18. Juni 2019

Kosten der Digitalisierung vervielfachen sich


Viele Städte und Gemeinden stossen bei der Digitalisierung ihrer Schulen an Grenzen: Die Einführung digitaler Lehrmittel erfolgt wenig systematisch und holprig. Es mangelt sowohl an der infrastrukturellen Grundausstattung wie an Standards. Der Städteverband will dies ändern. Er erhöht den finanziellen Einsatz und präsentiert einen praktischen Leitfaden, der auf die städtischen Bedürfnisse zugeschnitten ist, der aber auch für kleinere Schulgemeinden nützliche Anleitung bietet.
Die Städte rüsten die Schulen digital auf, NZZ, 18.6. von Jörg Krummenacher


Wiederkehrende Investitionen
«Wir befinden uns am Beginn eines Digitalisierungsschubs an der Schule», sagt der Winterthurer Stadtrat Jürg Altwegg, der die Städteinitiative Bildung präsidiert. Sie vertritt als Sektion des Schweizerischen Städteverbandes 25 Städte. Diese sehen vor, in den nächsten fünf Jahren rund 1600 Franken pro Schulkind in die Digitalisierung zu stecken. Zum Vergleich: In den letzten fünf Jahren waren es durchschnittlich 600 Franken pro Kind.
Als Grund dafür, dass die Mittel mehr als verdoppelt werden, nennt die Städteinitiative die Notwendigkeit erheblicher wiederkehrender Investitionen innert relativ kurzer Zyklen. Es reiche nicht, Computer, Tablets, Smartphones und interaktive Lernplattformen in die Klassenzimmer zu bringen. Notwendig seien auch eine kontinuierliche Schulung von Lehrpersonen und die Sicherstellung des Supports, was einen kontinuierlichen Finanzierungsmechanismus für regelmässige Erneuerung unabdingbar mache.

Politische Forderungen
Der neue Lehrplan 21 bringt für die Informatik einen eigenen Bereich mit klar formulierten Kompetenzen über alle Schulstufen hinweg. Was aber noch fehlt, sind laut Jürg Altwegg «konkrete technische Leitlinien und geeignete Rahmenbedingungen, die Innovationen und die technische Ausstattung in den Schulen ermöglichen». In ihrem Leitfaden fordert die Städteinitiative die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren deshalb auf, im Dialog Mindeststandards und Empfehlungen zu entwickeln. Diese sollen mithelfen, Fehlinvestitionen zu vermeiden und das herrschende digitale Ungleichgewicht zwischen den Schulgemeinden abzubauen. Heute seien manche Gemeinden gut ausgestattet, während andere kaum genügend Computer und Laptops hätten.

«Gerade weil die Digitalisierung derart grossen Finanzbedarf auslöst, darf es nicht sein, dass reiche Städte und Gemeinden ihren Schulen bessere Bedingungen bieten können als ärmere», sagt Altwegg. Die Städteinitiative verknüpft ihr Engagement mit einer Reihe weiterer Forderungen an Bund, Kantone und weitere Akteure im Bildungswesen: Notwendig seien klare kantonale Standards, ebenso klare Vorgaben zum Datenschutz, sichere Cloud-Dienste und passende digitale Lehrmittel. Das Angebot an letzteren sei heute noch recht dünn. In ihrem Papier warnen die Städte zudem vor Abhängigkeiten von den digitalen Anbietern.

Technik folgt Pädagogik
Die technischen Aspekte der Digitalisierung dürften aber letztlich nicht dazu führen, didaktische und pädagogische Fragen hintanzustellen, hält die Städteinitiative fest. Als übergreifendes Motto hat sie deshalb «Technik folgt Pädagogik» gewählt. Statt bei der technischen Ausstattung pionierhaft mittun zu wollen, sollten die Schulbehörden «besser auf kluge pädagogische Lösungen setzen».


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