21. August 2018

Lob der öffentlichen Schule

Die Schweizerinnen und Schweizer sind stolz auf ihre Schulen, und unser Bildungssystem geniesst insgesamt einen grossen Rückhalt in der Bevölkerung. Das zeigen die deutlichen Resultate verschiedener Abstimmungen. Der Rückhalt der öffentlichen Schulen zeigt sich auch daran, dass im Vergleich mit anderen Ländern nur wenige Kinder eine nichtstaatliche Schule besuchen.
Die öffentliche Schule ist ein Erfolgsmodell, NZZ, 21.8. von Silvia Steiner


Das grosse Vertrauen der Bevölkerung hängt mit dem öffentlichen Charakter des Bildungswesens, der lokalen Verankerung und der Nähe zum Gemeinwesen zusammen. Die Bildung während der obligatorischen Schulzeit ist seit je kantonal organisiert, die Gemeinden ihrerseits haben einen grossen Handlungsspielraum. Dies schafft Nähe und Identifikation und sorgt im mehrsprachigen Land dafür, dass die Bildungsangebote den jeweiligen Gegebenheiten entsprechenAls Ergänzung zu dieser starken lokalen Verankerung braucht es aber einheitliche Grundsätze. Denn in unserem kleinräumigen Land ist entscheidend, dass wir zusammen die wichtigsten Eckwerte harmonisieren und unsere Kräfte bündeln. Das ist eine Aufgabe der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK).

Die EDK handelt subsidiär und erfüllt Aufgaben, die nicht von den Gemeinden oder Kantonen wahrgenommen werden können. Gleichzeitig setzt sich die EDK als Verbund der Kantone dafür ein, dass die öffentliche Schule lokal verankert bleibt. Die EDK ist ein koordinatives Gremium, das die kantonale Hoheit gegenüber dem Bund stärkt. Sie nimmt gesellschaftliche Veränderungen auf, ermöglicht einen Austausch zwischen den Kantonen, den Sprachregionen und den Partnern im Bildungssystem – und gewährleistet so, dass wir voneinander lernen und gemeinsam Lösungen finden können. Eine moderate Harmonisierung unter dem Dach der EDK ist im Interesse aller: Niemandem sollen aufgrund der kantonalen Zuständigkeiten Hindernisse auf dem Bildungsweg entstehen. Das ist im Interesse unseres Landes: Wenn die Schweiz auch künftig international zu den Besten gehören will, braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kantonen. Die Herausforderungen der Digitalisierung beispielsweise können nur gemeinsam und koordiniert bewältigt werden.

Auch die Schweizer Stimmberechtigten unterstützen diese gemeinsame Arbeit. Sie haben 2006 die geänderten Bildungsartikel in der Bundesverfassung mit 86 Prozent deutlich gutgeheissen und damit den Kantonen den Auftrag erteilt, das Schulwesen in zentralen Punkten zu harmonisieren. Die EDK hat diesen Auftrag angenommen und in den letzten Jahren verschiedene erfolgreiche Schritte unternommen, wie zum Beispiel das zweijährige Kindergartenobligatorium oder die dreijährige Dauer der Sekundarstufe I. Aus diesem Harmonisierungsprozess resultieren auch die sprachregionalen Lehrpläne. In der Deutschschweiz ist das der Lehrplan 21. Mit ihm haben sich 21 Deutschschweizer Kantone auf einen gemeinsamen Lehrplan geeinigt.

Diese nationalen und sprachregionalen Harmonisierungsprozesse werden transparent und offen geführt. Denn ein neuer Lehrplan muss von den Lehrpersonen und der Bevölkerung in hohem Masse akzeptiert sein, wenn er in der Praxis erfolgreich sein soll. Im Kanton Zürich zum Beispiel wurde eine breite Vernehmlassung durchgeführt. Die Antworten der Vernehmlassung wurden in die Diskussion bei der Festlegung des Lehrplans 21 einbezogen. Auch in anderen Kantonen wurde die Harmonisierung der Lehrpläne mit den Beteiligten diskutiert; insbesondere der Einbezug der Lehrerinnen und Lehrer war sehr wertvoll. Derzeit sind bei den sprachregionalen Lehrplänen erstmals alle Kantone an Bord, wie aus dem kürzlich veröffentlichten Bildungsbericht hervorgeht. In der Deutschschweiz ist der Lehrplan 21 in allen Kantonen entweder bereits eingeführt worden, oder seine Einführung ist beschlossen. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben in allen Referendumsabstimmungen den neuen Lehrplan mit grossem Mehr unterstützt.

Bei all den Diskussionen über das Bildungssystem darf nicht ausser acht gelassen werden, dass die grössten Herausforderungen an der Basis, in den Klassenzimmern zu finden sind. Die Lehrerinnen und Lehrer unterrichten heute die Kinder individuell, sie gestalten einen qualitativ hochstehenden Unterricht und setzen sich täglich für das Wohl der Kinder und Jugendlichen ein. Die Lehrerinnen und Lehrer erfüllen diese hohen Ansprüche mit viel Engagement. Gute Lehrpersonen sind der Schlüssel zum Erfolg. Unsere Schule ist nur so gut wie die Menschen, die sich für sie einsetzen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer verdienen Respekt und Anerkennung für ihre wertvolle Arbeit. Für diesen Respekt und diese Anerkennung werden wir uns in der EDK weiterhin gemeinsam mit aller Kraft einsetzen.

Silvia Steiner ist Präsidentin der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) und Regierungsrätin des Kantons Zürich (cvp.).


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