung. Es
lernt sich selber besser kennen, wann und wie es am besten lernt.»
Die
Hausaufgaben bringen also wertvolle Lernerfahrungen mit sich. Das ist ein
löblicher Aspekt, genügt aber nicht, um sie pauschal zu befürworten. Welchen
weiteren Vorteil führen Sie ins Feld?
«Die
Hausaufgaben sind ein wichtiges Fenster zur Schule. Die Eltern sehen, was in
der Schule gelernt wird, mit welchen Lehrmitteln ihre Kinder arbeiten und
vielleicht wird beim Abendessen sogar über ein Thema diskutiert und ein
wichtiger Austausch kann stattfinden.»
Gäbe es
keine Aufgaben, wäre das wiederum ein wesentlicher Beitrag zur
Chancengleichheit. Denn speziell Kinder aus sogenannten bildungsfernen Familien
haben öfter Schwierigkeiten, ihre Aufgaben zu erledigen, weil die Eltern ihnen
nicht helfen können.
«Die
Hausaufgaben sollen Inhalte sein, welche die Schülerinnen und Schüler bereits
kennen. Sie sollen ihre Aufgaben selbstständig lösen können. Die Eltern zeigen
Interesse und stellen die Rahmenbedingungen bereit, um die Hausaufgaben zu
machen, mehr nicht…»
Welche da
wären?
«Es ist
wichtig, dass die Kinder die Aufgaben an einem ruhigen Ort lösen können. An
einem Ort, an dem sich das Kind wohlfühlt. Es ist keine Voraussetzung, dass die
Eltern mit den Themen und Inhalten vertraut sind.»
Die
Eltern sollten sich im besten Fall überhaupt nicht einmischen?
«Genau,
die Eltern sollen nur nachfragen, was die Kinder zu tun haben. Kein Kind
profitiert davon, wenn Mama oder Papa die Hausaufgaben lösen. Gibt es
Unsicherheiten, inwiefern das Kind unterstützt werden soll oder nicht, können
die Eltern die Lehrperson kontaktieren, diese Möglichkeit besteht immer.»
Genau
durch die Einmischung der Eltern kommt es oft zu schwierigen Situationen,
nicht?
«Mischen
sich die Eltern zu sehr ein, kann das die Kinder verunsichern: Die Eltern
meinen es zwar gut, wissen aber nicht genau, wie die Aufgaben von den
Lehrpersonen gestellt sind. Darum nochmals: Interesse für die Schule und somit
für die Kinder zeigen, ist enorm wichtig. Die Verantwortung für die
Hausaufgaben aber liegt allein bei den Schülerinnen und Schülern, also beim
Kind selbst.»
In
anderen Kantonen wie Bern scheint es in einzelnen Gemeinden durchaus zu
klappen, dass auf die Hausaufgaben verzichtet werden kann, ohne dass weniger
gelernt wird. Warum hier bei uns nicht?
«Es gibt
einzelne Pilotprojekte, die das ausprobieren. Im grösseren Rahmen steht im
Kanton Bern ein Umdenken bei den Hausaufgaben an. Bei den dortigen Tagesschulen
handelt es sich aber um andersartige Strukturen: Die Kinder haben längere
Unterrichtszeiten und bleiben auch nach der Schule für die Hausaufgaben und
Freizeitaktivitäten dort. Die Familien im Oberwallis zeigen nicht dieselben
Bedürfnisse, der Wunsch nach einer Ausgliederung all dieser Aufgaben ist
momentan nicht gegeben.»
Das
Inspektorat hat sich dem Thema Hausaufgaben gewidmet und anhand des Lehrplans
21 einen Leitfaden herausgegeben. Mit welchem Ziel?
«Es war
abzusehen, dass es nach der Einführung des Lehrplans 21 einen Leitfaden
braucht. Dieser soll den Schulleitungen helfen, das Thema Hausaufgaben an ihren
Schulen umzusetzen, und aufzeigen, wie diese gestaltet werden sollen.»
Wie genau
denn?
«Sie sollen
möglichst vielfältig sein und regelmässig erteilt werden, zudem ist der
zeitliche Rahmen definiert. Der Leitfaden zeigt auf, wie die Hausaufgaben zur
Förderung der Kinder beitragen. Das ist das eigentliche Ziel der Hausaufgaben.
Der Leitfaden zeigt Sinn und Zweck der Hausaufgaben nochmals auf.»
Gibt der
Lehrplan konkrete Zeitvorgaben für die jeweiligen Stufen?
«Nein,
die Vorgaben dazu macht der Kanton.»
Interview:
Daniel Zumoberhaus
Tanja
Fux, Adjunktin Dienststelle für Unterrichtswesen
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