Vorbild Fussball, Bieler Tagblatt, 2.7. von Alain Pichard
Kurz nachdem unsere derzeitigen Lieblingskosovaren Xhaka und Xherdan an der WM 2018 die wichtigen Tore für die Schweiz erzielt hatten, schien sich eine Zeitung in Deutschland auf meinen Satz zu besinnen und jubilierte: „Der Fussball – wo Integration gelingt!“ Im Text las man dann auch den Ratschlag an die Schule, sich doch beim Fussball über dessen Erfolgsrezept zu erkundigen.
Gesagt, getan: Da ich natürlich für neue Impulse immer offen bin und mich in meiner täglichen Arbeit mit meinen Migrantenkids gerne an erfolgreichen Vorbildern orientiere, nehme ich mir vor, auf das neue Schuljahr nach folgenden Grundsätzen zu unterrichten.
- In mein «Kader» bzw. meine
Klasse wird nur berufen, wer das benötigte Profil hat und seine
Leistungsfähigkeit bereits unter Beweis gestellt hat.
- Wer die Leistung nicht
erbringt, muss mein Kader verlassen. Es gibt keinen Stützunterricht,
höchstens Straftraining.
- Wer in den Kader berufen wird,
tut, was ich sage, denn der Trainer, also ich bin der Boss. Wer meckert
fliegt.
- Alle strengen sich an, es
gibt ein klares Punktesystem, die Leistung auf dem Spielfeld «Unterricht» zählt.
Es werden keine Debatten über angebliche Benachteiligung geführt und schon
gar kein Nachteilsausgleich gewährt. Wer versagt, kommt auf die Bank oder
wird ausgesondert.
- Es gelten klare und gleiche
Spielregeln. Für alle. Und sie werden auch nicht jeden Tag neu
ausgehandelt. Wenn ein Spieler einen anderen rotwürdig foult, dann
verweist der Schiedsrichter den Spieler vom Platz. So auch bei mir im
Unterricht. Kein Stuhlkreis, kein Psychiater, keine Nachsichtigkeit
aufgrund eines Traumas im Jugendfussball.
- Mädchen und Knaben sind strikt
getrennt.
- Vor den Spielen bzw. den
Testen wird die Schweizer Nationalhymne gesungen.
- Nicht alle Spieler sind
gleich. Manche spielen sensationell, andere nicht. Einige verdienen
mehr, andere weniger. So auch im Unterricht. Es gibt Zensuren und eine
Skala 6 – 1. Die guten kommen in eine höhere Leistungsklasse, die
schlechten werden ins B-Team verbannt.
- Es zählen nur das Resultat
und die gewonnenen Zweikämpfe!
Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob der Journalist
an diese Art Umsetzung gedacht hat. Und auch ich habe jetzt meine Zweifel. Denn
ich habe wieder einmal die Rechnung ohne Wirt gemacht. Und der Wirt sagt mir: «Wenn
du die Saisonziele mit deinem Team nicht erreichst, wirst du entlassen.»
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