Mille feuille ist ein französischer
Kuchen aus geschichtetem Blätterteig mit Füllungen aus Konfitüre, Rahm oder Creme –
eine Köstlichkeit.Weniger köstlich ist das gleichnamige Lehrmittel für
Schüler in verschiedenen Kantonen, darunter die beiden Basel. Viele Schüler, Lehrer und
Eltern sind seit Jahren unglücklich mit
«Millefeuilles». Die Bildungsverwaltungen hielten jedoch die Kritiker der Lehrmittel mit dem Versprechen
hin, die Erfolgsquote erst auswerten zu wollen.
Schlechte Ergebnisse scheuen das Licht, Basler Zeitung, 3.10. von Franzska Laur
Seit Mai sind die Ergebnisse
der Studie da,welche die betroffenen Kantone beim Institut für Mehrsprachigkeit
(IfM) der Uni Freiburg und der Pädagogischen Hochschule Freiburg in Auftrag
gegeben haben. Doch siehe da: Publik gemacht wurden sie nicht.
Erst die«Berner Zeitung» berichtete Ende September unter dem Titel «Die geheime
Frühfranzösisch-Studie», dass die
Resultate nicht sehr günstig ausgefallen sind. Im neuen Bildungsblog namens Condorcet schreibt
der ehemalige Basler Lehrer Felix Schmutz unter demTitel «Das nahende Ende des
Frühsprachen-Konzepts», die Passepartout-Steuergruppe habe darauf endgültig beschlossen,
die Evaluation der Sekundarstufe, deren Ergebnisse für 2021 angekündigt
waren, gar nicht mehr durchführen zu lassen.
Fehlende Sprechkompetenz
Nur 33 Prozent schafften das Leseverstehen und 57 Prozent das Hörverstehen. Richtig
niederschmetternd waren die nur vom IfM geprüften Sprechkompetenzen: 42,5 Prozent
schafften das tiefere Leistungsniveau A1.2, nur
11 Prozent aber das von Passepartout anvisierte Niveau A2.1.«Eine Didaktik, die sich
dezidiert der Förderung der Kommunikation und den Strategien des Leseverstehens
verschrieben hat, ist als gescheitert anzusehen, wenn sie nach vier Jahren
Unterricht mit einem derart bescheidenen Resultat aufwarten muss», nimmt Felix
Schmutz zu diesen Ergebnissen Stellung. Auf Anfrage sagt das Basler
Bildungsdepartement gemäss Mediensprecher Simon Thiriet:«Es gilt bezüglich Wortschatz die
Gesamtkonzeption zu überdenken und aktuelle Erkenntnisse zum Alltagswortschatz
zu analysieren.» Da hätten die Passepartout-Kantone allerdings auch schon vor dem
Vorliegen der Evaluationsergebnisse reagiert: «Vom Schulverlag Plus gibt es die
Lehrmittelergänzung ‹On bavarde›.Wir haben diese Box im Verlaufe
des letzten Schuljahres allen Primarschulstandorten und
den Sekundarschulen zur Verfügung gestellt», sagt Thiriet.
Felix Schmutz ist jedoch überzeugt:«Der Glaube an die Wirksamkeit ist ins Wanken geraten.»
Bei den Bildungsdepartementen gehe es allerdings darum, das Gesicht zu
wahren. Auch wegen des vielen Geldes, das man in das Projekt gesteckt hat. Für die
sechs an Passepartout teilnehmendenKantoneanderfranzösischen Sprachgrenze (BE,
BL, BS, SO, FR,VS) sind das immerhin
hundert Millionen Franken. Auch für die Eltern sei es in diesem Setting nahezu
unmöglich, ihre Kinder zu unterstützen. Immerhin haben sich, nach mehrjährigem
Zögern, die Verantwortlichen dazu bereit erklärt,grössere Nachbesserungen
vorzunehmen. Dazu gehört eine sogenannte Mini-grammaire, wobei diese auch über das
Ziel hinausschiesse, wie Philipp Loretz, Fremdsprachenlehrer und Mitglied der
Geschäftsleitung des Lehrerverbandes Baselland, festhält. Anhand unzähliger
Sprachvergleiche sollen die Lernenden herausfinden, wie «bestimmte sprachliche
Erscheinungen in anderen Sprachen» funktionieren.
Wie alles anfing
Die sechs teilnehmenden Kantone schlossen sich 2004 zum Projekt Passepartout zusammen,um
den Fremdsprachenunterricht an der Volksschule von Grund auf zu
erneuern. Sie unterzeichneten einen Staatsvertrag, der bis Ende
Juli 2018 für alle beteiligten Kantone verbindlich war. Gemeinsam vereinheitlichten
sie die Stundentafel, entwickelten neue Lehrmittel sowie einen neuen
Lehrplan und die Aus-und Weiterbildung der Lehrpersonen. Im August 2011 begannen die
Kantone damit zu arbeiten – und ernten seither viel Kritik von den Protagonisten.
Basel-Stadt hält zwar nach wie vor am
Passepartout-Konzeptfest, zeigt jedoch Anzeichen eines Einlenkens. «Wir haben eine
Gruppe, bestehend aus Lehrpersonen der Sekundarschule und des Gymnasiums,
eingesetzt, die daran ist, Massnahmen beim Übergang der P-Klassen ins Gymnasium
vorzuschlagen», sagt Thiriet.
Für Philipp Loretz würde es
schon reichen, wenn Redundanzen
vermieden und Vergleiche mit vollkommen unbekannten exotischen Sprachen
ersatzlos gestrichen würden. Dann werde
genügend Raum frei für das Wesentliche und für altersgerechte, dem kognitiven
Entwicklungsstand angepasste Erklärungen, meint er.
Änderungen versprochen
Immerhin verspricht die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion aufgrund der schlechten
Ergebnisse Vorschläge für Massnahmen. Ein entsprechender Zwischenbericht soll bis
Ende 2019 vorliegen. Und im Kanton Basel-Stadt ist
man momentan dran, die Ergebnisse zu sichten und analysieren. Gespräche mit der
Kantonalen Schulkonferenz, den Schulleitungen und mit den Wirtschaftsverbänden hätten bereits stattgefunden
oder seien noch geplant, sagt SimonThiriet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen