12. Mai 2019

Zemp fordert mehr Mittel für Integration


Immer mehr verhaltensauffällige Schüler belasten Lehrerschaft und Schule. Jetzt sieht Lehrerpräsident Beat Zemp das System der integrativen Schule in Gefahr und fordert Korrekturen: mehr Geld, mehr schulische Heilpädagogen, mehr Sozialarbeiter und mehr Klassenlehrerstunden. Im Einzelfall sollen gar Sonder- und Kleinklassen wieder eingeführt werden.
Problemschüler: Jetzt äussert sich der Lehrerpräsident, Basler Zeitung, 12.5. von Denis von Burg

Die integrierte Schule wurde in der Deutschschweiz vor bald zehn Jahren eingeführt. Kinder mit einer Behinderung, mit Lernschwächen oder Kinder, die kein oder wenig Deutsch sprechen, die früher in Kleinklassen oder in Sonderschulen unterrichtet wurden, gehen heute gemeinsam mit allen anderen zur Schule. Jetzt zeigt sich einmal mehr, dass das System für die Lehrerschaft zunehmend zum Problem wird. Gemäss der Arbeitszeiterhebung, die der Schweizer Lehrerverband (LCH) letzte Woche veröffentlicht hat, ist die Belastung der Lehrer zu hoch, um dem Berufsauftrag genügend nachzukommen. Einer der Hauptgründe dafür sind gemäss der Umfrage das System der integrativen Schule und die damit verbundenen besonderen Umstände: 55 Prozent der Lehrer empfinden heute die integrative Schule als besondere Quelle der Belastung. Die Studie zeigt weiter, «dass die Lehrpersonen der integrativen Schulung im Grundsatz positiv gegenüberstehen, dabei aber an ihre Grenzen stossen».

Der Umgang mit Problemschülern scheint dabei zum Hauptproblem zu werden. In der integrativen Schule würden «besonders herausfordernde Schüler die Lehrpersonen an die Grenzen ihrer Kräfte bringen», steht in der Studie: 90 Prozent der Lehrerschaft sehen Verhaltensauffälligkeiten von Schülern als ein Hauptproblem ihres Berufsalltages.

Zemp will bestehendes Modell überdenken
Für Lehrerpräsident Zemp ist das System in Gefahr. «Die zusätzliche Belastung durch die integrative Schule bringt die Lehrpersonen und das Regelschulsystem an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.» Denn: «Die zunehmende Heterogenität in den Regelklassen durch verhaltensauffällige Schüler und solche mit besonderen Lernbedürfnissen ist in vielen Fällen kaum mehr zu bewältigen.»

Deshalb verlangt Zemp jetzt von den Kantonen, dass sie das Modell überdenken und die Schulen finanziell und personell besser alimentieren: «Grundsätzlich braucht es mehr personelle ­Ressourcen. Wir brauchen mehr schulische Heilpädagogen, mehr Sozialarbeiter und mehr Entlastung für Klassenlehrpersonen, damit genügend Zeit für die integrative Schulung zur Verfügung steht.»

Eine generelle Rückkehr zum alten System mit Regel- und ­Sonderklassen steht dagegen für den Lehrerverband nicht zur Diskussion, eine teilweise aber schon: «Man kann das Rad nicht einfach zurückdrehen und diese Schüler wieder alle in Sonderklassen separieren. In besonderen Situationen muss das aber für einzelne Fälle nach einer sorgfältigen Abklärung möglich sein», sagt Zemp.

Jean-Michel Héritier, Präsident der Schulsynode Basel-Stadt, hat die Situation der auffälligen Schüler in den Regelklassen bereits im April kritisiert. Auch er fände es falsch, nun wieder Sonderklassen für verhaltensauffällige Schüler zu schaffen. Das vor acht Jahren eingeführte integrative Modell bewähre sich grundsätzlich. Wichtig sei aber, dass die Schulen Massnahmen im Umgang mit verhaltensauffälligen Schülern ergreifen. So könne man Schüler, die den Unterricht stören, in ein Time-out ­schicken. Wichtig sei, dass ein solches Vorgehen institutionalisiert werde.


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