Die Leitung des Mattschulhauses in Wil SG verschickte kürzlich ein Mail
an alle Lehrer. Wie «20 Minuten» berichtet, wurde ihnen in diesem mitgeteilt,
dass an der diesjährigen Adventsfeier am 20. Dezember drei Weihnachtslieder
nicht mehr gesungen würden – aus «Rücksicht gegenüber anderen Kulturen und
Religionen», wie es im Mail heisst. Die Lieder würden ersetzt. Und weiter:
«Auch weitere Beiträge für die Weihnachtsfeier müssen so gestaltet sein, dass
sich alle Kulturen angesprochen fühlen können.»
Die Schule beugt sich bereits beim kleinsten Hauch von Kritik, Bild: 20 Minuten
Primarschule verbannt Lieder von Adventsfeier, Basler Zeitung, 26.11.
Bei den gestrichenen Weihnachtsliedern handelt sich um «Go Tell It on
the Mountain», «Fröhliche Weihnacht überall» sowie «S grööschte Gschänk». Die
bekannten Lieder thematisieren die Geburt Jesu. «Go Tell It on the Mountain»,
das etwa von Frank Sinatra im Duett mit Bing Crosby vertont wurde, sowie
«Fröhliche Weihnacht überall» stehen im Kanton St. Gallen im offiziellen
Mittelstufensingbuch «Sing ais».
Probleme bei vergangenen Feiern
Dass die Kinder der Ostschweizer Schule die Lieder nun nicht mehr
singen, gründet laut Insider E. F.* darauf, dass es in den vergangenen Jahren
zu Problemen gekommen sei.
So soll ein Vater vor zwei Jahren während des Weihnachtskonzerts einer
Klasse aufgestanden sein und lautstark reklamiert haben. Er habe sich über die
Liedauswahl beschwert, wo sich im Raum doch mehr Muslime als Christen befunden
hätten. Auch im vergangenen Jahr habe ein Vater reklamiert, der allerdings
nicht muslimischen Glaubens gewesen sei. Dazwischen habe es einen
Schulleiterwechsel gegeben.
Laut dem Insider können einige Lehrpersonen den Lied-Entscheid nicht
nachvollziehen: «Wahrscheinlich wollte der neue Schulleiter sich mit dem
Liederkanon für die Feier nicht noch einmal auf Glatteis begeben», spekuliert
F. Das Lehrpersonal sei nicht in die Entscheidung miteinbezogen worden, die
Lieder zu streichen.
In den Entscheid war der Leiter Bildung der Stadt Wil mit einbezogen.
Dieser reagierte bis am Montagabend nicht auf eine Anfrage von «20 Minuten».
Schulleiter Tobias Mattes schreibt hingegen: «Wir planen die Feier jeweils
gemeinsam im Team. Dabei wird auch rege darüber diskutiert, wie wir alle mit
einbinden können.» Das Programm solle ausgewogen sein. In der Vergangenheit
habe es bereits Kritik von Eltern gegeben, «unabhängig von einer
Religionszugehörigkeit».
Man achte darauf, traditionelle wie auch neue Lieder für die Kinder
auszuwählen, so Mattes. «Es gab einen Vorschlag, der angeschaut und angepasst
wurde, so dass wir ein stimmiges und feierliches Liederprogramm haben werden.»
Auch traditionelle Weihnachtslieder wie «Stille Nacht» würden weiterhin
gesungen. Welche Lieder neu im Programm sind, teilte er nicht mit.
Islamische Organisationen haben nichts gegen Weihnachtslieder
Erstaunt reagieren Muslime in der Schweiz. Farhad Afshar, Präsident der
Koordination Islamischer Organisationen Schweiz, ermuntert die Schulen, an den
christlichen Liedern festzuhalten: «Aus unserer Sicht ist es sehr bedauerlich,
wenn in einem christlichen Land keine christlichen Lieder mehr gesungen
werden.» Wenn sich Muslime daran stossen würden, so gehe das auf den
salafistischen Einfluss zurück.
Der Entscheid der Schulleitung zeuge von Unkenntnis über den Islam.
Vielerorts in der islamischen Welt würden die Muslime mit den Christen feiern
und etwa ihre Geschäfte schmücken. E. F. fragt sich derweil, ob die
Weihnachtsfeier nicht per se gestrichen werden müsste oder die Adventsfeier nur
noch für Kinder aus dem christlichen Kulturkreis stattfinden sollte.
* Initialen geändert
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